6. Der politische Gesichtspunct, aus dem die Cabinette, besonders die Seemächte, die so wichtige Frage betrachteten, war die Erhaltung des politischen Gleichgewichts. Konnte dieß anders in einem Zeitalter seyn, wo dieses die Basis der Politik geworden war? Konnte es ihnen gleich- gültig seyn, was mit Spanien, besonders mit den Spanischen Niederlanden, ward? Es wurde als Grundsatz angesehen, daß die Vereinigung der gan- zen Spanischen Monarchie mit Oestreich oder Frank- reich, besonders aber mit letzterm, dieß Gleichge- wicht stören würde; vor Allem wenn die Kronen zweyer großer Monarchien auf Einem Haupt vereinigt würden. Um diesem vorzubeugen, hatte daher schon Ludwig XIV. sich bereit erklärt, die An- sprüche des Dauphins auf dessen jüngern Sohn, den Herzog Philipp von Anjou, überzutragen; so wie auch Leopold I. die seinigen an seinen jüngern Sohn zweyter Ehe, den Erzherzog Carl, zu über- lassen bereit war.
7. Gang der Verhandlung in Madrid bey Leb- zeiten des Königs; wo Graf Harcourt, der Fran- zösische Gesandte, bald ein Uebergewicht über die Grafen Harrach vom kayserlichen Hofe erhielt. Doch wußte Ludwig XIV. wohl, daß man der Ein- willigung der Seemächte bedürfe; und der mit ih-
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II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
6. Der politiſche Geſichtspunct, aus dem die Cabinette, beſonders die Seemaͤchte, die ſo wichtige Frage betrachteten, war die Erhaltung des politiſchen Gleichgewichts. Konnte dieß anders in einem Zeitalter ſeyn, wo dieſes die Baſis der Politik geworden war? Konnte es ihnen gleich- guͤltig ſeyn, was mit Spanien, beſonders mit den Spaniſchen Niederlanden, ward? Es wurde als Grundſatz angeſehen, daß die Vereinigung der gan- zen Spaniſchen Monarchie mit Oeſtreich oder Frank- reich, beſonders aber mit letzterm, dieß Gleichge- wicht ſtoͤren wuͤrde; vor Allem wenn die Kronen zweyer großer Monarchien auf Einem Haupt vereinigt wuͤrden. Um dieſem vorzubeugen, hatte daher ſchon Ludwig XIV. ſich bereit erklaͤrt, die An- ſpruͤche des Dauphins auf deſſen juͤngern Sohn, den Herzog Philipp von Anjou, uͤberzutragen; ſo wie auch Leopold I. die ſeinigen an ſeinen juͤngern Sohn zweyter Ehe, den Erzherzog Carl, zu uͤber- laſſen bereit war.
7. Gang der Verhandlung in Madrid bey Leb- zeiten des Koͤnigs; wo Graf Harcourt, der Fran- zoͤſiſche Geſandte, bald ein Uebergewicht uͤber die Grafen Harrach vom kayſerlichen Hofe erhielt. Doch wußte Ludwig XIV. wohl, daß man der Ein- willigung der Seemaͤchte beduͤrfe; und der mit ih-
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II. Per. B. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
6. Der politiſche Geſichtspunct, aus dem
die Cabinette, beſonders die Seemaͤchte, die ſo
wichtige Frage betrachteten, war die Erhaltung des
politiſchen Gleichgewichts. Konnte dieß anders in
einem Zeitalter ſeyn, wo dieſes die Baſis der
Politik geworden war? Konnte es ihnen gleich-
guͤltig ſeyn, was mit Spanien, beſonders mit den
Spaniſchen Niederlanden, ward? Es wurde als
Grundſatz angeſehen, daß die Vereinigung der gan-
zen Spaniſchen Monarchie mit Oeſtreich oder Frank-
reich, beſonders aber mit letzterm, dieß Gleichge-
wicht ſtoͤren wuͤrde; vor Allem wenn die Kronen
zweyer großer Monarchien auf Einem Haupt
vereinigt wuͤrden. Um dieſem vorzubeugen, hatte
daher ſchon Ludwig XIV. ſich bereit erklaͤrt, die An-
ſpruͤche des Dauphins auf deſſen juͤngern Sohn, den
Herzog Philipp von Anjou, uͤberzutragen; ſo
wie auch Leopold I. die ſeinigen an ſeinen juͤngern
Sohn zweyter Ehe, den Erzherzog Carl, zu uͤber-
laſſen bereit war.
7. Gang der Verhandlung in Madrid bey Leb-
zeiten des Koͤnigs; wo Graf Harcourt, der Fran-
zoͤſiſche Geſandte, bald ein Uebergewicht uͤber die
Grafen Harrach vom kayſerlichen Hofe erhielt.
Doch wußte Ludwig XIV. wohl, daß man der Ein-
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/318>, abgerufen am 22.11.2024.
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