noch über die Hauptfrage, die Bestimmung der Spanischen Monarchie, waren die Alliirten unter sich einverstanden. Indem Oestreich eigensinnig auf seiner Forderung bestand, war England, und auch die übrigen, nicht abgeneigt, den Spanischen Thron dem Hause Anjon zu lassen (jedoch mit Ausnahme der Nebenländer in Europa); nur daß keine Verei- nigung der Kronen Frankreichs und Spaniens auf Einem Haupt erfolgen dürfe. Ja selbst unter den beyden Seemächten entstand Mißtrauen; da jede auf die Handelsvortheile eifersüchtig war, die sich die andere ausbedingen wollte. Konnte Frankreich unter günstigern Auspicien eine Unterhandlung be- ginnen?
Eröffnung des Congresses zu Utrecht 29. Jan. 1712 zuerst nur zwischen den Frenzösischen, den Englischen und Savoyi- schen Gesandten; worauf auch (Febr.) die der übrigen Alliir- ten anlangten. Die Trennung der Verbindung war schon entschieden durch den Beschluß, daß jeder der Alliirten seine Forderungen einzeln übergeben solle. -- Zunehmender Zwist unter den Alliirten, indem die Negociation fast ganz in den Händen von England ist, und meist insgeheim directe zwischen den Cabinetten von St. James und Versailles ge- führt wird. Die letzten Resultate waren Separatfrie- densschlüsse der übrigen Alliirten, indem sie Oestreich und das Reich sich selber überließen. Vorläufige Verträge: a. Wechselseitige Verzichtleistung des Hauses Anjou auf Frankreich; und der Französischen Prinzen auf Spanien. Nov. 1712. b. Vertrag zwischen Oestreich und Frankreich über die Räumung von Catalonien, und die Neutralität Italiens 14. März 1713 auf Betrieb Englands. Hierauf 11. April Friedensschlüsse mit Frankreich:
1.
II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
noch uͤber die Hauptfrage, die Beſtimmung der Spaniſchen Monarchie, waren die Alliirten unter ſich einverſtanden. Indem Oeſtreich eigenſinnig auf ſeiner Forderung beſtand, war England, und auch die uͤbrigen, nicht abgeneigt, den Spaniſchen Thron dem Hauſe Anjon zu laſſen (jedoch mit Ausnahme der Nebenlaͤnder in Europa); nur daß keine Verei- nigung der Kronen Frankreichs und Spaniens auf Einem Haupt erfolgen duͤrfe. Ja ſelbſt unter den beyden Seemaͤchten entſtand Mißtrauen; da jede auf die Handelsvortheile eiferſuͤchtig war, die ſich die andere ausbedingen wollte. Konnte Frankreich unter guͤnſtigern Auſpicien eine Unterhandlung be- ginnen?
Eroͤffnung des Congreſſes zu Utrecht 29. Jan. 1712 zuerſt nur zwiſchen den Frenzoͤſiſchen, den Engliſchen und Savoyi- ſchen Geſandten; worauf auch (Febr.) die der uͤbrigen Alliir- ten anlangten. Die Trennung der Verbindung war ſchon entſchieden durch den Beſchluß, daß jeder der Alliirten ſeine Forderungen einzeln uͤbergeben ſolle. — Zunehmender Zwiſt unter den Alliirten, indem die Negociation faſt ganz in den Haͤnden von England iſt, und meiſt insgeheim directe zwiſchen den Cabinetten von St. James und Verſailles ge- fuͤhrt wird. Die letzten Reſultate waren Separatfrie- densſchluͤſſe der uͤbrigen Alliirten, indem ſie Oeſtreich und das Reich ſich ſelber uͤberließen. Vorlaͤufige Vertraͤge: a. Wechſelſeitige Verzichtleiſtung des Hauſes Anjou auf Frankreich; und der Franzoͤſiſchen Prinzen auf Spanien. Nov. 1712. b. Vertrag zwiſchen Oeſtreich und Frankreich uͤber die Raͤumung von Catalonien, und die Neutralitaͤt Italiens 14. Maͤrz 1713 auf Betrieb Englands. Hierauf 11. April Friedensſchluͤſſe mit Frankreich:
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II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
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Spaniſchen Monarchie, waren die Alliirten unter
ſich einverſtanden. Indem Oeſtreich eigenſinnig auf
ſeiner Forderung beſtand, war England, und auch
die uͤbrigen, nicht abgeneigt, den Spaniſchen Thron
dem Hauſe Anjon zu laſſen (jedoch mit Ausnahme
der Nebenlaͤnder in Europa); nur daß keine Verei-
nigung der Kronen Frankreichs und Spaniens auf
Einem Haupt erfolgen duͤrfe. Ja ſelbſt unter den
beyden Seemaͤchten entſtand Mißtrauen; da jede
auf die Handelsvortheile eiferſuͤchtig war, die ſich
die andere ausbedingen wollte. Konnte Frankreich
unter guͤnſtigern Auſpicien eine Unterhandlung be-
ginnen?
Eroͤffnung des Congreſſes zu Utrecht 29. Jan. 1712 zuerſt
nur zwiſchen den Frenzoͤſiſchen, den Engliſchen und Savoyi-
ſchen Geſandten; worauf auch (Febr.) die der uͤbrigen Alliir-
ten anlangten. Die Trennung der Verbindung war ſchon
entſchieden durch den Beſchluß, daß jeder der Alliirten ſeine
Forderungen einzeln uͤbergeben ſolle. — Zunehmender
Zwiſt unter den Alliirten, indem die Negociation faſt ganz
in den Haͤnden von England iſt, und meiſt insgeheim directe
zwiſchen den Cabinetten von St. James und Verſailles ge-
fuͤhrt wird. Die letzten Reſultate waren Separatfrie-
densſchluͤſſe der uͤbrigen Alliirten, indem ſie Oeſtreich
und das Reich ſich ſelber uͤberließen. Vorlaͤufige Vertraͤge:
a. Wechſelſeitige Verzichtleiſtung des Hauſes Anjou auf
Frankreich; und der Franzoͤſiſchen Prinzen auf Spanien.
Nov. 1712. b. Vertrag zwiſchen Oeſtreich und Frankreich
uͤber die Raͤumung von Catalonien, und die Neutralitaͤt
Italiens 14. Maͤrz 1713 auf Betrieb Englands. Hierauf 11.
April Friedensſchluͤſſe mit Frankreich:
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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