Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

wüsten und lauten Geschrei lernen die Kinder nie gehörig singen.
Wenn eins oder mehrere falsch singen, so giebt der Schulhalter ein
Zeichen, daß alle einhalten sollen, und hilft sodann den falsch singenden
in den rechten Ton ein. Dieses alles wird um so leichter gehen, je
mehr der Schullehrer darauf hält, daß langsam und mit gemäßigter
Stimme gesungen wird. Bei dem Gebet muß der Lehrer a) vor allen
Dingen darauf sehen, daß er durch sein eignes Beispiel die Kinder
zur wahren Ehrfurcht und Andacht erwecke; da er sonst durch das
Gegentheil an ihrer Zerstreuung, Leichtsinn und Gedankenlosigkeit bei
der Gebetsübung Schuld wird. b) Das Gebet selbst muß kurz sein,
und hauptsächlich die Bitte enthalten: daß der himmlische Vater um
Jesu Christi seines Sohnes willen die Kinder gnädig ansehen, sie
unter der Leitung des heiligen Geistes in ihrer Schularbeit segnen,
und zu Menschen bilden möchte, die in seinem Gnadenbund stehen,
ihm wohlgefällig und dem Nächsten in dem von Gott ihnen ange-
wiesenen Beruf nützlich werden, damit ihr ganzes Leben eine Vorbe-
reitung zur seligen Ewigkeit sei. c) Im Schlußgebet dankt er im
Namen der Kinder für die Gnade des christlichen Unterrichts, erbittet
für alle Versündigungen durch Leichtsinn, Ungehorsam etc. die väter-
liche Vergebung durch Christum, und empfiehlt die Kinder der Auf-
sicht des Geistes Gottes auch außer der Schule, damit sie die Freude
ihrer Eltern werden, und an Gnade bei Gott und den Menschen zu-
nehmen mögen. -- 3) Bei dem Auswendiglernen der monatlich auf-
gegebenen Psalme und Hauptsprüche zum Beweise der im Catechismus
vorgetragenen Lehren, (wozu auch am Sonnabend das Lesen der
evangelischen und epistolischen Texte kommen kann) ist Folgendes zu
beobachten: a) Der Schulhalter spricht entweder selbst, von Vers zu
Vers (oder nach den Hauptabschnitten des Verses), den Psalm oder
Spruch vor, oder er läßt dieses von einem der fertigsten Knaben thun,
und zwar bald von diesem, bald von jenem; das auf diese Art Vor-
gesprochene müssen sämmtliche Kinder, sogleich, nicht allzulaut, aber
doch verständlich, nachsprechen; wobei darauf zu sehen ist, daß keines
stillschweigt, oder Wörter verschluckt. b) Der Schullehrer muß allen
Fleiß daran wenden, daß sowohl bei dem Vorsprechen, als bei dem
Nachsprechen sämmtlicher Kinder, Ton und Nachdruck auf die Worte
gelegt werden, auf welche es ankommt; damit der äußerst widrige,
singende und einförmige Mißklang, mit welchem die Kinder gewöhnlich

wüſten und lauten Geſchrei lernen die Kinder nie gehörig ſingen.
Wenn eins oder mehrere falſch ſingen, ſo giebt der Schulhalter ein
Zeichen, daß alle einhalten ſollen, und hilft ſodann den falſch ſingenden
in den rechten Ton ein. Dieſes alles wird um ſo leichter gehen, je
mehr der Schullehrer darauf hält, daß langſam und mit gemäßigter
Stimme geſungen wird. Bei dem Gebet muß der Lehrer a) vor allen
Dingen darauf ſehen, daß er durch ſein eignes Beiſpiel die Kinder
zur wahren Ehrfurcht und Andacht erwecke; da er ſonſt durch das
Gegentheil an ihrer Zerſtreuung, Leichtſinn und Gedankenloſigkeit bei
der Gebetsübung Schuld wird. b) Das Gebet ſelbſt muß kurz ſein,
und hauptſächlich die Bitte enthalten: daß der himmliſche Vater um
Jeſu Chriſti ſeines Sohnes willen die Kinder gnädig anſehen, ſie
unter der Leitung des heiligen Geiſtes in ihrer Schularbeit ſegnen,
und zu Menſchen bilden möchte, die in ſeinem Gnadenbund ſtehen,
ihm wohlgefällig und dem Nächſten in dem von Gott ihnen ange-
wieſenen Beruf nützlich werden, damit ihr ganzes Leben eine Vorbe-
reitung zur ſeligen Ewigkeit ſei. c) Im Schlußgebet dankt er im
Namen der Kinder für die Gnade des chriſtlichen Unterrichts, erbittet
