Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Staatshändel in Europa 1661--1700.
de. Es schien klar, daß der Oberrhein die Gren-
ze Frankreichs werden sollte.

Errichtung der Reunionskammern zu Metz, Breysach,
Tournai und Besancon 1680. War die Form nicht noch
empörender als die Sache? -- Einnahme Strasburgs
und Casales 30. Sept. 1681, der Schlüssel Ober-Deutschlands
und der Lombardie an Einem Tage! -- Einfall in die
Spanischen Niederlande 1683. -- Eroberung Luxem-
burgs;
und Wegnahme von Trier Jun. 1684. Dabey
blieb Lothringen noch immer von Frankreich besetzt; und
das mit Spanien befreundete Genua mußte es erfahren,
was bey Ludwig Völkerrecht hieß!

15. Es fehlte nicht an lautem Geschrey in
Europa; aber die Verhältnisse fast aller Hauptstaa-
ten, die Schwäche Spaniens und des Reichs, die
Partheilichkeit Carl's II., die Friedensliebe der
ständischen Parthey in Holland, die Ludwig durch
seine Gesandten lenkte, und vor allem die Noth
Oestreichs durch den furchtbaren Türkenkrieg (s.
unten) schienen jede Hoffnung zu einem kräftigen
Widerstande zu vernichten. Dennoch brachte die
unermüdete Thätigkeit des Oraniers es zu einer Ver-
bindung zwischen 4 Hauptmächten. Aber wie sie
sich verwahrten, daß es nur zum Schutz seyn
sollte! So fuhr Ludwig fort zu erobern, indem er
immer den Frieden bot; und konnte noch von
Großmuth sprechen, als er in dem 20jährigen
Stillstande
den größten Theil seiner Beute be-
hielt!

Schutz-
P 2

1. Staatshaͤndel in Europa 1661--1700.
de. Es ſchien klar, daß der Oberrhein die Gren-
ze Frankreichs werden ſollte.

Errichtung der Reunionskammern zu Metz, Breyſach,
Tournai und Beſançon 1680. War die Form nicht noch
empoͤrender als die Sache? — Einnahme Strasburgs
und Caſales 30. Sept. 1681, der Schluͤſſel Ober-Deutſchlands
und der Lombardie an Einem Tage! — Einfall in die
Spaniſchen Niederlande 1683. — Eroberung Luxem-
burgs;
und Wegnahme von Trier Jun. 1684. Dabey
blieb Lothringen noch immer von Frankreich beſetzt; und
das mit Spanien befreundete Genua mußte es erfahren,
was bey Ludwig Voͤlkerrecht hieß!

15. Es fehlte nicht an lautem Geſchrey in
Europa; aber die Verhaͤltniſſe faſt aller Hauptſtaa-
ten, die Schwaͤche Spaniens und des Reichs, die
Partheilichkeit Carl's II., die Friedensliebe der
ſtaͤndiſchen Parthey in Holland, die Ludwig durch
ſeine Geſandten lenkte, und vor allem die Noth
Oeſtreichs durch den furchtbaren Tuͤrkenkrieg (ſ.
unten) ſchienen jede Hoffnung zu einem kraͤftigen
Widerſtande zu vernichten. Dennoch brachte die
unermuͤdete Thaͤtigkeit des Oraniers es zu einer Ver-
bindung zwiſchen 4 Hauptmaͤchten. Aber wie ſie
ſich verwahrten, daß es nur zum Schutz ſeyn
ſollte! So fuhr Ludwig fort zu erobern, indem er
immer den Frieden bot; und konnte noch von
Großmuth ſprechen, als er in dem 20jaͤhrigen
Stillſtande
den groͤßten Theil ſeiner Beute be-
hielt!

