auf deren religiöses und sittliches Leben in der kirchlichen und bür- gerlichen Gemeinschaft dringend wünschenswerth ist. Um diesen Ein- fluß zu gewinnen, scheint aber nach den bisherigen Erfahrungen ein bloßer Nachhülfeunterricht in den Elementarkenntnissen keinen aus- reichenden Anknüpfungs- und Mittelpunkt darzubieten, es wird viel- mehr für diesen Zweck darauf ankommen, den betreffenden Einrich- tungen nach ihrem Inhalt und ihrer Form eine weniger streng schul- mäßige, vielmehr eine dem Standpunkte der schon erwachseneren Ju- gend angemessene, freiere Gestaltung zu geben. Dieser Ansicht ent- sprechend, haben sich nach den Berichten der Königl. Regierungen in einzelnen Orten sogenannte Jünglingsvereine, Lese- oder Gesang- vereine gebildet, welche wöchentlich ein oder mehrere Male zusammen- kommen, um unter Leitung eines Vorstehers ihre Weiterbildung in einem oder dem andern Gegenstande durch Vorträge, Vorlesen und gemeinsame Uebungen zu fördern. In andern Orten sind Bibel- und Missionsstunden benutzt worden, um eine auch auf andere Gegenstände sich erstreckende Belehrung zu bilden. Wo erst solche Anfänge vor- handen sind, wird es nicht schwer fallen, den Kreis allmälig zu er- weitern und in denselben Bibelkenntniß, Naturkunde, vaterländische Geschichte, volksthümliche Literatur, Gesang und ähnliche, die reifere Jugend interessirende Gegenstände zu ziehen. Zu gleicher Zeit wird sich aber auch die Gelegenheit zur Befestigung und Erweiterung der Elementarkenntnisse im Lesen, Rechnen, Schreiben und in der An- fertigung von Aufsätzen ungesucht mit diesen Beschäftigungen ver- binden zu lassen.
Es können zwar derartige Vereine und Einrichtungen nicht durch administrative Anordnungen und Verfügungen an die Behörden in das Leben gerufen werden; es liegen aber in der gegenwärtigen Zeit und in dem Volke selbst so vielfache Elemente und Anknüpfungs- punkte zu dergleichen Bestrebungen, daß es meistentheils nur der ge- eigneten persönlichen Anregung und Einwirkung wohlgesinnter Männer bedarf, um das gewünschte Ziel zu erreichen. In dieser Beziehung werden die Departements-, namentlich die geistlichen und Schulräthe der Königl. Regierungen durch ihre Communication mit den Landräthen, Ortsbehörden, Pfarrern und Schullehrern vielfache Gelegenheit haben, fördernd auf diese, für die allgemeine Volksbildung
auf deren religiöſes und ſittliches Leben in der kirchlichen und bür- gerlichen Gemeinſchaft dringend wünſchenswerth iſt. Um dieſen Ein- fluß zu gewinnen, ſcheint aber nach den bisherigen Erfahrungen ein bloßer Nachhülfeunterricht in den Elementarkenntniſſen keinen aus- reichenden Anknüpfungs- und Mittelpunkt darzubieten, es wird viel- mehr für dieſen Zweck darauf ankommen, den betreffenden Einrich- tungen nach ihrem Inhalt und ihrer Form eine weniger ſtreng ſchul- mäßige, vielmehr eine dem Standpunkte der ſchon erwachſeneren Ju- gend angemeſſene, freiere Geſtaltung zu geben. Dieſer Anſicht ent- ſprechend, haben ſich nach den Berichten der Königl. Regierungen in einzelnen Orten ſogenannte Jünglingsvereine, Leſe- oder Geſang- vereine gebildet, welche wöchentlich ein oder mehrere Male zuſammen- kommen, um unter Leitung eines Vorſtehers ihre Weiterbildung in einem oder dem andern Gegenſtande durch Vorträge, Vorleſen und gemeinſame Uebungen zu fördern. In andern Orten ſind Bibel- und Miſſionsſtunden benutzt worden, um eine auch auf andere Gegenſtände ſich erſtreckende Belehrung zu bilden. Wo erſt ſolche Anfänge vor- handen ſind, wird es nicht ſchwer fallen, den Kreis allmälig zu er- weitern und in denſelben Bibelkenntniß, Naturkunde, vaterländiſche Geſchichte, volksthümliche Literatur, Geſang und ähnliche, die reifere Jugend intereſſirende Gegenſtände zu ziehen. Zu gleicher Zeit wird ſich aber auch die Gelegenheit zur Befeſtigung und Erweiterung der Elementarkenntniſſe im Leſen, Rechnen, Schreiben und in der An- fertigung von Aufſätzen ungeſucht mit dieſen Beſchäftigungen ver- binden zu laſſen.
