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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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fertig lernen. -- 10) Zuletzt wird der Schullehrer sehr wohl thun,
wenn er die Eltern der Kinder zu bewegen sucht, daß sie sich von
letztern das monatliche Lied, den Psalm, oder die in der Schule
gelesenen Hauptsprüche zu Hause vorlesen lassen. Den Größern und
fertig Lesenden kann er ein Capitel aus der Bibel (etwa eine Ge-
schichte enthaltend, z. E. 1 Mos. 22.), ganz oder stückweise aufgeben,
welches sie den Eltern vorlesen und sich selbst bekannt machen müssen,
damit er es hernach in der Schule bei der Catechisation zum Grunde
legen könne.

§. 8. Die Catechisation ist das vorzüglichste, was der Schullehrer
in seinem Religions-Unterricht thun kann. So leicht manchem diese
Beschäftigung scheinen mag, so viel gehört dazu, wenn sie mit wahrem
Nutzen getrieben werden soll. Ein nicht genug gekannter und ge-
schätzter Vortheil, den daher kein Schullehrer aus der Acht lassen
muß, ist dieser: daß er für seine Person sich auf's allerbeste mit der
heil. Schrift bekannt mache. Denn da auch der gelehrteste und ge-
übteste Prediger ohne gründliche Bekanntschaft mit der heil. Schrift
keinen wahren Unterricht im Christenthum geben, noch denselben den
Kindern durchs Catechisiren hinlänglich nutzbar und faßlich machen
kann; so läßt sich dieses von einem unstudirten und im Denken nicht
genugsam geübten Mann noch weit weniger erwarten, wenn ihm die
Wahrheit nicht aus dem göttlichen Wort so bekannt geworden ist,
daß sie ihm in der Art, wie sie in der Bibel vorgetragen wird, immer
vorschwebt. Dagegen lehrt die Erfahrung, daß auch Ungelehrte, wenn
ihnen das göttliche Wort im Munde und Herzen nahe ist, (Röm.
10, 8.) und sie demselben in treuem Gehorsam folgen, mit vielem
Segen andere im Christenthum unterrichten und erbauen können.
Es wird daher allen Schullehrern das fleißige und andächtige Bibel-
lesen als heilige Pflicht ans Herz gelegt; und werden zugleich In-
spectoren und Prediger ermahnt, ihre Schullehrer bei jeder schicklichen
Gelegenheit dringend dazu anzuhalten: indem ganz unleugbar unter
mehrern Schullehrern von sonst gleichen Gaben und Fähigkeiten der-
jenige zum Religionsunterricht der tüchtigste ist, der diese Pflicht vor-
züglich beobachtet hat.

§. 9. Nächstdem, was hier vom Bibellesen überhaupt gesagt
worden, muß sich der Schullehrer auf den Religionsunterricht des fol-
genden Tages durch Nachschlagen der im Catechismus angeführten

fertig lernen. — 10) Zuletzt wird der Schullehrer ſehr wohl thun,
wenn er die Eltern der Kinder zu bewegen ſucht, daß ſie ſich von
letztern das monatliche Lied, den Pſalm, oder die in der Schule
geleſenen Hauptſprüche zu Hauſe vorleſen laſſen. Den Größern und
fertig Leſenden kann er ein Capitel aus der Bibel (etwa eine Ge-
ſchichte enthaltend, z. E. 1 Moſ. 22.), ganz oder ſtückweiſe aufgeben,
welches ſie den Eltern vorleſen und ſich ſelbſt bekannt machen müſſen,
damit er es hernach in der Schule bei der Catechiſation zum Grunde
legen könne.