Schutz-
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0265" n="227"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1. Staatsha&#x0364;ndel in Europa 1661--1700.</hi></fw><lb/>
de. Es &#x017F;chien klar, daß der Oberrhein die Gren-<lb/>
ze Frankreichs werden &#x017F;ollte.</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Errichtung der Reunionskammern zu Metz, Brey&#x017F;ach,<lb/>
Tournai und Be&#x017F;an<hi rendition="#aq">ç</hi>on 1680. War die Form nicht noch<lb/>
empo&#x0364;render als die Sache? &#x2014; Einnahme Strasburgs<lb/>
und Ca&#x017F;ales 30. Sept. 1681, der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el Ober-Deut&#x017F;chlands<lb/>
und der Lombardie an Einem Tage! &#x2014; Einfall in die<lb/>
Spani&#x017F;chen Niederlande 1683. &#x2014; Eroberung <hi rendition="#g">Luxem-<lb/>
burgs;</hi> und Wegnahme von Trier Jun. 1684. Dabey<lb/>
blieb <hi rendition="#g">Lothringen</hi> noch immer von Frankreich be&#x017F;etzt; und<lb/>
das mit Spanien befreundete <hi rendition="#g">Genua</hi> mußte es erfahren,<lb/>
was bey Ludwig Vo&#x0364;lkerrecht hieß!</hi> </p><lb/>
                <p>15. Es fehlte nicht an lautem Ge&#x017F;chrey in<lb/>
Europa; aber die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e fa&#x017F;t aller Haupt&#x017F;taa-<lb/>
ten, die Schwa&#x0364;che Spaniens und des Reichs, die<lb/>
Partheilichkeit Carl's <hi rendition="#aq">II.</hi>, die Friedensliebe der<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;chen Parthey in Holland, die Ludwig durch<lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;andten lenkte, und vor allem die Noth<lb/>
Oe&#x017F;treichs durch den furchtbaren Tu&#x0364;rkenkrieg (&#x017F;.<lb/><hi rendition="#g">unten</hi>) &#x017F;chienen jede Hoffnung zu einem kra&#x0364;ftigen<lb/>
Wider&#x017F;tande zu vernichten. Dennoch brachte die<lb/>
unermu&#x0364;dete Tha&#x0364;tigkeit des Oraniers es zu einer Ver-<lb/>
bindung zwi&#x017F;chen 4 Hauptma&#x0364;chten. Aber wie &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich verwahrten, daß es nur zum Schutz &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;ollte! So fuhr Ludwig fort zu erobern, indem er<lb/>
immer den Frieden bot; und konnte noch von<lb/>
Großmuth &#x017F;prechen, als er in dem <hi rendition="#g">20ja&#x0364;hrigen<lb/>
Still&#x017F;tande</hi> den gro&#x0364;ßten Theil &#x017F;einer Beute be-<lb/>
hielt!</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">P 2</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Schutz-</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0265] 1. Staatshaͤndel in Europa 1661--1700. de. Es ſchien klar, daß der Oberrhein die Gren- ze Frankreichs werden ſollte. Errichtung der Reunionskammern zu Metz, Breyſach, Tournai und Beſançon 1680. War die Form nicht noch empoͤrender als die Sache? — Einnahme Strasburgs und Caſales 30. Sept. 1681, der Schluͤſſel Ober-Deutſchlands und der Lombardie an Einem Tage! — Einfall in die Spaniſchen Niederlande 1683. — Eroberung Luxem- burgs; und Wegnahme von Trier Jun. 1684. Dabey blieb Lothringen noch immer von Frankreich beſetzt; und das mit Spanien befreundete Genua mußte es erfahren, was bey Ludwig Voͤlkerrecht hieß! 15. Es fehlte nicht an lautem Geſchrey in Europa; aber die Verhaͤltniſſe faſt aller Hauptſtaa- ten, die Schwaͤche Spaniens und des Reichs, die Partheilichkeit Carl's II., die Friedensliebe der ſtaͤndiſchen Parthey in Holland, die Ludwig durch ſeine Geſandten lenkte, und vor allem die Noth Oeſtreichs durch den furchtbaren Tuͤrkenkrieg (ſ. unten) ſchienen jede Hoffnung zu einem kraͤftigen Widerſtande zu vernichten. Dennoch brachte die unermuͤdete Thaͤtigkeit des Oraniers es zu einer Ver- bindung zwiſchen 4 Hauptmaͤchten. Aber wie ſie ſich verwahrten, daß es nur zum Schutz ſeyn ſollte! So fuhr Ludwig fort zu erobern, indem er immer den Frieden bot; und konnte noch von Großmuth ſprechen, als er in dem 20jaͤhrigen Stillſtande den groͤßten Theil ſeiner Beute be- hielt! Schutz- P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/265
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/265>, abgerufen am 25.11.2024.