Es können zwar derartige Vereine und Einrichtungen nicht durch adminiſtrative Anordnungen und Verfügungen an die Behörden in das Leben gerufen werden; es liegen aber in der gegenwärtigen Zeit und in dem Volke ſelbſt ſo vielfache Elemente und Anknüpfungs- punkte zu dergleichen Beſtrebungen, daß es meiſtentheils nur der ge- eigneten perſönlichen Anregung und Einwirkung wohlgeſinnter Männer bedarf, um das gewünſchte Ziel zu erreichen. In dieſer Beziehung werden die Departements-, namentlich die geiſtlichen und Schulräthe der Königl. Regierungen durch ihre Communication mit den Landräthen, Ortsbehörden, Pfarrern und Schullehrern vielfache Gelegenheit haben, fördernd auf dieſe, für die allgemeine Volksbildung
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auf deren religiöſes und ſittliches Leben in der kirchlichen und bür-
gerlichen Gemeinſchaft dringend wünſchenswerth iſt. Um dieſen Ein-
fluß zu gewinnen, ſcheint aber nach den bisherigen Erfahrungen ein
bloßer Nachhülfeunterricht in den Elementarkenntniſſen keinen aus-
reichenden Anknüpfungs- und Mittelpunkt darzubieten, es wird viel-
mehr für dieſen Zweck darauf ankommen, den betreffenden Einrich-
tungen nach ihrem Inhalt und ihrer Form eine weniger ſtreng ſchul-
mäßige, vielmehr eine dem Standpunkte der ſchon erwachſeneren Ju-
gend angemeſſene, freiere Geſtaltung zu geben. Dieſer Anſicht ent-
ſprechend, haben ſich nach den Berichten der Königl. Regierungen in
einzelnen Orten ſogenannte Jünglingsvereine, Leſe- oder Geſang-
vereine gebildet, welche wöchentlich ein oder mehrere Male zuſammen-
kommen, um unter Leitung eines Vorſtehers ihre Weiterbildung in
einem oder dem andern Gegenſtande durch Vorträge, Vorleſen und
gemeinſame Uebungen zu fördern. In andern Orten ſind Bibel- und
Miſſionsſtunden benutzt worden, um eine auch auf andere Gegenſtände
ſich erſtreckende Belehrung zu bilden. Wo erſt ſolche Anfänge vor-
handen ſind, wird es nicht ſchwer fallen, den Kreis allmälig zu er-
weitern und in denſelben Bibelkenntniß, Naturkunde, vaterländiſche
Geſchichte, volksthümliche Literatur, Geſang und ähnliche, die reifere
Jugend intereſſirende Gegenſtände zu ziehen. Zu gleicher Zeit wird
ſich aber auch die Gelegenheit zur Befeſtigung und Erweiterung der
Elementarkenntniſſe im Leſen, Rechnen, Schreiben und in der An-
fertigung von Aufſätzen ungeſucht mit dieſen Beſchäftigungen ver-
binden zu laſſen.
Es können zwar derartige Vereine und Einrichtungen nicht durch
adminiſtrative Anordnungen und Verfügungen an die Behörden in
das Leben gerufen werden; es liegen aber in der gegenwärtigen Zeit
und in dem Volke ſelbſt ſo vielfache Elemente und Anknüpfungs-
punkte zu dergleichen Beſtrebungen, daß es meiſtentheils nur der ge-
eigneten perſönlichen Anregung und Einwirkung wohlgeſinnter
Männer bedarf, um das gewünſchte Ziel zu erreichen. In dieſer
Beziehung werden die Departements-, namentlich die geiſtlichen und
Schulräthe der Königl. Regierungen durch ihre Communication mit
den Landräthen, Ortsbehörden, Pfarrern und Schullehrern vielfache
Gelegenheit haben, fördernd auf dieſe, für die allgemeine Volksbildung
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/597>, abgerufen am 23.11.2024.
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