Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Klara Daß sie nicht recht bei sich ist, freilich! Wolfram. (ausbrechend) Mein Gott! Mein Gott! Alles um- sonst! Keinen Dienstboten, den ich einmal in mein Haus nahm, hab' ich wieder von mir gelassen, Jedem habe ich doppelten Lohn gegeben und zu allen Nach- lässigkeiten die Augen zugedrückt, um mir ihr Still- schweigen zu erkaufen, dennoch -- die falschen, undank- baren Creaturen! O meine armen Kinder! Bloß Euretwegen suchte ich's zu verbergen! Klara. Schelt' Er Seine Leute nicht! Die sind gewiß unschuldig! Seit das Nachbarhaus abbrannte, und Seine Frau aus dem geöffneten Fenster dazu lachte und in die Hände klatschte, ja sogar mit vollen Backen in's Feuer hinüber blies, als wollte sie es noch mehr anfachen, seitdem hatte man nur die Wahl, ob man sie für einen Teufel, oder für eine Verrückte halten wollte. Und das haben Hunderte gesehen. Wolfram. Es ist wahr. Nun, da die ganze Stadt mein Unglück kennt, so wäre es thörigt, wenn ich Ihr Klara Daß ſie nicht recht bei ſich iſt, freilich! Wolfram. (ausbrechend) Mein Gott! Mein Gott! Alles um- ſonſt! Keinen Dienſtboten, den ich einmal in mein Haus nahm, hab’ ich wieder von mir gelaſſen, Jedem habe ich doppelten Lohn gegeben und zu allen Nach- läſſigkeiten die Augen zugedrückt, um mir ihr Still- ſchweigen zu erkaufen, dennoch — die falſchen, undank- baren Creaturen! O meine armen Kinder! Bloß Euretwegen ſuchte ich’s zu verbergen! Klara. Schelt’ Er Seine Leute nicht! Die ſind gewiß unſchuldig! Seit das Nachbarhaus abbrannte, und Seine Frau aus dem geöffneten Fenſter dazu lachte und in die Hände klatſchte, ja ſogar mit vollen Backen in’s Feuer hinüber blies, als wollte ſie es noch mehr anfachen, ſeitdem hatte man nur die Wahl, ob man ſie für einen Teufel, oder für eine Verrückte halten wollte. Und das haben Hunderte geſehen. Wolfram. Es iſt wahr. Nun, da die ganze Stadt mein Unglück kennt, ſo wäre es thörigt, wenn ich Ihr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0138" n="70"/> <sp who="#KLARA"> <speaker> <hi rendition="#g">Klara</hi> </speaker><lb/> <p>Daß ſie nicht recht bei ſich iſt, freilich!</p> </sp><lb/> <sp who="#WOLF"> <speaker><hi rendition="#g">Wolfram</hi>.</speaker><lb/> <stage>(ausbrechend)</stage> <p>Mein Gott! Mein Gott! Alles um-<lb/> ſonſt! Keinen Dienſtboten, den ich einmal in mein<lb/> Haus nahm, hab’ ich wieder von mir gelaſſen, Jedem<lb/> habe ich doppelten Lohn gegeben und zu allen Nach-<lb/> läſſigkeiten die Augen zugedrückt, um mir ihr Still-<lb/> ſchweigen zu erkaufen, dennoch — die falſchen, undank-<lb/> baren Creaturen! O meine armen Kinder! Bloß<lb/> Euretwegen ſuchte ich’s zu verbergen!</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Schelt’ Er Seine Leute nicht! Die ſind gewiß<lb/> unſchuldig! Seit das Nachbarhaus abbrannte, und<lb/> Seine Frau aus dem geöffneten Fenſter dazu lachte<lb/> und in die Hände klatſchte, ja ſogar mit vollen Backen<lb/> in’s Feuer hinüber blies, als wollte ſie es noch mehr<lb/> anfachen, ſeitdem hatte man nur die Wahl, ob man<lb/> ſie für einen Teufel, oder für eine Verrückte halten<lb/> wollte. Und das haben Hunderte geſehen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WOLF"> <speaker><hi rendition="#g">Wolfram</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt wahr. Nun, da die ganze Stadt mein<lb/> Unglück kennt, ſo wäre es thörigt, wenn ich Ihr<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0138]
Klara
Daß ſie nicht recht bei ſich iſt, freilich!
Wolfram.
(ausbrechend) Mein Gott! Mein Gott! Alles um-
ſonſt! Keinen Dienſtboten, den ich einmal in mein
Haus nahm, hab’ ich wieder von mir gelaſſen, Jedem
habe ich doppelten Lohn gegeben und zu allen Nach-
läſſigkeiten die Augen zugedrückt, um mir ihr Still-
ſchweigen zu erkaufen, dennoch — die falſchen, undank-
baren Creaturen! O meine armen Kinder! Bloß
Euretwegen ſuchte ich’s zu verbergen!
Klara.
Schelt’ Er Seine Leute nicht! Die ſind gewiß
unſchuldig! Seit das Nachbarhaus abbrannte, und
Seine Frau aus dem geöffneten Fenſter dazu lachte
und in die Hände klatſchte, ja ſogar mit vollen Backen
in’s Feuer hinüber blies, als wollte ſie es noch mehr
anfachen, ſeitdem hatte man nur die Wahl, ob man
ſie für einen Teufel, oder für eine Verrückte halten
wollte. Und das haben Hunderte geſehen.
Wolfram.
Es iſt wahr. Nun, da die ganze Stadt mein
Unglück kennt, ſo wäre es thörigt, wenn ich Ihr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |