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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Erstes Buch. §. 65.
Gebiet andern Staaten oder deren Souveränen zu gestatten schul-
dig, ja es kann auf Veräußerung des etwa schon von ihnen Er-
worbenen gedrungen werden, wenn dadurch die Unabhängigkeit ge-
fährdet oder die Verfassung des Landes zerstört werden könnte. 1

Das Staatsgebiet.

65. Ein Hauptgegenstand des völkerrechtlichen Staats-Eigen-
thums ist das Territorium oder das ausschließliche Gebiet je-
des Einzelstaates innerhalb derjenigen Grenzen, welche ihn von an-
dern Staaten scheiden. 2 Ob dasselbe ein in sich völlig zusammen-
hängendes oder zerstückeltes, vielleicht von andern Staaten ganz
umschlossenes ist, ändert nichts an der Unabhängigkeit und an den
Rechten der Staatsgewalt. Auch kann ein Staat ein oder meh-
rere von ihm abhängige Staatsgebiete (territoria subordinata),
selbst mit eignen Unterlandesherrn oder bevorrechteten Grundherrn,
in sich schließen, welche dann aber auswärtigen Mächten gegenüber
nur als Theile des Hauptgebietes (territorium principale) anzu-
sehen sind. 3 Einzelne Gebiete können überdies der Hoheit meh-
rerer Staatsgewalten unterworfen seyn 4 (Condomonate). Endlich
kannte man in der ältern Zeit geschlossene und ungeschlossene Ter-
ritorien (t. clausa et non clausa), in deren Ersteren eine Einzige
in sich zusammenhängende und compacte Staatsgewalt die Herr-
schaft übte, während in den Letzteren das durchgehende Walten der

1 Beschränkende Verordnungen und Maaßregeln bestehen in einzelnen Staa-
ten, z. B. im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin. S. übrigens Gün-
ther, II, 216. Klüber, dr. d. g. §. 124. 128.
2 Moser, Grds. in Friedensz. 361. Dessen Versuch V, 58. 164.
3 In Deutschland finden sich deren mehrere. S. Heffter, Beitr. z. d. Staats-
u. Fürstenr. I, S. 289 f Vergl. auch Mich. Henr. Griebner, s. Chn.
Henr. Drewer, de iure territorii subordinati. Diss. I et II. Lips.

1727. In Frankreich gehörte vormals das Fürstenthum Bar in diese Ca-
tegorie. Vergl. Merlin, Rep. univ. m. Bar.
4 Und zwar bald pro indiviso, bald pro partibus divisis. Beispiele fanden
sich sonst mehrere, als jetzt, da solche Verhältnisse stets ihren Nachtheil ha-
ben. Ein getheiltes Miteigenthum hat z. B. Preußen und Lippe an Lipp-
stadt. S. übr. Jo. Andr. Frommann, de condominio territorii. Tub.
1682. Ge. Jos. Wagner, diss. s. eod. tit. Mogunt.
1719.

Erſtes Buch. §. 65.
Gebiet andern Staaten oder deren Souveränen zu geſtatten ſchul-
dig, ja es kann auf Veräußerung des etwa ſchon von ihnen Er-
worbenen gedrungen werden, wenn dadurch die Unabhängigkeit ge-
fährdet oder die Verfaſſung des Landes zerſtört werden könnte. 1

Das Staatsgebiet.

65. Ein Hauptgegenſtand des völkerrechtlichen Staats-Eigen-
thums iſt das Territorium oder das ausſchließliche Gebiet je-
des Einzelſtaates innerhalb derjenigen Grenzen, welche ihn von an-
dern Staaten ſcheiden. 2 Ob daſſelbe ein in ſich völlig zuſammen-
hängendes oder zerſtückeltes, vielleicht von andern Staaten ganz
umſchloſſenes iſt, ändert nichts an der Unabhängigkeit und an den
Rechten der Staatsgewalt. Auch kann ein Staat ein oder meh-
rere von ihm abhängige Staatsgebiete (territoria subordinata),
ſelbſt mit eignen Unterlandesherrn oder bevorrechteten Grundherrn,
in ſich ſchließen, welche dann aber auswärtigen Mächten gegenüber
nur als Theile des Hauptgebietes (territorium principale) anzu-
ſehen ſind. 3 Einzelne Gebiete können überdies der Hoheit meh-
rerer Staatsgewalten unterworfen ſeyn 4 (Condomonate). Endlich
kannte man in der ältern Zeit geſchloſſene und ungeſchloſſene Ter-
ritorien (t. clausa et non clausa), in deren Erſteren eine Einzige
in ſich zuſammenhängende und compacte Staatsgewalt die Herr-
ſchaft übte, während in den Letzteren das durchgehende Walten der

1 Beſchränkende Verordnungen und Maaßregeln beſtehen in einzelnen Staa-
ten, z. B. im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin. S. übrigens Gün-
ther, II, 216. Klüber, dr. d. g. §. 124. 128.
2 Moſer, Grdſ. in Friedensz. 361. Deſſen Verſuch V, 58. 164.
3 In Deutſchland finden ſich deren mehrere. S. Heffter, Beitr. z. d. Staats-
u. Fürſtenr. I, S. 289 f Vergl. auch Mich. Henr. Griebner, s. Chn.
Henr. Drewer, de iure territorii subordinati. Diss. I et II. Lips.

1727. In Frankreich gehörte vormals das Fürſtenthum Bar in dieſe Ca-
tegorie. Vergl. Merlin, Rep. univ. m. Bar.
4 Und zwar bald pro indiviso, bald pro partibus divisis. Beiſpiele fanden
ſich ſonſt mehrere, als jetzt, da ſolche Verhältniſſe ſtets ihren Nachtheil ha-
ben. Ein getheiltes Miteigenthum hat z. B. Preußen und Lippe an Lipp-
ſtadt. S. übr. Jo. Andr. Frommann, de condominio territorii. Tub.
1682. Ge. Jos. Wagner, diss. s. eod. tit. Mogunt.
1719.
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[118/0142] Erſtes Buch. §. 65. Gebiet andern Staaten oder deren Souveränen zu geſtatten ſchul- dig, ja es kann auf Veräußerung des etwa ſchon von ihnen Er- worbenen gedrungen werden, wenn dadurch die Unabhängigkeit ge- fährdet oder die Verfaſſung des Landes zerſtört werden könnte. 1 Das Staatsgebiet. 65. Ein Hauptgegenſtand des völkerrechtlichen Staats-Eigen- thums iſt das Territorium oder das ausſchließliche Gebiet je- des Einzelſtaates innerhalb derjenigen Grenzen, welche ihn von an- dern Staaten ſcheiden. 2 Ob daſſelbe ein in ſich völlig zuſammen- hängendes oder zerſtückeltes, vielleicht von andern Staaten ganz umſchloſſenes iſt, ändert nichts an der Unabhängigkeit und an den Rechten der Staatsgewalt. Auch kann ein Staat ein oder meh- rere von ihm abhängige Staatsgebiete (territoria subordinata), ſelbſt mit eignen Unterlandesherrn oder bevorrechteten Grundherrn, in ſich ſchließen, welche dann aber auswärtigen Mächten gegenüber nur als Theile des Hauptgebietes (territorium principale) anzu- ſehen ſind. 3 Einzelne Gebiete können überdies der Hoheit meh- rerer Staatsgewalten unterworfen ſeyn 4 (Condomonate). Endlich kannte man in der ältern Zeit geſchloſſene und ungeſchloſſene Ter- ritorien (t. clausa et non clausa), in deren Erſteren eine Einzige in ſich zuſammenhängende und compacte Staatsgewalt die Herr- ſchaft übte, während in den Letzteren das durchgehende Walten der 1 Beſchränkende Verordnungen und Maaßregeln beſtehen in einzelnen Staa- ten, z. B. im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin. S. übrigens Gün- ther, II, 216. Klüber, dr. d. g. §. 124. 128. 2 Moſer, Grdſ. in Friedensz. 361. Deſſen Verſuch V, 58. 164. 3 In Deutſchland finden ſich deren mehrere. S. Heffter, Beitr. z. d. Staats- u. Fürſtenr. I, S. 289 f Vergl. auch Mich. Henr. Griebner, s. Chn. Henr. Drewer, de iure territorii subordinati. Diss. I et II. Lips. 1727. In Frankreich gehörte vormals das Fürſtenthum Bar in dieſe Ca- tegorie. Vergl. Merlin, Rep. univ. m. Bar. 4 Und zwar bald pro indiviso, bald pro partibus divisis. Beiſpiele fanden ſich ſonſt mehrere, als jetzt, da ſolche Verhältniſſe ſtets ihren Nachtheil ha- ben. Ein getheiltes Miteigenthum hat z. B. Preußen und Lippe an Lipp- ſtadt. S. übr. Jo. Andr. Frommann, de condominio territorii. Tub. 1682. Ge. Jos. Wagner, diss. s. eod. tit. Mogunt. 1719.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/142>, abgerufen am 21.11.2024.