§. 8. Die Catechiſation iſt das vorzüglichſte, was der Schullehrer
in ſeinem Religions-Unterricht thun kann. So leicht manchem dieſe
Beſchäftigung ſcheinen mag, ſo viel gehört dazu, wenn ſie mit wahrem
Nutzen getrieben werden ſoll. Ein nicht genug gekannter und ge-
ſchätzter Vortheil, den daher kein Schullehrer aus der Acht laſſen
muß, iſt dieſer: daß er für ſeine Perſon ſich auf’s allerbeſte mit der
heil. Schrift bekannt mache. Denn da auch der gelehrteſte und ge-
übteſte Prediger ohne gründliche Bekanntſchaft mit der heil. Schrift
keinen wahren Unterricht im Chriſtenthum geben, noch denſelben den
Kindern durchs Catechiſiren hinlänglich nutzbar und faßlich machen
kann; ſo läßt ſich dieſes von einem unſtudirten und im Denken nicht
genugſam geübten Mann noch weit weniger erwarten, wenn ihm die
Wahrheit nicht aus dem göttlichen Wort ſo bekannt geworden iſt,
daß ſie ihm in der Art, wie ſie in der Bibel vorgetragen wird, immer
vorſchwebt. Dagegen lehrt die Erfahrung, daß auch Ungelehrte, wenn
ihnen das göttliche Wort im Munde und Herzen nahe iſt, (Röm.
10, 8.) und ſie demſelben in treuem Gehorſam folgen, mit vielem
Segen andere im Chriſtenthum unterrichten und erbauen können.
Es wird daher allen Schullehrern das fleißige und andächtige Bibel-
leſen als heilige Pflicht ans Herz gelegt; und werden zugleich In-
ſpectoren und Prediger ermahnt, ihre Schullehrer bei jeder ſchicklichen
Gelegenheit dringend dazu anzuhalten: indem ganz unleugbar unter
mehrern Schullehrern von ſonſt gleichen Gaben und Fähigkeiten der-
jenige zum Religionsunterricht der tüchtigſte iſt, der dieſe Pflicht vor-
züglich beobachtet hat.

§. 9. Nächſtdem, was hier vom Bibelleſen überhaupt geſagt
worden, muß ſich der Schullehrer auf den Religionsunterricht des fol-
genden Tages durch Nachſchlagen der im Catechismus angeführten

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[110/0124] fertig lernen. — 10) Zuletzt wird der Schullehrer ſehr wohl thun, wenn er die Eltern der Kinder zu bewegen ſucht, daß ſie ſich von letztern das monatliche Lied, den Pſalm, oder die in der Schule geleſenen Hauptſprüche zu Hauſe vorleſen laſſen. Den Größern und fertig Leſenden kann er ein Capitel aus der Bibel (etwa eine Ge- ſchichte enthaltend, z. E. 1 Moſ. 22.), ganz oder ſtückweiſe aufgeben, welches ſie den Eltern vorleſen und ſich ſelbſt bekannt machen müſſen, damit er es hernach in der Schule bei der Catechiſation zum Grunde legen könne. §. 8. Die Catechiſation iſt das vorzüglichſte, was der Schullehrer in ſeinem Religions-Unterricht thun kann. So leicht manchem dieſe Beſchäftigung ſcheinen mag, ſo viel gehört dazu, wenn ſie mit wahrem Nutzen getrieben werden ſoll. Ein nicht genug gekannter und ge- ſchätzter Vortheil, den daher kein Schullehrer aus der Acht laſſen muß, iſt dieſer: daß er für ſeine Perſon ſich auf’s allerbeſte mit der heil. Schrift bekannt mache. Denn da auch der gelehrteſte und ge- übteſte Prediger ohne gründliche Bekanntſchaft mit der heil. Schrift keinen wahren Unterricht im Chriſtenthum geben, noch denſelben den Kindern durchs Catechiſiren hinlänglich nutzbar und faßlich machen kann; ſo läßt ſich dieſes von einem unſtudirten und im Denken nicht genugſam geübten Mann noch weit weniger erwarten, wenn ihm die Wahrheit nicht aus dem göttlichen Wort ſo bekannt geworden iſt, daß ſie ihm in der Art, wie ſie in der Bibel vorgetragen wird, immer vorſchwebt. Dagegen lehrt die Erfahrung, daß auch Ungelehrte, wenn ihnen das göttliche Wort im Munde und Herzen nahe iſt, (Röm. 10, 8.) und ſie demſelben in treuem Gehorſam folgen, mit vielem Segen andere im Chriſtenthum unterrichten und erbauen können. Es wird daher allen Schullehrern das fleißige und andächtige Bibel- leſen als heilige Pflicht ans Herz gelegt; und werden zugleich In- ſpectoren und Prediger ermahnt, ihre Schullehrer bei jeder ſchicklichen Gelegenheit dringend dazu anzuhalten: indem ganz unleugbar unter mehrern Schullehrern von ſonſt gleichen Gaben und Fähigkeiten der- jenige zum Religionsunterricht der tüchtigſte iſt, der dieſe Pflicht vor- züglich beobachtet hat. §. 9. Nächſtdem, was hier vom Bibelleſen überhaupt geſagt worden, muß ſich der Schullehrer auf den Religionsunterricht des fol- genden Tages durch Nachſchlagen der im Catechismus angeführten

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/124>, abgerufen am 23.11.2024.