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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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darf, ohne in dem letzten Fall einen Tadel, oder
in dem ersten ein specielles Lob zu verdienen, wird,
wenn man ihn nur über die Negation hinaus da-
hin erweitert, daß das Drama dessenungeachtet
den höchsten Gehalt der Geschichte in sich auf-
nehmen kann und soll, in voller Kraft verbleiben,
am wenigsten aber durch Shakspeare's Beispiel, in
dessen historischen Dramen die auf das Aparte zu-
weilen etwas versessene romantische Schule plötzlich
mehr finden wollte, als in seinen übrigen, des grö-
ßeren Gesichtskreises wegen unzweifelhaft höher ste-
henden Stücken, umgestoßen werden, denn Shak-
speare scheuerte nicht etwa die "alten Schaumünzen"
mit dem Kopf Wilhelm's des Eroberers der König
Ethelred's wieder blank, sondern mit jenem großar-
tigen Blick in das wahrhaft Lebendige, der diesen
einzigen Mann nicht sowohl auszeichnet, als ihn
macht, stellte er dar, was noch im Bewußtseyn sei-
nes Volks lebte, weil es noch daran zu tragen und
zu zehren hatte, den Krieg der rothen Rose mit
der weißen, die Höllen-Ausgeburten des Kampfes
und die, in der deshalb so "fromm und maaßvoll"
gehaltenen Person Richmond's aufdämmernden Seg-

darf, ohne in dem letzten Fall einen Tadel, oder
in dem erſten ein ſpecielles Lob zu verdienen, wird,
wenn man ihn nur über die Negation hinaus da-
hin erweitert, daß das Drama deſſenungeachtet
den höchſten Gehalt der Geſchichte in ſich auf-
nehmen kann und ſoll, in voller Kraft verbleiben,
am wenigſten aber durch Shakſpeare’s Beiſpiel, in
deſſen hiſtoriſchen Dramen die auf das Aparte zu-
weilen etwas verſeſſene romantiſche Schule plötzlich
mehr finden wollte, als in ſeinen übrigen, des grö-
ßeren Geſichtskreiſes wegen unzweifelhaft höher ſte-
henden Stücken, umgeſtoßen werden, denn Shak-
ſpeare ſcheuerte nicht etwa die „alten Schaumünzen“
mit dem Kopf Wilhelm’s des Eroberers der König
Ethelred’s wieder blank, ſondern mit jenem großar-
tigen Blick in das wahrhaft Lebendige, der dieſen
einzigen Mann nicht ſowohl auszeichnet, als ihn
macht, ſtellte er dar, was noch im Bewußtſeyn ſei-
nes Volks lebte, weil es noch daran zu tragen und
zu zehren hatte, den Krieg der rothen Roſe mit
der weißen, die Höllen-Ausgeburten des Kampfes
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[XXXVIII/0058] darf, ohne in dem letzten Fall einen Tadel, oder in dem erſten ein ſpecielles Lob zu verdienen, wird, wenn man ihn nur über die Negation hinaus da- hin erweitert, daß das Drama deſſenungeachtet den höchſten Gehalt der Geſchichte in ſich auf- nehmen kann und ſoll, in voller Kraft verbleiben, am wenigſten aber durch Shakſpeare’s Beiſpiel, in deſſen hiſtoriſchen Dramen die auf das Aparte zu- weilen etwas verſeſſene romantiſche Schule plötzlich mehr finden wollte, als in ſeinen übrigen, des grö- ßeren Geſichtskreiſes wegen unzweifelhaft höher ſte- henden Stücken, umgeſtoßen werden, denn Shak- ſpeare ſcheuerte nicht etwa die „alten Schaumünzen“ mit dem Kopf Wilhelm’s des Eroberers der König Ethelred’s wieder blank, ſondern mit jenem großar- tigen Blick in das wahrhaft Lebendige, der dieſen einzigen Mann nicht ſowohl auszeichnet, als ihn macht, ſtellte er dar, was noch im Bewußtſeyn ſei- nes Volks lebte, weil es noch daran zu tragen und zu zehren hatte, den Krieg der rothen Roſe mit der weißen, die Höllen-Ausgeburten des Kampfes und die, in der deshalb ſo „fromm und maaßvoll“ gehaltenen Perſon Richmond’s aufdämmernden Seg-

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. XXXVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/58>, abgerufen am 22.11.2024.