die Stadtverordneten-Versammlung aber die Verwaltung zu controliren und das Interesse der Gemeine zu vertreten hat. Daß dies auch hin- sichtlich der Capitalien der Armencasse und der zugehörigen Anstalten geschehen müsse, ergiebt sich auch, wenn das Gesetz darüber irgend einen Zweifel ließe, aus der Allerhöchsten Cabinets-Ordre vom 3. Mai 1819. III.*), durch welche auch dies Vermögen der Stadtgemeine über- wiesen worden ist.
Daß daher die Stadtverordneten-Versammlung auch die Sicher- heit dieser Vermögensstücke controliren müsse, unterliegt keinem Zweifel. Soll aber diese Controle für die Sache selbst einen Nutzen haben, so muß die Versammlung vor der Ausleihung befragt werden, ob sie gegen die Sicherheit etwas zu erinnern habe. Das Interesse der Ge- meine hierbei bedarf kaum einer näheren Entwickelung. Verliert die Armencasse ein Capital, so muß die Stadt nach wie vor das Be- dürfniß decken, folglich so viel mehr aufbringen, als die Zinsen des Capitals betragen.
Bei andern Stiftungen, z. B. bei Hospitälern, Waisenhäusern etc., wird die Stadt, welche sie für ihre Angehörigen zu benutzen hat, beim Verluste eines Capitals verhältnißmäßig weniger Arme, Waisen etc. unterbringen können, und ebenfalls auf andere Weise für sie sorgen müssen.
Daß die meisten Stiftungs-Capitalien aus einer Zeit herrühren, in welcher noch keine Stadtverordneten vorhanden waren, beweist noch weniger für den Anspruch des Magistrats. Sie wurden der Stadt geschenkt oder legirt, um nach der bestehenden Stadtverfassung ver- waltet zu werden. Nach früherer Verfassung beaufsichtigte und con- trolirte der Staat die Verwaltung der Städte auch in Dingen dieser Art. Nach jetziger Verfassung ist an die Stelle der Aufsicht und Con- trole des Staats die der Stadtverordneten getreten. Auch ist wohl eben so wenig vorauszusetzen, daß die Stifter diese Verwaltung dem Magistrat ohne alle Aufsicht und Controle im Widerspruche gegen die damalige Verfassung ganz allein zu überlassen die Absicht gehabt haben,
*)c. III. Mit der an die Stadtgemeine übergehenden allgemeinen Verwaltung des dortigen Armenwesens und der zugehörigen Anstalten, werden derselben auch alle der Haupt-Armencasse und den besondern ihr übertragenen Anstalten zugehörigen Vermögensstücke und Einkünfte im gegenwärtigen Bestande überwiesen.
die Stadtverordneten-Verſammlung aber die Verwaltung zu controliren und das Intereſſe der Gemeine zu vertreten hat. Daß dies auch hin- ſichtlich der Capitalien der Armencaſſe und der zugehörigen Anſtalten geſchehen müſſe, ergiebt ſich auch, wenn das Geſetz darüber irgend einen Zweifel ließe, aus der Allerhöchſten Cabinets-Ordre vom 3. Mai 1819. III.*), durch welche auch dies Vermögen der Stadtgemeine über- wieſen worden iſt.
Daß daher die Stadtverordneten-Verſammlung auch die Sicher- heit dieſer Vermögensſtücke controliren müſſe, unterliegt keinem Zweifel. Soll aber dieſe Controle für die Sache ſelbſt einen Nutzen haben, ſo muß die Verſammlung vor der Ausleihung befragt werden, ob ſie gegen die Sicherheit etwas zu erinnern habe. Das Intereſſe der Ge- meine hierbei bedarf kaum einer näheren Entwickelung. Verliert die Armencaſſe ein Capital, ſo muß die Stadt nach wie vor das Be- dürfniß decken, folglich ſo viel mehr aufbringen, als die Zinſen des Capitals betragen.
