Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

D. 1. Gesch. d. 30jähr. Kriegs 1618--1648.
der Krieg sich selbst ernährt, bestätigte sich nie
mehr als hier!

Die Ursachen der großen Verbreitung und Dauer die-
ses Kriegs lagen überhaupt a. in der Theilnahme der deut-
schen Ligue. b. In der Erneuerung des gleichzeitigen Kriegs
zwischen Holland und Spanten seit 1[6]21, der sich zuletzt
mit dem Deutschen verflocht. c. In dem Hereinziehen der
Nordischen Mächte, besonders Schwedens seit 1630. d. In
der Theilnahme von Frankreich seit 1635. -- Doch waren
dies nur die äußern Ursachen. Ohne die innern, den
religiösen Partheygeist, und die auf allen Seiten sich all-
mählig
entspinnenden Projecte und Hoffnungen,
hätte er nicht so lange gedauert.

4. Wenn gleich der zuerst in Böhmen aus-
brechende Krieg nur das Oestreichische Haus an-161[8]
gieng, so erhielt er doch sogleich, da er über Reli-
gionshändel entstand, den ihm eigenthümlichen Cha-
rakter als Religionskrieg, und durch die von Sei-
ten der Insurgenten sowohl als des Kaysers er-
griffenen Maaßregeln auch einen solchen Umfang,
daß er selbst nach der Dämpfung der Insurrection
fortdauern mußte.

Verbreitung der Partie der Protestanten (Utraquisten)
sowohl durch Böhmen, als durch Oestreich und Ungarn,
wo Fürst Gabor Bethlen von Siebenbürgen durch sie
selbst nach der Krone griff. Crster Ausbruch der Unruhen
in Prag durch Mißhandlung der k. Statthalter 23. May
1618, und Anfang des Kriegs noch unter Mathias + 20.
März 1619. Abfall von seinem Nachfolger Ferdinand II.
und Uebertragung der Böhmischen Krone an Churfürst

Frie-

D. 1. Geſch. d. 30jaͤhr. Kriegs 1618--1648.
der Krieg ſich ſelbſt ernaͤhrt, beſtaͤtigte ſich nie
mehr als hier!

Die Urſachen der großen Verbreitung und Dauer die-
ſes Kriegs lagen uͤberhaupt a. in der Theilnahme der deut-
ſchen Ligue. b. In der Erneuerung des gleichzeitigen Kriegs
zwiſchen Holland und Spanten ſeit 1[6]21, der ſich zuletzt
mit dem Deutſchen verflocht. c. In dem Hereinziehen der
Nordiſchen Maͤchte, beſonders Schwedens ſeit 1630. d. In
der Theilnahme von Frankreich ſeit 1635. — Doch waren
dies nur die aͤußern Urſachen. Ohne die innern, den
religioͤſen Partheygeiſt, und die auf allen Seiten ſich all-
maͤhlig
entſpinnenden Projecte und Hoffnungen,
haͤtte er nicht ſo lange gedauert.

4. Wenn gleich der zuerſt in Boͤhmen aus-
brechende Krieg nur das Oeſtreichiſche Haus an-161[8]
gieng, ſo erhielt er doch ſogleich, da er uͤber Reli-
gionshaͤndel entſtand, den ihm eigenthuͤmlichen Cha-
rakter als Religionskrieg, und durch die von Sei-
ten der Inſurgenten ſowohl als des Kayſers er-
griffenen Maaßregeln auch einen ſolchen Umfang,
daß er ſelbſt nach der Daͤmpfung der Inſurrection
fortdauern mußte.

Verbreitung der Partie der Proteſtanten (Utraquiſten)
ſowohl durch Boͤhmen, als durch Oeſtreich und Ungarn,
wo Fuͤrſt Gabor Bethlen von Siebenbuͤrgen durch ſie
ſelbſt nach der Krone griff. Crſter Ausbruch der Unruhen
in Prag durch Mißhandlung der k. Statthalter 23. May
1618, und Anfang des Kriegs noch unter Mathias † 20.
Maͤrz 1619. Abfall von ſeinem Nachfolger Ferdinand II.
und Uebertragung der Boͤhmiſchen Krone an Churfuͤrſt

