Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
einen Choral) Sie singen: Nun danket Alle Gott! (sie faltet die Hände) Ja! Ja! Wenn meine Mutter gestorben wäre, nie wär' ich wieder ruhig geworden, denn -- -- (mit einem Blick gen Himmel) Aber Du bist gnädig, Du bist barmherzig! Ich wollt', ich hätt' einen Glauben, wie die Katholischen, daß ich Dir Etwas schenken dürfte! Meine ganze Sparbüchse wollt' ich leeren, und Dir ein schönes vergoldetes Herz kaufen, und es mit Rosen umwinden. Unser Pfarrer sagt, vor Dir seyen die Opfer Nichts, denn Alles sey Dein, und man müßte Dir das, was Du schon hast, nicht erst geben wollen! Aber Alles, was im Hause ist, gehört meinem Vater doch auch, und dennoch sieht er's gar gern, wenn ich ihm für sein eignes Geld ein Tuch kaufe, und es sauber sticke, und ihm zum Geburtstag auf den Teller lege. Ja, er thut mir die Ehre an und trägt's nur an den höchsten Feiertagen, zu Weihnacht oder zu Pfingsten! Einmal sah ich ein ganz kleines katholisches Mädchen, das seine Kirschen zum Altar trug. Wie gefiel mir das! Es waren die ersten im Jahr, die das Kind bekam, ich sah, wie es brannte, sie zu essen! Dennoch
einen Choral) Sie ſingen: Nun danket Alle Gott! (ſie faltet die Hände) Ja! Ja! Wenn meine Mutter geſtorben wäre, nie wär’ ich wieder ruhig geworden, denn — — (mit einem Blick gen Himmel) Aber Du biſt gnädig, Du biſt barmherzig! Ich wollt’, ich hätt’ einen Glauben, wie die Katholiſchen, daß ich Dir Etwas ſchenken dürfte! Meine ganze Sparbüchſe wollt’ ich leeren, und Dir ein ſchönes vergoldetes Herz kaufen, und es mit Roſen umwinden. Unſer Pfarrer ſagt, vor Dir ſeyen die Opfer Nichts, denn Alles ſey Dein, und man müßte Dir das, was Du ſchon haſt, nicht erſt geben wollen! Aber Alles, was im Hauſe iſt, gehört meinem Vater doch auch, und dennoch ſieht er’s gar gern, wenn ich ihm für ſein eignes Geld ein Tuch kaufe, und es ſauber ſticke, und ihm zum Geburtstag auf den Teller lege. Ja, er thut mir die Ehre an und trägt’s nur an den höchſten Feiertagen, zu Weihnacht oder zu Pfingſten! Einmal ſah ich ein ganz kleines katholiſches Mädchen, das ſeine Kirſchen zum Altar trug. Wie gefiel mir das! Es waren die erſten im Jahr, die das Kind bekam, ich ſah, wie es brannte, ſie zu eſſen! Dennoch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KLARA"> <stage><pb facs="#f0082" n="14"/> einen Choral)</stage> <p>Sie ſingen: Nun danket Alle Gott!</p> <stage>(ſie<lb/> faltet die Hände)</stage> <p>Ja! Ja! Wenn meine Mutter geſtorben<lb/> wäre, nie wär’ ich wieder ruhig geworden, denn —<lb/> —</p> <stage>(mit einem Blick gen Himmel)</stage> <p>Aber Du biſt gnädig,<lb/> Du biſt barmherzig! Ich wollt’, ich hätt’ einen<lb/> Glauben, wie die Katholiſchen, daß ich Dir<lb/> Etwas ſchenken dürfte! Meine ganze Sparbüchſe<lb/> wollt’ ich leeren, und Dir ein ſchönes vergoldetes<lb/> Herz kaufen, und es mit Roſen umwinden. Unſer<lb/> Pfarrer ſagt, vor Dir ſeyen die Opfer Nichts, denn<lb/> Alles ſey Dein, und man müßte Dir das, was Du<lb/> ſchon haſt, nicht erſt geben wollen! Aber Alles, was<lb/> im Hauſe iſt, gehört meinem Vater doch auch, und<lb/> dennoch ſieht er’s gar gern, wenn ich ihm für ſein<lb/> eignes Geld ein Tuch kaufe, und es ſauber ſticke,<lb/> und ihm zum Geburtstag auf den Teller lege. Ja,<lb/> er thut mir die Ehre an und trägt’s nur an den<lb/> höchſten Feiertagen, zu Weihnacht oder zu Pfingſten!<lb/> Einmal ſah ich ein ganz kleines katholiſches Mädchen,<lb/> das ſeine Kirſchen zum Altar trug. Wie gefiel mir<lb/> das! Es waren die erſten im Jahr, die das Kind<lb/> bekam, ich ſah, wie es brannte, ſie zu eſſen! Dennoch<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0082]
einen Choral) Sie ſingen: Nun danket Alle Gott! (ſie
faltet die Hände) Ja! Ja! Wenn meine Mutter geſtorben
wäre, nie wär’ ich wieder ruhig geworden, denn —
— (mit einem Blick gen Himmel) Aber Du biſt gnädig,
Du biſt barmherzig! Ich wollt’, ich hätt’ einen
Glauben, wie die Katholiſchen, daß ich Dir
Etwas ſchenken dürfte! Meine ganze Sparbüchſe
wollt’ ich leeren, und Dir ein ſchönes vergoldetes
Herz kaufen, und es mit Roſen umwinden. Unſer
Pfarrer ſagt, vor Dir ſeyen die Opfer Nichts, denn
Alles ſey Dein, und man müßte Dir das, was Du
ſchon haſt, nicht erſt geben wollen! Aber Alles, was
im Hauſe iſt, gehört meinem Vater doch auch, und
dennoch ſieht er’s gar gern, wenn ich ihm für ſein
eignes Geld ein Tuch kaufe, und es ſauber ſticke,
und ihm zum Geburtstag auf den Teller lege. Ja,
er thut mir die Ehre an und trägt’s nur an den
höchſten Feiertagen, zu Weihnacht oder zu Pfingſten!
Einmal ſah ich ein ganz kleines katholiſches Mädchen,
das ſeine Kirſchen zum Altar trug. Wie gefiel mir
das! Es waren die erſten im Jahr, die das Kind
bekam, ich ſah, wie es brannte, ſie zu eſſen! Dennoch
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