11. Wenn auch der Tod Friedrich's des Gro- ßen, erfolgend in einem Zeitpunct der tiefen Ruhe, nicht sogleich, da der Nachfolger seine Minister bey- behielt, sichtbare Folgen hatte, so war doch die Lücke viel zu groß, als daß sie sich nicht bald hät- ten entwickeln müssen. Die Hauptverhältnisse Eu- ropas waren durch seinen Kopf geformt, durch sei- nen Charakter behauptet; der letzte aber war noch weniger als der erste auf seinen Nachfolger fort- geerbt.
12. Erste Abweichung von der Politik seines Vorgängers, durch die thätige Theilnahme an den Holländischen Unruhen, das erste Glied in der Kette der Revolutionen, die Europa umkehren sollten. Ein Schritt mußte hier aber unfehlbar die andern nach sich ziehen. Schon bey Friedrich's Lebzeiten waren diese Unruhen, erzeugt durch den Streit der Oranischen und patriotischen Parthey über die Rechte der Statthalterschaft, entstanden; der Einfluß Englands und Frankreichs hatte sie genährt; aber Friedrich hatte sich begnügt, zur Aussöhnung zu rathen. Sein Nachfolger machte eine Familiensache zur Staatssache; und die leichte Ueberwältigung der von Frankreich verlassenen Pa- trioten führte eine neue Reihe von Verhältnissen herbey.
Die
III. Per. A. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
11. Wenn auch der Tod Friedrich's des Gro- ßen, erfolgend in einem Zeitpunct der tiefen Ruhe, nicht ſogleich, da der Nachfolger ſeine Miniſter bey- behielt, ſichtbare Folgen hatte, ſo war doch die Luͤcke viel zu groß, als daß ſie ſich nicht bald haͤt- ten entwickeln muͤſſen. Die Hauptverhaͤltniſſe Eu- ropas waren durch ſeinen Kopf geformt, durch ſei- nen Charakter behauptet; der letzte aber war noch weniger als der erſte auf ſeinen Nachfolger fort- geerbt.
12. Erſte Abweichung von der Politik ſeines Vorgaͤngers, durch die thaͤtige Theilnahme an den Hollaͤndiſchen Unruhen, das erſte Glied in der Kette der Revolutionen, die Europa umkehren ſollten. Ein Schritt mußte hier aber unfehlbar die andern nach ſich ziehen. Schon bey Friedrich's Lebzeiten waren dieſe Unruhen, erzeugt durch den Streit der Oraniſchen und patriotiſchen Parthey uͤber die Rechte der Statthalterſchaft, entſtanden; der Einfluß Englands und Frankreichs hatte ſie genaͤhrt; aber Friedrich hatte ſich begnuͤgt, zur Ausſoͤhnung zu rathen. Sein Nachfolger machte eine Familienſache zur Staatsſache; und die leichte Ueberwaͤltigung der von Frankreich verlaſſenen Pa- trioten fuͤhrte eine neue Reihe von Verhaͤltniſſen herbey.
Die
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III. Per. A. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
11. Wenn auch der Tod Friedrich's des Gro-
ßen, erfolgend in einem Zeitpunct der tiefen Ruhe,
nicht ſogleich, da der Nachfolger ſeine Miniſter bey-
behielt, ſichtbare Folgen hatte, ſo war doch die
Luͤcke viel zu groß, als daß ſie ſich nicht bald haͤt-
ten entwickeln muͤſſen. Die Hauptverhaͤltniſſe Eu-
ropas waren durch ſeinen Kopf geformt, durch ſei-
nen Charakter behauptet; der letzte aber war noch
weniger als der erſte auf ſeinen Nachfolger fort-
geerbt.
12. Erſte Abweichung von der Politik ſeines
Vorgaͤngers, durch die thaͤtige Theilnahme an den
Hollaͤndiſchen Unruhen, das erſte Glied in
der Kette der Revolutionen, die Europa umkehren
ſollten. Ein Schritt mußte hier aber unfehlbar die
andern nach ſich ziehen. Schon bey Friedrich's
Lebzeiten waren dieſe Unruhen, erzeugt durch den
Streit der Oraniſchen und patriotiſchen Parthey
uͤber die Rechte der Statthalterſchaft, entſtanden;
der Einfluß Englands und Frankreichs hatte ſie
genaͤhrt; aber Friedrich hatte ſich begnuͤgt, zur
Ausſoͤhnung zu rathen. Sein Nachfolger machte
eine Familienſache zur Staatsſache; und die leichte
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/574>, abgerufen am 25.11.2024.
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