Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Meister Anton.
Sieh' doch zu! (setzt sich nieder) Ich kann nicht!
(Karl ab) Und doch! (steht wieder auf) Wenn ich Ihn
(zum Secretair) recht verstanden habe, so ist Alles
gut.
Karl.
(kommt zurück) Klara! Todt! Der Kopf gräß-
lich am Brunnenrand zerschmettert, als sie -- Vater
sie ist nicht hinein gestürzt, sie ist hinein gesprun-
gen
, eine Magd hat's gesehen!
Meister Anton.
Die soll sich's überlegen, eh' sie spricht! Es ist
nicht hell genug, daß sie das mit Bestimmtheit hat
unterscheiden können!
Secretair.
Zweifelt Er? Er mögte wohl, aber Er kann
nicht! Denk' Er nur an das, was Er ihr gesagt
hat! Er hat sie auf den Weg des Todes hinaus
gewiesen, ich, ich bin Schuld, daß sie nicht wieder
umgekehrt ist. Er dachte, als er ihren Jam-
mer ahnte, an die Zungen, die hinter ihm her-
zischeln würden, aber nicht an die Nichtswürdigkeit
Meiſter Anton.
Sieh’ doch zu! (ſetzt ſich nieder) Ich kann nicht!
(Karl ab) Und doch! (ſteht wieder auf) Wenn ich Ihn
(zum Secretair) recht verſtanden habe, ſo iſt Alles
gut.
Karl.
(kommt zurück) Klara! Todt! Der Kopf gräß-
lich am Brunnenrand zerſchmettert, als ſie — Vater
ſie iſt nicht hinein geſtürzt, ſie iſt hinein geſprun-
gen
, eine Magd hat’s geſehen!
Meiſter Anton.
Die ſoll ſich’s überlegen, eh’ ſie ſpricht! Es iſt
nicht hell genug, daß ſie das mit Beſtimmtheit hat
unterſcheiden können!
Secretair.
Zweifelt Er? Er mögte wohl, aber Er kann
nicht! Denk’ Er nur an das, was Er ihr geſagt
hat! Er hat ſie auf den Weg des Todes hinaus
gewieſen, ich, ich bin Schuld, daß ſie nicht wieder
umgekehrt iſt. Er dachte, als er ihren Jam-
mer ahnte, an die Zungen, die hinter ihm her-
ziſcheln würden, aber nicht an die Nichtswürdigkeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0192" n="124"/>
          <sp who="#ANTON">
            <speaker><hi rendition="#g">Mei&#x017F;ter Anton</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Sieh&#x2019; doch zu!</p>
            <stage>(&#x017F;etzt &#x017F;ich nieder)</stage>
            <p>Ich kann nicht!</p><lb/>
            <stage>(Karl ab)</stage>
            <p>Und doch!</p>
            <stage>(&#x017F;teht wieder auf)</stage>
            <p>Wenn ich Ihn</p><lb/>
            <stage>(zum Secretair)</stage>
            <p>recht ver&#x017F;tanden habe, &#x017F;o i&#x017F;t Alles<lb/>
gut.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAR">
            <speaker><hi rendition="#g">Karl</hi>.</speaker><lb/>
            <stage>(kommt zurück)</stage>
            <p>Klara! Todt! Der Kopf gräß-<lb/>
lich am Brunnenrand zer&#x017F;chmettert, als &#x017F;ie &#x2014; Vater<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t nicht hinein <hi rendition="#g">ge&#x017F;türzt</hi>, &#x017F;ie i&#x017F;t hinein <hi rendition="#g">ge&#x017F;prun-<lb/>
gen</hi>, eine Magd hat&#x2019;s ge&#x017F;ehen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANTON">
            <speaker><hi rendition="#g">Mei&#x017F;ter Anton</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Die &#x017F;oll &#x017F;ich&#x2019;s überlegen, eh&#x2019; &#x017F;ie &#x017F;pricht! Es i&#x017F;t<lb/>
nicht hell genug, daß &#x017F;ie das mit Be&#x017F;timmtheit hat<lb/>
unter&#x017F;cheiden können!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SECRE">
            <speaker><hi rendition="#g">Secretair</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Zweifelt Er? Er mögte wohl, aber Er kann<lb/>
nicht! Denk&#x2019; Er nur an das, was Er ihr ge&#x017F;agt<lb/>
hat! Er hat &#x017F;ie auf den Weg des Todes hinaus<lb/>
gewie&#x017F;en, ich, ich bin Schuld, daß &#x017F;ie nicht wieder<lb/>
umgekehrt i&#x017F;t. Er dachte, als er ihren Jam-<lb/>
mer ahnte, an die <hi rendition="#g">Zungen</hi>, die hinter ihm her-<lb/>
zi&#x017F;cheln würden, aber nicht an die <hi rendition="#g">Nichtswürdigkeit</hi><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0192] Meiſter Anton. Sieh’ doch zu! (ſetzt ſich nieder) Ich kann nicht! (Karl ab) Und doch! (ſteht wieder auf) Wenn ich Ihn (zum Secretair) recht verſtanden habe, ſo iſt Alles gut. Karl. (kommt zurück) Klara! Todt! Der Kopf gräß- lich am Brunnenrand zerſchmettert, als ſie — Vater ſie iſt nicht hinein geſtürzt, ſie iſt hinein geſprun- gen, eine Magd hat’s geſehen! Meiſter Anton. Die ſoll ſich’s überlegen, eh’ ſie ſpricht! Es iſt nicht hell genug, daß ſie das mit Beſtimmtheit hat unterſcheiden können! Secretair. Zweifelt Er? Er mögte wohl, aber Er kann nicht! Denk’ Er nur an das, was Er ihr geſagt hat! Er hat ſie auf den Weg des Todes hinaus gewieſen, ich, ich bin Schuld, daß ſie nicht wieder umgekehrt iſt. Er dachte, als er ihren Jam- mer ahnte, an die Zungen, die hinter ihm her- ziſcheln würden, aber nicht an die Nichtswürdigkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/192
Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/192>, abgerufen am 28.11.2024.