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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 45. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
wohl Veränderungen der Verfassung zu verhindern, wie auch
dergleichen zu veranlassen oder bestimmte Regierungsmaaßre-
geln hervorzurufen, wenn außerdem der geschützte Staat oder
das Bundesverhältniß selbst nicht mehr zu erhalten wäre;
II. wenn durch Aenderungen der Verfassung oder durch Regie-
rungsmaaßregeln in einem Staate das wohlerworbene Recht
eines anderen Staates verletzt werden würde, z. B. wenn
einem auswärtigen Staate oder Souverän ein eventuelles
Successionsrecht oder lehnsherrliche Ansprüche entzogen wer-
den sollten.
Außerdem ist unter Staaten, welche ein gemeinsames Recht
über sich anerkennen und sich einen gegenseitigen humanen
Verkehr als Zweck setzen, unbestreitbar noch
III. die Befugniß gegründet, einem ziellosen Kriegszustande, wel-
cher im Inneren eines Landes oder unter verschiedenen Mäch-
ten schwebt, mit gemeinsamer Zustimmung durch ge-
waltsames Einschreiten ein Ziel zu setzen, um dadurch das ge-
störte Band der Nationen wiederherzustellen und sich von einer
dauernden Beunruhigung zu befreien, natürlich also auch schon
einem solchen ziellosen Zustand möglichst vorzubeugen; so wie
IV. ein Einmischungsrecht gegen die unbefugte Intervention ei-
nes anderen Staates in die Angelegenheiten eines dritten
Staates, insofern nämlich durch diese Intervention ein auch
für die übrigen oder bestimmte Staaten rechtsverletzendes
Princip aufgestellt wird. 1

Andere Rechtstitel zu einer thatsächlichen Einmischung in fremde
Staatsangelegenheiten giebt es nicht, außer den vorstehenden. Sie
bestimmen zugleich die Richtung und Modalitäten der Interven-
tion. Ihr Zweck nämlich ist Geltendmachung des zustehenden Rechts
oder Genugthuung für dessen Verletzung. Das letzte Mittel ist
der Krieg, wenn mildere Mittel nicht schon genügen sollten.

Nur Vorbeugungs- und Schutzmittel oder gütliche Verhand-
lungen sind dagegen zulässig, wenn Vorgänge oder Veränderungen
in einem Staate anderen Einzelstaaten oder deren Interessen Ge-

legenheiten der Einzelstaaten, so weit dadurch die wesentlichen Zwecke des
Bundes und übernommene Garantien berührt werden.
1 Man vergleiche unten den Abschnitt von den Rechtsverletzungen durch un-
erlaubte Handlungen.
§. 45. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
wohl Veränderungen der Verfaſſung zu verhindern, wie auch
dergleichen zu veranlaſſen oder beſtimmte Regierungsmaaßre-
geln hervorzurufen, wenn außerdem der geſchützte Staat oder
das Bundesverhältniß ſelbſt nicht mehr zu erhalten wäre;
II. wenn durch Aenderungen der Verfaſſung oder durch Regie-
rungsmaaßregeln in einem Staate das wohlerworbene Recht
eines anderen Staates verletzt werden würde, z. B. wenn
einem auswärtigen Staate oder Souverän ein eventuelles
Succeſſionsrecht oder lehnsherrliche Anſprüche entzogen wer-
den ſollten.
Außerdem iſt unter Staaten, welche ein gemeinſames Recht
über ſich anerkennen und ſich einen gegenſeitigen humanen
Verkehr als Zweck ſetzen, unbeſtreitbar noch
III. die Befugniß gegründet, einem zielloſen Kriegszuſtande, wel-
cher im Inneren eines Landes oder unter verſchiedenen Mäch-
ten ſchwebt, mit gemeinſamer Zuſtimmung durch ge-
waltſames Einſchreiten ein Ziel zu ſetzen, um dadurch das ge-
ſtörte Band der Nationen wiederherzuſtellen und ſich von einer
dauernden Beunruhigung zu befreien, natürlich alſo auch ſchon
einem ſolchen zielloſen Zuſtand möglichſt vorzubeugen; ſo wie
IV. ein Einmiſchungsrecht gegen die unbefugte Intervention ei-
nes anderen Staates in die Angelegenheiten eines dritten
Staates, inſofern nämlich durch dieſe Intervention ein auch
für die übrigen oder beſtimmte Staaten rechtsverletzendes
Princip aufgeſtellt wird. 1