Frie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0181" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">D.</hi> 1. Ge&#x017F;ch. d. 30ja&#x0364;hr. Kriegs 1618--1648.</hi></fw><lb/>
der Krieg &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t erna&#x0364;hrt, be&#x017F;ta&#x0364;tigte &#x017F;ich nie<lb/>
mehr als hier!</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Die Ur&#x017F;achen der großen Verbreitung und Dauer die-<lb/>
&#x017F;es Kriegs lagen u&#x0364;berhaupt <hi rendition="#aq">a.</hi> in der Theilnahme der deut-<lb/>
&#x017F;chen Ligue. <hi rendition="#aq">b.</hi> In der Erneuerung des gleichzeitigen Kriegs<lb/>
zwi&#x017F;chen Holland und Spanten &#x017F;eit 1<supplied>6</supplied>21, der &#x017F;ich zuletzt<lb/>
mit dem Deut&#x017F;chen verflocht. <hi rendition="#aq">c.</hi> In dem Hereinziehen der<lb/>
Nordi&#x017F;chen Ma&#x0364;chte, be&#x017F;onders Schwedens &#x017F;eit 1630. <hi rendition="#aq">d.</hi> In<lb/>
der Theilnahme von Frankreich &#x017F;eit 1635. &#x2014; Doch waren<lb/>
dies nur die <hi rendition="#g">a&#x0364;ußern</hi> Ur&#x017F;achen. Ohne die <hi rendition="#g">innern</hi>, den<lb/>
religio&#x0364;&#x017F;en Partheygei&#x017F;t, und die auf allen Seiten &#x017F;ich <hi rendition="#g">all-<lb/>
ma&#x0364;hlig</hi> ent&#x017F;pinnenden <hi rendition="#g">Projecte</hi> und <hi rendition="#g">Hoffnungen</hi>,<lb/>
ha&#x0364;tte er nicht &#x017F;o lange gedauert.</hi> </p><lb/>
                <p>4. Wenn gleich der zuer&#x017F;t in <hi rendition="#g">Bo&#x0364;hmen</hi> aus-<lb/>
brechende Krieg nur das Oe&#x017F;treichi&#x017F;che Haus an-<note place="right">161<supplied>8</supplied></note><lb/>
gieng, &#x017F;o erhielt er doch &#x017F;ogleich, da er u&#x0364;ber Reli-<lb/>
gionsha&#x0364;ndel ent&#x017F;tand, den ihm eigenthu&#x0364;mlichen Cha-<lb/>
rakter als Religionskrieg, und durch die von Sei-<lb/>
ten der In&#x017F;urgenten &#x017F;owohl als des Kay&#x017F;ers er-<lb/>
griffenen Maaßregeln auch einen &#x017F;olchen Umfang,<lb/>
daß er &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">nach</hi> der Da&#x0364;mpfung der In&#x017F;urrection<lb/>
fortdauern mußte.</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Verbreitung der Partie der Prote&#x017F;tanten (Utraqui&#x017F;ten)<lb/>
&#x017F;owohl durch Bo&#x0364;hmen, als durch Oe&#x017F;treich und Ungarn,<lb/>
wo Fu&#x0364;r&#x017F;t <hi rendition="#g">Gabor Bethlen</hi> von Siebenbu&#x0364;rgen durch &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nach der Krone griff. Cr&#x017F;ter Ausbruch der Unruhen<lb/>
in Prag durch Mißhandlung der k. Statthalter 23. May<lb/>
1618, und Anfang des Kriegs noch unter <hi rendition="#g">Mathias</hi> &#x2020; 20.<lb/>
Ma&#x0364;rz 1619. Abfall von &#x017F;einem Nachfolger Ferdinand <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
und Uebertragung der Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Krone an Churfu&#x0364;r&#x017F;t</hi><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Frie-</hi> </fw><lb/>
                </p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0181] D. 1. Geſch. d. 30jaͤhr. Kriegs 1618--1648. der Krieg ſich ſelbſt ernaͤhrt, beſtaͤtigte ſich nie mehr als hier! Die Urſachen der großen Verbreitung und Dauer die- ſes Kriegs lagen uͤberhaupt a. in der Theilnahme der deut- ſchen Ligue. b. In der Erneuerung des gleichzeitigen Kriegs zwiſchen Holland und Spanten ſeit 1621, der ſich zuletzt mit dem Deutſchen verflocht. c. In dem Hereinziehen der Nordiſchen Maͤchte, beſonders Schwedens ſeit 1630. d. In der Theilnahme von Frankreich ſeit 1635. — Doch waren dies nur die aͤußern Urſachen. Ohne die innern, den religioͤſen Partheygeiſt, und die auf allen Seiten ſich all- maͤhlig entſpinnenden Projecte und Hoffnungen, haͤtte er nicht ſo lange gedauert. 4. Wenn gleich der zuerſt in Boͤhmen aus- brechende Krieg nur das Oeſtreichiſche Haus an- gieng, ſo erhielt er doch ſogleich, da er uͤber Reli- gionshaͤndel entſtand, den ihm eigenthuͤmlichen Cha- rakter als Religionskrieg, und durch die von Sei- ten der Inſurgenten ſowohl als des Kayſers er- griffenen Maaßregeln auch einen ſolchen Umfang, daß er ſelbſt nach der Daͤmpfung der Inſurrection fortdauern mußte. 1618 Verbreitung der Partie der Proteſtanten (Utraquiſten) ſowohl durch Boͤhmen, als durch Oeſtreich und Ungarn, wo Fuͤrſt Gabor Bethlen von Siebenbuͤrgen durch ſie ſelbſt nach der Krone griff. Crſter Ausbruch der Unruhen in Prag durch Mißhandlung der k. Statthalter 23. May 1618, und Anfang des Kriegs noch unter Mathias † 20. Maͤrz 1619. Abfall von ſeinem Nachfolger Ferdinand II. und Uebertragung der Boͤhmiſchen Krone an Churfuͤrſt Frie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/181
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/181>, abgerufen am 22.11.2024.