§. 27. Die von Seiten der Vormünder oder vormundschaftlicher Behörden nach der ihnen hier verbliebenen Wirksamkeit erhobenen Erinnerungen dürfen nur, den Fall einer unaufschiebbaren Nothwendig- keit ausgenommen, durch das Waisenamt beseitigt werden.
§. 28. Die Zahl der Zöglinge und Pfleglinge hängt von der Zureichlichkeit der dazu nach dem Obigen (Abschn. II.) bestimmten Einkünfte der Anstalt, mit der §. 6. gemachten Beschränkung auf den zehnten Theil der Unterhaltungskosten sämmtlicher Zöglinge des Waisen- hauses, für dessen Pfleglinge, ab.
§. 29. Knaben unter dem Alter von acht Jahren werden den Mädchen gleich geachtet, und können daher nur in das Verhältniß der Pfleglinge treten, in welchem sie dann unter den Bestimmungen der §§. 6. und 28. mitbegriffen sind (vergl. §. 6.).
§. 30. Die Beköstigung der Zöglinge soll, so lange es möglich ist, zur Bildung des äußern Anstandes, an Eine Familie in der An- stalt verdungen werden, und es darf die gewöhnliche Speisung oder sonstige Verpflegung der Zöglinge nicht abgesondert und in Familien außer dem Waisenhause geschehen, vielmehr bleibt es dem Ermessen des Waisenamtes überlassen, zur Erfüllung dieser Bedingung und der darunter begriffenen Zwecke, wenn es die Anzahl der Zöglinge nöthig macht, einen eigenen Hausvater dazu anzustellen.
§. 31. Die Bekleidung der Zöglinge geschieht anständig und reinlich, nach dem Bedürfnisse derselben, ohne äußere Auszeichnung durch das Waisenhaus, der Pfleglinge aber durch die Pflegeeltern.
§. 32. Der Unterricht erfolgt bei Zöglingen und Pfleglingen durch die vorhandenen öffentlichen Schulen, welche an jedem Orte, nach dem Vorrücken der Kenntnisse der Waisen, die letzteren aufnehmen werden, und wozu diese die erforderlichen Bücher und Hülfsmittel entweder unmittelbar von der Anstalt, oder nach dem von ihr zu tref- fenden Uebereinkommen mit den Pflegeeltern, von diesen erhalten.
§. 33. Die Aufsicht über die Zöglinge und deren häusliche Füh- rung wird einem Waisenvater unter der Oberaufsicht des Waisenamtes, und den Pflegeeltern unter gleicher Wirksamkeit des letztern über die Pfleglinge, übertragen, wobei der Waisenvater und die Pflegeeltern in die Befugnisse und Verpflichtungen eines Erziehers treten, das Waisenamt aber die Rechte elterlicher Zucht ausübt.
§. 34. Vorzüge unter den Zöglingen und Pfleglingen finden
§. 27. Die von Seiten der Vormünder oder vormundſchaftlicher Behörden nach der ihnen hier verbliebenen Wirkſamkeit erhobenen Erinnerungen dürfen nur, den Fall einer unaufſchiebbaren Nothwendig- keit ausgenommen, durch das Waiſenamt beſeitigt werden.
§. 28. Die Zahl der Zöglinge und Pfleglinge hängt von der Zureichlichkeit der dazu nach dem Obigen (Abſchn. II.) beſtimmten Einkünfte der Anſtalt, mit der §. 6. gemachten Beſchränkung auf den zehnten Theil der Unterhaltungskoſten ſämmtlicher Zöglinge des Waiſen- hauſes, für deſſen Pfleglinge, ab.
§. 29. Knaben unter dem Alter von acht Jahren werden den Mädchen gleich geachtet, und können daher nur in das Verhältniß der Pfleglinge treten, in welchem ſie dann unter den Beſtimmungen der §§. 6. und 28. mitbegriffen ſind (vergl. §. 6.).
§. 30. Die Beköſtigung der Zöglinge ſoll, ſo lange es möglich iſt, zur Bildung des äußern Anſtandes, an Eine Familie in der An- ſtalt verdungen werden, und es darf die gewöhnliche Speiſung oder ſonſtige Verpflegung der Zöglinge nicht abgeſondert und in Familien außer dem Waiſenhauſe geſchehen, vielmehr bleibt es dem Ermeſſen des Waiſenamtes überlaſſen, zur Erfüllung dieſer Bedingung und der darunter begriffenen Zwecke, wenn es die Anzahl der Zöglinge nöthig macht, einen eigenen Hausvater dazu anzuſtellen.