Bei andern Stiftungen, z. B. bei Hoſpitälern, Waiſenhäuſern ꝛc., wird die Stadt, welche ſie für ihre Angehörigen zu benutzen hat, beim Verluſte eines Capitals verhältnißmäßig weniger Arme, Waiſen ꝛc. unterbringen können, und ebenfalls auf andere Weiſe für ſie ſorgen müſſen.
Daß die meiſten Stiftungs-Capitalien aus einer Zeit herrühren, in welcher noch keine Stadtverordneten vorhanden waren, beweiſt noch weniger für den Anſpruch des Magiſtrats. Sie wurden der Stadt geſchenkt oder legirt, um nach der beſtehenden Stadtverfaſſung ver- waltet zu werden. Nach früherer Verfaſſung beaufſichtigte und con- trolirte der Staat die Verwaltung der Städte auch in Dingen dieſer Art. Nach jetziger Verfaſſung iſt an die Stelle der Aufſicht und Con- trole des Staats die der Stadtverordneten getreten. Auch iſt wohl eben ſo wenig vorauszuſetzen, daß die Stifter dieſe Verwaltung dem Magiſtrat ohne alle Aufſicht und Controle im Widerſpruche gegen die damalige Verfaſſung ganz allein zu überlaſſen die Abſicht gehabt haben,
*)c. III. Mit der an die Stadtgemeine übergehenden allgemeinen Verwaltung des dortigen Armenweſens und der zugehörigen Anſtalten, werden derſelben auch alle der Haupt-Armencaſſe und den beſondern ihr übertragenen Anſtalten zugehörigen Vermögensſtücke und Einkünfte im gegenwärtigen Beſtande überwieſen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0350"n="336"/>
die Stadtverordneten-Verſammlung aber die Verwaltung zu controliren<lb/>
und das Intereſſe der Gemeine zu vertreten hat. Daß dies auch hin-<lb/>ſichtlich der Capitalien der Armencaſſe und der zugehörigen Anſtalten<lb/>
geſchehen müſſe, ergiebt ſich auch, wenn das Geſetz darüber irgend einen<lb/>
Zweifel ließe, aus der Allerhöchſten Cabinets-Ordre vom 3. Mai<lb/>
1819. <hirendition="#aq">III.</hi><noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">c. III.</hi> Mit der an die Stadtgemeine übergehenden allgemeinen<lb/>
Verwaltung des dortigen Armenweſens und der zugehörigen Anſtalten,<lb/>
werden derſelben auch alle der Haupt-Armencaſſe und den beſondern ihr<lb/>
übertragenen Anſtalten zugehörigen Vermögensſtücke und Einkünfte im<lb/>
gegenwärtigen Beſtande überwieſen.</note>, durch welche auch dies Vermögen der Stadtgemeine über-<lb/>
wieſen worden iſt.</p><lb/><p>Daß daher die Stadtverordneten-Verſammlung auch die Sicher-<lb/>
heit dieſer Vermögensſtücke controliren müſſe, unterliegt keinem Zweifel.<lb/>
Soll aber dieſe Controle für die Sache ſelbſt einen Nutzen haben, ſo<lb/>
muß die Verſammlung <hirendition="#g">vor</hi> der Ausleihung befragt werden, ob ſie<lb/>
gegen die Sicherheit etwas zu erinnern habe. Das Intereſſe der Ge-<lb/>
meine hierbei bedarf kaum einer näheren Entwickelung. Verliert die<lb/>
Armencaſſe ein Capital, ſo muß die Stadt nach wie vor das Be-<lb/>
dürfniß decken, folglich ſo viel mehr aufbringen, als die Zinſen des<lb/>
Capitals betragen.</p><lb/><p>Bei andern Stiftungen, z. B. bei Hoſpitälern, Waiſenhäuſern ꝛc.,<lb/>
wird die Stadt, welche ſie für ihre Angehörigen zu benutzen hat, beim<lb/>
Verluſte eines Capitals verhältnißmäßig weniger Arme, Waiſen ꝛc.<lb/>
unterbringen können, und ebenfalls auf andere Weiſe für ſie ſorgen<lb/>
müſſen.</p><lb/><p>Daß die meiſten Stiftungs-Capitalien aus einer Zeit herrühren,<lb/>