Andere Rechtstitel zu einer thatſächlichen Einmiſchung in fremde
Staatsangelegenheiten giebt es nicht, außer den vorſtehenden. Sie
beſtimmen zugleich die Richtung und Modalitäten der Interven-
tion. Ihr Zweck nämlich iſt Geltendmachung des zuſtehenden Rechts
oder Genugthuung für deſſen Verletzung. Das letzte Mittel iſt
der Krieg, wenn mildere Mittel nicht ſchon genügen ſollten.

Nur Vorbeugungs- und Schutzmittel oder gütliche Verhand-
lungen ſind dagegen zuläſſig, wenn Vorgänge oder Veränderungen
in einem Staate anderen Einzelſtaaten oder deren Intereſſen Ge-

legenheiten der Einzelſtaaten, ſo weit dadurch die weſentlichen Zwecke des
Bundes und übernommene Garantien berührt werden.
1 Man vergleiche unten den Abſchnitt von den Rechtsverletzungen durch un-
erlaubte Handlungen.
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[87/0111] §. 45. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. wohl Veränderungen der Verfaſſung zu verhindern, wie auch dergleichen zu veranlaſſen oder beſtimmte Regierungsmaaßre- geln hervorzurufen, wenn außerdem der geſchützte Staat oder das Bundesverhältniß ſelbſt nicht mehr zu erhalten wäre; II. wenn durch Aenderungen der Verfaſſung oder durch Regie- rungsmaaßregeln in einem Staate das wohlerworbene Recht eines anderen Staates verletzt werden würde, z. B. wenn einem auswärtigen Staate oder Souverän ein eventuelles Succeſſionsrecht oder lehnsherrliche Anſprüche entzogen wer- den ſollten. Außerdem iſt unter Staaten, welche ein gemeinſames Recht über ſich anerkennen und ſich einen gegenſeitigen humanen Verkehr als Zweck ſetzen, unbeſtreitbar noch III. die Befugniß gegründet, einem zielloſen Kriegszuſtande, wel- cher im Inneren eines Landes oder unter verſchiedenen Mäch- ten ſchwebt, mit gemeinſamer Zuſtimmung durch ge- waltſames Einſchreiten ein Ziel zu ſetzen, um dadurch das ge- ſtörte Band der Nationen wiederherzuſtellen und ſich von einer dauernden Beunruhigung zu befreien, natürlich alſo auch ſchon einem ſolchen zielloſen Zuſtand möglichſt vorzubeugen; ſo wie IV. ein Einmiſchungsrecht gegen die unbefugte Intervention ei- nes anderen Staates in die Angelegenheiten eines dritten Staates, inſofern nämlich durch dieſe Intervention ein auch für die übrigen oder beſtimmte Staaten rechtsverletzendes Princip aufgeſtellt wird. 1 Andere Rechtstitel zu einer thatſächlichen Einmiſchung in fremde Staatsangelegenheiten giebt es nicht, außer den vorſtehenden. Sie beſtimmen zugleich die Richtung und Modalitäten der Interven- tion. Ihr Zweck nämlich iſt Geltendmachung des zuſtehenden Rechts oder Genugthuung für deſſen Verletzung. Das letzte Mittel iſt der Krieg, wenn mildere Mittel nicht ſchon genügen ſollten. Nur Vorbeugungs- und Schutzmittel oder gütliche Verhand- lungen ſind dagegen zuläſſig, wenn Vorgänge oder Veränderungen in einem Staate anderen Einzelſtaaten oder deren Intereſſen Ge- 3 1 Man vergleiche unten den Abſchnitt von den Rechtsverletzungen durch un- erlaubte Handlungen. 3 legenheiten der Einzelſtaaten, ſo weit dadurch die weſentlichen Zwecke des Bundes und übernommene Garantien berührt werden.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/111>, abgerufen am 24.11.2024.