§. 31. Die Bekleidung der Zöglinge geſchieht anſtändig und reinlich, nach dem Bedürfniſſe derſelben, ohne äußere Auszeichnung durch das Waiſenhaus, der Pfleglinge aber durch die Pflegeeltern.
§. 32. Der Unterricht erfolgt bei Zöglingen und Pfleglingen durch die vorhandenen öffentlichen Schulen, welche an jedem Orte, nach dem Vorrücken der Kenntniſſe der Waiſen, die letzteren aufnehmen werden, und wozu dieſe die erforderlichen Bücher und Hülfsmittel entweder unmittelbar von der Anſtalt, oder nach dem von ihr zu tref- fenden Uebereinkommen mit den Pflegeeltern, von dieſen erhalten.
§. 33. Die Aufſicht über die Zöglinge und deren häusliche Füh- rung wird einem Waiſenvater unter der Oberaufſicht des Waiſenamtes, und den Pflegeeltern unter gleicher Wirkſamkeit des letztern über die Pfleglinge, übertragen, wobei der Waiſenvater und die Pflegeeltern in die Befugniſſe und Verpflichtungen eines Erziehers treten, das Waiſenamt aber die Rechte elterlicher Zucht ausübt.
§. 34. Vorzüge unter den Zöglingen und Pfleglingen finden
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§. 27. Die von Seiten der Vormünder oder vormundſchaftlicher
Behörden nach der ihnen hier verbliebenen Wirkſamkeit erhobenen
Erinnerungen dürfen nur, den Fall einer unaufſchiebbaren Nothwendig-
keit ausgenommen, durch das Waiſenamt beſeitigt werden.
§. 28. Die Zahl der Zöglinge und Pfleglinge hängt von der
Zureichlichkeit der dazu nach dem Obigen (Abſchn. II.) beſtimmten
Einkünfte der Anſtalt, mit der §. 6. gemachten Beſchränkung auf den
zehnten Theil der Unterhaltungskoſten ſämmtlicher Zöglinge des Waiſen-
hauſes, für deſſen Pfleglinge, ab.
§. 29. Knaben unter dem Alter von acht Jahren werden den
Mädchen gleich geachtet, und können daher nur in das Verhältniß der
Pfleglinge treten, in welchem ſie dann unter den Beſtimmungen der
§§. 6. und 28. mitbegriffen ſind (vergl. §. 6.).
§. 30. Die Beköſtigung der Zöglinge ſoll, ſo lange es möglich
iſt, zur Bildung des äußern Anſtandes, an Eine Familie in der An-
ſtalt verdungen werden, und es darf die gewöhnliche Speiſung oder
ſonſtige Verpflegung der Zöglinge nicht abgeſondert und in Familien
außer dem Waiſenhauſe geſchehen, vielmehr bleibt es dem Ermeſſen
des Waiſenamtes überlaſſen, zur Erfüllung dieſer Bedingung und der
darunter begriffenen Zwecke, wenn es die Anzahl der Zöglinge nöthig
macht, einen eigenen Hausvater dazu anzuſtellen.
§. 31. Die Bekleidung der Zöglinge geſchieht anſtändig und
reinlich, nach dem Bedürfniſſe derſelben, ohne äußere Auszeichnung
durch das Waiſenhaus, der Pfleglinge aber durch die Pflegeeltern.
§. 32. Der Unterricht erfolgt bei Zöglingen und Pfleglingen
durch die vorhandenen öffentlichen Schulen, welche an jedem Orte,
nach dem Vorrücken der Kenntniſſe der Waiſen, die letzteren aufnehmen
werden, und wozu dieſe die erforderlichen Bücher und Hülfsmittel
entweder unmittelbar von der Anſtalt, oder nach dem von ihr zu tref-
fenden Uebereinkommen mit den Pflegeeltern, von dieſen erhalten.
§. 33. Die Aufſicht über die Zöglinge und deren häusliche Füh-
rung wird einem Waiſenvater unter der Oberaufſicht des Waiſenamtes,
und den Pflegeeltern unter gleicher Wirkſamkeit des letztern über die
Pfleglinge, übertragen, wobei der Waiſenvater und die Pflegeeltern
in die Befugniſſe und Verpflichtungen eines Erziehers treten, das
Waiſenamt aber die Rechte elterlicher Zucht ausübt.
§. 34. Vorzüge unter den Zöglingen und Pfleglingen finden
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/324>, abgerufen am 25.11.2024.
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