in welcher noch keine Stadtverordneten vorhanden waren, beweiſt noch<lb/>
weniger für den Anſpruch des Magiſtrats. Sie wurden der Stadt<lb/>
geſchenkt oder legirt, um nach der beſtehenden Stadtverfaſſung ver-<lb/>
waltet zu werden. Nach früherer Verfaſſung beaufſichtigte und con-<lb/>
trolirte der Staat die Verwaltung der Städte auch in Dingen dieſer<lb/>
Art. Nach jetziger Verfaſſung iſt an die Stelle der Aufſicht und Con-<lb/>
trole des Staats die der Stadtverordneten getreten. Auch iſt wohl<lb/>
eben ſo wenig vorauszuſetzen, daß die Stifter dieſe Verwaltung dem<lb/>
Magiſtrat ohne alle Aufſicht und Controle im Widerſpruche gegen die<lb/>
damalige Verfaſſung ganz allein zu überlaſſen die Abſicht gehabt haben,<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[336/0350]
die Stadtverordneten-Verſammlung aber die Verwaltung zu controliren
und das Intereſſe der Gemeine zu vertreten hat. Daß dies auch hin-
ſichtlich der Capitalien der Armencaſſe und der zugehörigen Anſtalten
geſchehen müſſe, ergiebt ſich auch, wenn das Geſetz darüber irgend einen
Zweifel ließe, aus der Allerhöchſten Cabinets-Ordre vom 3. Mai
1819. III. *), durch welche auch dies Vermögen der Stadtgemeine über-
wieſen worden iſt.
Daß daher die Stadtverordneten-Verſammlung auch die Sicher-
heit dieſer Vermögensſtücke controliren müſſe, unterliegt keinem Zweifel.
Soll aber dieſe Controle für die Sache ſelbſt einen Nutzen haben, ſo
muß die Verſammlung vor der Ausleihung befragt werden, ob ſie
gegen die Sicherheit etwas zu erinnern habe. Das Intereſſe der Ge-
meine hierbei bedarf kaum einer näheren Entwickelung. Verliert die
Armencaſſe ein Capital, ſo muß die Stadt nach wie vor das Be-
dürfniß decken, folglich ſo viel mehr aufbringen, als die Zinſen des
Capitals betragen.
Bei andern Stiftungen, z. B. bei Hoſpitälern, Waiſenhäuſern ꝛc.,
wird die Stadt, welche ſie für ihre Angehörigen zu benutzen hat, beim
Verluſte eines Capitals verhältnißmäßig weniger Arme, Waiſen ꝛc.
unterbringen können, und ebenfalls auf andere Weiſe für ſie ſorgen
müſſen.
Daß die meiſten Stiftungs-Capitalien aus einer Zeit herrühren,
in welcher noch keine Stadtverordneten vorhanden waren, beweiſt noch
weniger für den Anſpruch des Magiſtrats. Sie wurden der Stadt
geſchenkt oder legirt, um nach der beſtehenden Stadtverfaſſung ver-
waltet zu werden. Nach früherer Verfaſſung beaufſichtigte und con-
trolirte der Staat die Verwaltung der Städte auch in Dingen dieſer
Art. Nach jetziger Verfaſſung iſt an die Stelle der Aufſicht und Con-
trole des Staats die der Stadtverordneten getreten. Auch iſt wohl
eben ſo wenig vorauszuſetzen, daß die Stifter dieſe Verwaltung dem
Magiſtrat ohne alle Aufſicht und Controle im Widerſpruche gegen die
damalige Verfaſſung ganz allein zu überlaſſen die Abſicht gehabt haben,
*) c. III. Mit der an die Stadtgemeine übergehenden allgemeinen
Verwaltung des dortigen Armenweſens und der zugehörigen Anſtalten,
werden derſelben auch alle der Haupt-Armencaſſe und den beſondern ihr
übertragenen Anſtalten zugehörigen Vermögensſtücke und Einkünfte im
gegenwärtigen Beſtande überwieſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/350>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.