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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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Klara.
Antworte Dir selbst!
Leonhard.
Kannst Du schwören, daß Du mich liebst? Daß
Du mich so liebst, wie ein Mädchen den Mann lie-
ben muß, der sich auf ewig mit ihr verbinden soll?
Klara.
Nein, das kann ich nicht schwören! Aber dies
kann ich schwören: ob ich Dich liebe, ob ich Dich
nicht liebe, nie sollst Du's erfahren! Ich will Dir
dienen, ich will für Dich arbeiten, und zu essen sollst
Du mir Nichts geben, ich will mich selbst ernähren,
ich will bei Nachtzeit nähen und spinnen für andere
Leute, ich will hungern, wenn ich Nichts zu thun
habe, ich will lieber in meinen eig'nen Arm hinein
beißen, als zu meinem Vater gehen, damit er Nichts
merkt. Wenn Du mich schlägst, weil Dein Hund
nicht bei der Hand ist, oder weil Du ihn abgeschafft
hast, so will ich eher meine Zunge verschlucken, als
ein Geschrei ausstoßen, das den Nachbaren verrathen
könnte, was vorfällt. Ich kann nicht versprechen,
daß meine Haut die Striemen Deiner Geißel nicht
Klara.
Antworte Dir ſelbſt!
Leonhard.
Kannſt Du ſchwören, daß Du mich liebſt? Daß
Du mich ſo liebſt, wie ein Mädchen den Mann lie-
ben muß, der ſich auf ewig mit ihr verbinden ſoll?
Klara.
Nein, das kann ich nicht ſchwören! Aber dies
kann ich ſchwören: ob ich Dich liebe, ob ich Dich
nicht liebe, nie ſollſt Du’s erfahren! Ich will Dir
dienen, ich will für Dich arbeiten, und zu eſſen ſollſt
Du mir Nichts geben, ich will mich ſelbſt ernähren,
ich will bei Nachtzeit nähen und ſpinnen für andere
Leute, ich will hungern, wenn ich Nichts zu thun
habe, ich will lieber in meinen eig’nen Arm hinein
beißen, als zu meinem Vater gehen, damit er Nichts
merkt. Wenn Du mich ſchlägſt, weil Dein Hund
nicht bei der Hand iſt, oder weil Du ihn abgeſchafft
haſt, ſo will ich eher meine Zunge verſchlucken, als
ein Geſchrei ausſtoßen, das den Nachbaren verrathen
könnte, was vorfällt. Ich kann nicht verſprechen,
daß meine Haut die Striemen Deiner Geißel nicht
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[94/0162] Klara. Antworte Dir ſelbſt! Leonhard. Kannſt Du ſchwören, daß Du mich liebſt? Daß Du mich ſo liebſt, wie ein Mädchen den Mann lie- ben muß, der ſich auf ewig mit ihr verbinden ſoll? Klara. Nein, das kann ich nicht ſchwören! Aber dies kann ich ſchwören: ob ich Dich liebe, ob ich Dich nicht liebe, nie ſollſt Du’s erfahren! Ich will Dir dienen, ich will für Dich arbeiten, und zu eſſen ſollſt Du mir Nichts geben, ich will mich ſelbſt ernähren, ich will bei Nachtzeit nähen und ſpinnen für andere Leute, ich will hungern, wenn ich Nichts zu thun habe, ich will lieber in meinen eig’nen Arm hinein beißen, als zu meinem Vater gehen, damit er Nichts merkt. Wenn Du mich ſchlägſt, weil Dein Hund nicht bei der Hand iſt, oder weil Du ihn abgeſchafft haſt, ſo will ich eher meine Zunge verſchlucken, als ein Geſchrei ausſtoßen, das den Nachbaren verrathen könnte, was vorfällt. Ich kann nicht verſprechen, daß meine Haut die Striemen Deiner Geißel nicht

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/162>, abgerufen am 09.11.2024.