für alle Verſündigungen durch Leichtſinn, Ungehorſam ꝛc. die väter-
liche Vergebung durch Chriſtum, und empfiehlt die Kinder der Auf-
ſicht des Geiſtes Gottes auch außer der Schule, damit ſie die Freude
ihrer Eltern werden, und an Gnade bei Gott und den Menſchen zu-
nehmen mögen. — 3) Bei dem Auswendiglernen der monatlich auf-
gegebenen Pſalme und Hauptſprüche zum Beweiſe der im Catechismus
vorgetragenen Lehren, (wozu auch am Sonnabend das Leſen der
evangeliſchen und epiſtoliſchen Texte kommen kann) iſt Folgendes zu
beobachten: a) Der Schulhalter ſpricht entweder ſelbſt, von Vers zu
Vers (oder nach den Hauptabſchnitten des Verſes), den Pſalm oder
Spruch vor, oder er läßt dieſes von einem der fertigſten Knaben thun,
und zwar bald von dieſem, bald von jenem; das auf dieſe Art Vor-
geſprochene müſſen ſämmtliche Kinder, ſogleich, nicht allzulaut, aber
doch verſtändlich, nachſprechen; wobei darauf zu ſehen iſt, daß keines
ſtillſchweigt, oder Wörter verſchluckt. b) Der Schullehrer muß allen
Fleiß daran wenden, daß ſowohl bei dem Vorſprechen, als bei dem
Nachſprechen ſämmtlicher Kinder, Ton und Nachdruck auf die Worte
gelegt werden, auf welche es ankommt; damit der äußerſt widrige,
ſingende und einförmige Mißklang, mit welchem die Kinder gewöhnlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0117" n="103"/>&#x017F;ten und lauten Ge&#x017F;chrei lernen die Kinder nie gehörig &#x017F;ingen.<lb/>
Wenn eins oder mehrere fal&#x017F;ch &#x017F;ingen, &#x017F;o giebt der Schulhalter ein<lb/>
Zeichen, daß alle einhalten &#x017F;ollen, und hilft &#x017F;odann den fal&#x017F;ch &#x017F;ingenden<lb/>
in den rechten Ton ein. Die&#x017F;es alles wird um &#x017F;o leichter gehen, je<lb/>
mehr der Schullehrer darauf hält, daß lang&#x017F;am und mit gemäßigter<lb/>
Stimme ge&#x017F;ungen wird. Bei dem Gebet muß der Lehrer <hi rendition="#aq">a</hi>) vor allen<lb/>
Dingen darauf &#x017F;ehen, daß er durch &#x017F;ein eignes Bei&#x017F;piel die Kinder<lb/>
zur wahren Ehrfurcht und Andacht erwecke; da er &#x017F;on&#x017F;t durch das<lb/>
Gegentheil an ihrer Zer&#x017F;treuung, Leicht&#x017F;inn und Gedankenlo&#x017F;igkeit bei<lb/>
der Gebetsübung Schuld wird. <hi rendition="#aq">b</hi>) Das Gebet &#x017F;elb&#x017F;t muß kurz &#x017F;ein,<lb/>
und haupt&#x017F;ächlich die Bitte enthalten: daß der himmli&#x017F;che Vater um<lb/>
Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti &#x017F;eines Sohnes willen die Kinder gnädig an&#x017F;ehen, &#x017F;ie<lb/>
unter der Leitung des heiligen Gei&#x017F;tes in ihrer Schularbeit &#x017F;egnen,<lb/>
und zu Men&#x017F;chen bilden möchte, die in &#x017F;einem Gnadenbund &#x017F;tehen,<lb/>
ihm wohlgefällig und dem Näch&#x017F;ten in dem von Gott ihnen ange-<lb/>
wie&#x017F;enen Beruf nützlich werden, damit ihr ganzes Leben eine Vorbe-<lb/>
reitung zur &#x017F;eligen Ewigkeit &#x017F;ei. <hi rendition="#aq">c</hi>) Im Schlußgebet dankt er im<lb/>
Namen der Kinder für die Gnade des chri&#x017F;tlichen Unterrichts, erbittet<lb/>
für alle Ver&#x017F;ündigungen durch Leicht&#x017F;inn, Ungehor&#x017F;am &#xA75B;c. die väter-<lb/>
liche Vergebung durch Chri&#x017F;tum, und empfiehlt die Kinder der Auf-<lb/>
&#x017F;icht des Gei&#x017F;tes Gottes auch außer der Schule, damit &#x017F;ie die Freude<lb/>
ihrer Eltern werden, und an Gnade bei Gott und den Men&#x017F;chen zu-<lb/>
nehmen mögen. &#x2014; 3) Bei dem Auswendiglernen der monatlich auf-<lb/>
gegebenen P&#x017F;alme und Haupt&#x017F;prüche zum Bewei&#x017F;e der im Catechismus<lb/>
vorgetragenen Lehren, (wozu auch am Sonnabend das Le&#x017F;en der<lb/>
evangeli&#x017F;chen und epi&#x017F;toli&#x017F;chen Texte kommen kann) i&#x017F;t Folgendes zu<lb/>
