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Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

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genießt, oder ein Stücklein Käs, und wie sie gleich dem Kayser Wohlthaten austheilen können, und Jung und Alt froh machen umsonst, und im Winter allein nicht heimgehen. Nein sie bleiben draussen und weisen den Wandersmann zurecht, wenn Fahrwege und Fußpfade verschneyt sind. Rechts - jezt links - jezt noch ein wenig links über das Berglein."

"Hausfreund," sagt der Adjunkt, "wenn ihr einmal Vogt werdet, Stabhalter seyd ihr schon, oder gar Kreisrath, das Alter hättet ihr, so müßt Ihr euere Untergebenen fleißig zur Baumzucht und zur Gottseligkeit anhalten, und ihnen selber mit einem guten Beyspiel voranleuchten. Ihr könnt euerer Gemeinde keinen größeren Segen hinterlassen. Denn ein Baum, wenn er gesezt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig, wenn er aber groß ist, so ist er ein Kapital für die Kinder, und trägt dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens."

Wenn ich mir einmal so viel bei euch erworben habe, sagt der Adjunkt zum Hausfreund, daß ich mir ein eigenes Gütlein kaufen, und meiner Frau Schwiegermutter ihre Tochter heyrathen kann, und der liebe Gott beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes Bäumlein, und das Bäumlein muß heißen wie das Kind, Ludwig, Johannes, Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Vermögen, und ich sehe zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen, und immer schöner werden, und wie nach wenig Jahren das Büblein selber auf sein Kapital klettert und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan, und begrabe es unter sein Bäumlein, und wenn alsdann der Frühling wiederkehrt, und alle Bäume stehen wie Auferstandene von den Todten in ihrer Verklärung da, voll Blüthen und Sommervögel und Hoffnung, so lege ich mich an das Grab, und rufe leise hinab: "Stilles Kind, dein Bäumlein blüht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maytag bleibt dir auch nicht aus."

Er ist kein unwäger Mensch der Adjunkt.


genießt, oder ein Stücklein Käs, und wie sie gleich dem Kayser Wohlthaten austheilen können, und Jung und Alt froh machen umsonst, und im Winter allein nicht heimgehen. Nein sie bleiben draussen und weisen den Wandersmann zurecht, wenn Fahrwege und Fußpfade verschneyt sind. Rechts – jezt links – jezt noch ein wenig links über das Berglein.“

„Hausfreund,“ sagt der Adjunkt, „wenn ihr einmal Vogt werdet, Stabhalter seyd ihr schon, oder gar Kreisrath, das Alter hättet ihr, so müßt Ihr euere Untergebenen fleißig zur Baumzucht und zur Gottseligkeit anhalten, und ihnen selber mit einem guten Beyspiel voranleuchten. Ihr könnt euerer Gemeinde keinen größeren Segen hinterlassen. Denn ein Baum, wenn er gesezt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig, wenn er aber groß ist, so ist er ein Kapital für die Kinder, und trägt dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.“

Wenn ich mir einmal so viel bei euch erworben habe, sagt der Adjunkt zum Hausfreund, daß ich mir ein eigenes Gütlein kaufen, und meiner Frau Schwiegermutter ihre Tochter heyrathen kann, und der liebe Gott beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes Bäumlein, und das Bäumlein muß heißen wie das Kind, Ludwig, Johannes, Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Vermögen, und ich sehe zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen, und immer schöner werden, und wie nach wenig Jahren das Büblein selber auf sein Kapital klettert und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan, und begrabe es unter sein Bäumlein, und wenn alsdann der Frühling wiederkehrt, und alle Bäume stehen wie Auferstandene von den Todten in ihrer Verklärung da, voll Blüthen und Sommervögel und Hoffnung, so lege ich mich an das Grab, und rufe leise hinab: „Stilles Kind, dein Bäumlein blüht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maytag bleibt dir auch nicht aus.“

Er ist kein unwäger Mensch der Adjunkt.


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[291/0299] genießt, oder ein Stücklein Käs, und wie sie gleich dem Kayser Wohlthaten austheilen können, und Jung und Alt froh machen umsonst, und im Winter allein nicht heimgehen. Nein sie bleiben draussen und weisen den Wandersmann zurecht, wenn Fahrwege und Fußpfade verschneyt sind. Rechts – jezt links – jezt noch ein wenig links über das Berglein.“ „Hausfreund,“ sagt der Adjunkt, „wenn ihr einmal Vogt werdet, Stabhalter seyd ihr schon, oder gar Kreisrath, das Alter hättet ihr, so müßt Ihr euere Untergebenen fleißig zur Baumzucht und zur Gottseligkeit anhalten, und ihnen selber mit einem guten Beyspiel voranleuchten. Ihr könnt euerer Gemeinde keinen größeren Segen hinterlassen. Denn ein Baum, wenn er gesezt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig, wenn er aber groß ist, so ist er ein Kapital für die Kinder, und trägt dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.“ Wenn ich mir einmal so viel bei euch erworben habe, sagt der Adjunkt zum Hausfreund, daß ich mir ein eigenes Gütlein kaufen, und meiner Frau Schwiegermutter ihre Tochter heyrathen kann, und der liebe Gott beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes Bäumlein, und das Bäumlein muß heißen wie das Kind, Ludwig, Johannes, Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Vermögen, und ich sehe zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen, und immer schöner werden, und wie nach wenig Jahren das Büblein selber auf sein Kapital klettert und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan, und begrabe es unter sein Bäumlein, und wenn alsdann der Frühling wiederkehrt, und alle Bäume stehen wie Auferstandene von den Todten in ihrer Verklärung da, voll Blüthen und Sommervögel und Hoffnung, so lege ich mich an das Grab, und rufe leise hinab: „Stilles Kind, dein Bäumlein blüht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maytag bleibt dir auch nicht aus.“ Er ist kein unwäger Mensch der Adjunkt.

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Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/299>, abgerufen am 25.11.2024.