Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

war daher der Luftzug etwas zu lebhaft. Also ersuchte er nach der Ablösung den Unterofficier, obs nicht besser wäre, wenn man diese Oeffnungen mit ein paar Brettlein vernagelte. Der Unterofficier strich den Bart und sagte: Nein das geht nicht an, wegen dem Winter. Im Winter kommen Ermel hinein, im Sommer ists ein Camisol. Also streckte der Rekrut, als er wieder auf den Posten kam, die Hände hindurch, und sagte, jezt sey er erst gern Militär, weil er sehe, daß man doch auch für die Bequemlichkeit des Mannes sorge.


Wie der ZundelFrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich und glücklich über die Gränzen kam.

Eines Tages als der Frieder den Weg aus dem Zuchthaus allein gefunden hatte, und dachte: "ich will so früh den Zuchtmeister nicht wecken," und als schon auf allen Straßen Steckbriefe voran flogen, gelangte er Abends noch unbeschrieen an ein Städtlein an der Gränze. Als ihn hier die Schildwache anhalten wollte, wer er sey, und wie er hieße, und was er im Schilde führe; "Könnt ihr polnisch?" fragte herzhaft der Frieder die Schildwache. Die Schildwache sagt: "Ausländisch kann ich ein wenig, ja! Aber polnisches bin ich noch nicht darunter gewahr worden." "Wenn das ist," sagte der Frieder, "so werden wir uns schlecht gegeneinander expliciren können. Ob kein Officier oder Wachtmeister am Thor sey?" Die Schildwache holt den Thorwächter, es sey ein Polack an dem Schlagbaum, gegen den sie sich schlecht expliciren könne. Der Thorwächter

war daher der Luftzug etwas zu lebhaft. Also ersuchte er nach der Ablösung den Unterofficier, obs nicht besser wäre, wenn man diese Oeffnungen mit ein paar Brettlein vernagelte. Der Unterofficier strich den Bart und sagte: Nein das geht nicht an, wegen dem Winter. Im Winter kommen Ermel hinein, im Sommer ists ein Camisol. Also streckte der Rekrut, als er wieder auf den Posten kam, die Hände hindurch, und sagte, jezt sey er erst gern Militär, weil er sehe, daß man doch auch für die Bequemlichkeit des Mannes sorge.


Wie der ZundelFrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich und glücklich über die Gränzen kam.

Eines Tages als der Frieder den Weg aus dem Zuchthaus allein gefunden hatte, und dachte: „ich will so früh den Zuchtmeister nicht wecken,“ und als schon auf allen Straßen Steckbriefe voran flogen, gelangte er Abends noch unbeschrieen an ein Städtlein an der Gränze. Als ihn hier die Schildwache anhalten wollte, wer er sey, und wie er hieße, und was er im Schilde führe; „Könnt ihr polnisch?“ fragte herzhaft der Frieder die Schildwache. Die Schildwache sagt: „Ausländisch kann ich ein wenig, ja! Aber polnisches bin ich noch nicht darunter gewahr worden.“ „Wenn das ist,“ sagte der Frieder, „so werden wir uns schlecht gegeneinander expliciren können. Ob kein Officier oder Wachtmeister am Thor sey?“ Die Schildwache holt den Thorwächter, es sey ein Polack an dem Schlagbaum, gegen den sie sich schlecht expliciren könne. Der Thorwächter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="266"/>
war daher der Luftzug etwas zu lebhaft. Also ersuchte er nach der Ablösung den Unterofficier, obs nicht besser wäre, wenn man diese Oeffnungen mit ein paar Brettlein vernagelte. Der Unterofficier strich den Bart und sagte: Nein das geht nicht an, wegen dem Winter. Im Winter kommen Ermel hinein, im Sommer ists ein Camisol. Also streckte der Rekrut, als er wieder auf den Posten kam, die Hände hindurch, und sagte, jezt sey er erst gern Militär, weil er sehe, daß man doch auch für die Bequemlichkeit des Mannes sorge.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Wie der ZundelFrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich und glücklich über die Gränzen kam.</head><lb/>
        <p>Eines Tages als der Frieder den Weg aus dem Zuchthaus allein gefunden hatte, und dachte: &#x201E;ich will so früh den Zuchtmeister nicht wecken,&#x201C; und als schon auf allen Straßen Steckbriefe voran flogen, gelangte er Abends noch unbeschrieen an ein Städtlein an der Gränze. Als ihn hier die Schildwache anhalten wollte, wer er sey, und wie er hieße, und was er im Schilde führe; &#x201E;Könnt ihr polnisch?&#x201C; fragte herzhaft der Frieder die Schildwache. Die Schildwache sagt: &#x201E;Ausländisch kann ich ein wenig, ja! Aber polnisches bin ich noch nicht darunter gewahr worden.&#x201C; &#x201E;Wenn das ist,&#x201C; sagte der Frieder, &#x201E;so werden wir uns schlecht gegeneinander expliciren können. Ob kein Officier oder Wachtmeister am Thor sey?&#x201C; Die Schildwache holt den Thorwächter, es sey ein Polack an dem Schlagbaum, gegen den sie sich schlecht expliciren könne. Der Thorwächter
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0274] war daher der Luftzug etwas zu lebhaft. Also ersuchte er nach der Ablösung den Unterofficier, obs nicht besser wäre, wenn man diese Oeffnungen mit ein paar Brettlein vernagelte. Der Unterofficier strich den Bart und sagte: Nein das geht nicht an, wegen dem Winter. Im Winter kommen Ermel hinein, im Sommer ists ein Camisol. Also streckte der Rekrut, als er wieder auf den Posten kam, die Hände hindurch, und sagte, jezt sey er erst gern Militär, weil er sehe, daß man doch auch für die Bequemlichkeit des Mannes sorge. Wie der ZundelFrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich und glücklich über die Gränzen kam. Eines Tages als der Frieder den Weg aus dem Zuchthaus allein gefunden hatte, und dachte: „ich will so früh den Zuchtmeister nicht wecken,“ und als schon auf allen Straßen Steckbriefe voran flogen, gelangte er Abends noch unbeschrieen an ein Städtlein an der Gränze. Als ihn hier die Schildwache anhalten wollte, wer er sey, und wie er hieße, und was er im Schilde führe; „Könnt ihr polnisch?“ fragte herzhaft der Frieder die Schildwache. Die Schildwache sagt: „Ausländisch kann ich ein wenig, ja! Aber polnisches bin ich noch nicht darunter gewahr worden.“ „Wenn das ist,“ sagte der Frieder, „so werden wir uns schlecht gegeneinander expliciren können. Ob kein Officier oder Wachtmeister am Thor sey?“ Die Schildwache holt den Thorwächter, es sey ein Polack an dem Schlagbaum, gegen den sie sich schlecht expliciren könne. Der Thorwächter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/274
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/274>, abgerufen am 21.11.2024.