beobachten: <hi rendition="#aq">a</hi>) Der Schulhalter &#x017F;pricht entweder &#x017F;elb&#x017F;t, von Vers zu<lb/>
Vers (oder nach den Hauptab&#x017F;chnitten des Ver&#x017F;es), den P&#x017F;alm oder<lb/>
Spruch vor, oder er läßt die&#x017F;es von einem der fertig&#x017F;ten Knaben thun,<lb/>
und zwar bald von die&#x017F;em, bald von jenem; das auf die&#x017F;e Art Vor-<lb/>
ge&#x017F;prochene mü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ämmtliche Kinder, &#x017F;ogleich, nicht allzulaut, aber<lb/>
doch ver&#x017F;tändlich, nach&#x017F;prechen; wobei darauf zu &#x017F;ehen i&#x017F;t, daß keines<lb/>
&#x017F;till&#x017F;chweigt, oder Wörter ver&#x017F;chluckt. <hi rendition="#aq">b</hi>) Der Schullehrer muß allen<lb/>
Fleiß daran wenden, daß &#x017F;owohl bei dem Vor&#x017F;prechen, als bei dem<lb/>
Nach&#x017F;prechen &#x017F;ämmtlicher Kinder, Ton und Nachdruck auf <hi rendition="#g">die</hi> Worte<lb/>
gelegt werden, auf welche es ankommt; damit der äußer&#x017F;t widrige,<lb/>
&#x017F;ingende und einförmige Mißklang, mit welchem die Kinder gewöhnlich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0117] wüſten und lauten Geſchrei lernen die Kinder nie gehörig ſingen. Wenn eins oder mehrere falſch ſingen, ſo giebt der Schulhalter ein Zeichen, daß alle einhalten ſollen, und hilft ſodann den falſch ſingenden in den rechten Ton ein. Dieſes alles wird um ſo leichter gehen, je mehr der Schullehrer darauf hält, daß langſam und mit gemäßigter Stimme geſungen wird. Bei dem Gebet muß der Lehrer a) vor allen Dingen darauf ſehen, daß er durch ſein eignes Beiſpiel die Kinder zur wahren Ehrfurcht und Andacht erwecke; da er ſonſt durch das Gegentheil an ihrer Zerſtreuung, Leichtſinn und Gedankenloſigkeit bei der Gebetsübung Schuld wird. b) Das Gebet ſelbſt muß kurz ſein, und hauptſächlich die Bitte enthalten: daß der himmliſche Vater um Jeſu Chriſti ſeines Sohnes willen die Kinder gnädig anſehen, ſie unter der Leitung des heiligen Geiſtes in ihrer Schularbeit ſegnen, und zu Menſchen bilden möchte, die in ſeinem Gnadenbund ſtehen, ihm wohlgefällig und dem Nächſten in dem von Gott ihnen ange- wieſenen Beruf nützlich werden, damit ihr ganzes Leben eine Vorbe- reitung zur ſeligen Ewigkeit ſei. c) Im Schlußgebet dankt er im Namen der Kinder für die Gnade des chriſtlichen Unterrichts, erbittet für alle Verſündigungen durch Leichtſinn, Ungehorſam ꝛc. die väter- liche Vergebung durch Chriſtum, und empfiehlt die Kinder der Auf- ſicht des Geiſtes Gottes auch außer der Schule, damit ſie die Freude ihrer Eltern werden, und an Gnade bei Gott und den Menſchen zu- nehmen mögen. — 3) Bei dem Auswendiglernen der monatlich auf- gegebenen Pſalme und Hauptſprüche zum Beweiſe der im Catechismus vorgetragenen Lehren, (wozu auch am Sonnabend das Leſen der evangeliſchen und epiſtoliſchen Texte kommen kann) iſt Folgendes zu beobachten: a) Der Schulhalter ſpricht entweder ſelbſt, von Vers zu Vers (oder nach den Hauptabſchnitten des Verſes), den Pſalm oder Spruch vor, oder er läßt dieſes von einem der fertigſten Knaben thun, und zwar bald von dieſem, bald von jenem; das auf dieſe Art Vor- geſprochene müſſen ſämmtliche Kinder, ſogleich, nicht allzulaut, aber doch verſtändlich, nachſprechen; wobei darauf zu ſehen iſt, daß keines ſtillſchweigt, oder Wörter verſchluckt. b) Der Schullehrer muß allen Fleiß daran wenden, daß ſowohl bei dem Vorſprechen, als bei dem Nachſprechen ſämmtlicher Kinder, Ton und Nachdruck auf die Worte gelegt werden, auf welche es ankommt; damit der äußerſt widrige, ſingende und einförmige Mißklang, mit welchem die Kinder gewöhnlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/117
Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/117>, abgerufen am 24.11.2024.