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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 98, Hamburg, 20. Juni 1789.

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Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Sonnabend, den 20 Junii.)    
Num. 98.



[Beginn Spaltensatz]

Parlementssachen.

Am Dienstage trug Lord Stanhope im Oberhause
darauf an, daß seine Bill zur Widerrufung gewisser
alter Kirchengesetze, die der Religion, der Gewissens-
freyheit und dem gesunden Verstande zuwider wären,
zum zweytenmale möge vorgelesen und in einer Com-
mitte des gesammten Hauses untersucht werden. Die
Bischöfe und Erzbischöfe, die sonst eben nicht ihren
Mund im Parlemente zu eröffnen pflegen, thaten es
bey dieser Gelegenheit. Der Erzbischof von Canter-
bury, die Bischöfe von Bangor, St. Assaph und St.
David lasen einer nach dem andern von Papieren, die
sie in den Händen hielten, Vertheidigung dieser längst
veralteten Kirchengesetze ab, und stellten im Ernste vor,
daß durch die Abschaffung derselben, ob sie gleich seit
einem Jahrhundert nicht sind beobachtet worden. Re-
ligion und Moralität in die größte Gefahr gerathen
würden. -- Lord Stanhope behauptete die Nothwen-
digkeit der Abschaffung, und setzte mit Unwillen hinzu,
wofern die sogenannten Väter der herrschenden Kirche
ihm nicht behülflich seyn wollten, den Unrath mit
einemmale hinwegzuschaffen, so werde er sich bemühen,
denselben nach gerade mit Karrenladungen wegzuräu-
men, und wenn sich dieses nicht wolle thun lassen,
mit Schiebkarren, oder auch, im Fall der Noth, bloß
mit einem Spaden. Sein Antrag wegen der zwoten
Vorlesung seiner Bill ward verworfen, und er ersuchte
sogleich um Erlaubniß, eine neue einbringen zu dürfen,
vermöge welcher ein gegen die Quäcker unter Heinrich
dem Achten gemachtes Gesetz, welches längst in Ver-
gessenheit gerathen, möge widerrufen werden. -- Der
Großkanzler erinnerte, es würde mehr der Parlements-
sitte gemäß seyn, diesen Antrag bis auf einen andern
Tag zu verschieben. -- Lord Stanhope erwiederte mit
Wärme, daß, wenn es so seyn müsse, er ein andermal
dem Großkanzler in den Gesetzen Unterricht ertheilen
[Spaltenumbruch] wolle, so wie er eben die Bischöse von dem wahren
Sinne des Evangeliums unterrichtet habe. Die Sache
hatte hiebey ihr Bewenden.

Jm Unterhause kam am Dienstage die Frage wegen
der Ueberzählung der Mitglieder desselben wieder vor.
Es ward vestgesetzt, daß es am künftigen Dienstag über
8 Tage geschehen solle. Vermuthlich ist die Absicht
hiebey bloß, um die Mitglieder des Parlements bey-
sammen zu behalten weil die meisten sonst London ver-
lassen würden, welches ohnehin von sehr vielen bereits
geschehen ist. -- Wie dieses Geschäfft geendigt war,
nahm das Haus die Abhörung der Advocaten für den
Sklavenhandel in einer Committee wieder vor. -- Al-
derman Newnham überreichte eine Bittschrift von der
Africanischen Compagnie, um die gewöhnlichen Geld-
bewilligungen zur Unterhaltung der Forts auf der Af-
ricanischen Küste. Er fragte zugleich Herrn Pitt, ob,
im Fall der Sclavenhandel abgeschafft würde, diese
kleinen Vestungen und Schanzen noch ferner unterhal-
ten werden sollten? Der Minister antwortete: Aller-
dings, weil man, wenn der Sclavenhandel aufhören
solle, einen weit anständigern und vortheilhaftern Han-
del nach Africa durch dieselben unterstützen und beför-
dern würde. -- Der Budget mit der neuen Anleihe
und den neuen Taxen ist am Mittewochen im Unter-
hause eröffnet worden. -- Herr Pitt rühmte zuerst den
blühenden Zustand unserer Handlung und Finanzen.
Freylich wäre im verwichenen Jahre der Betrag der
Taxen und Zölle nicht so einträglich gewesen, als in
den beyden vorhergehenden; allein, große Bankerotte
und der erste Eintritt des Französischen Handlungs-
Tractats möchten wol die vornehmste Ursachen davon
seyn. Die Erfordernisse des Staats für dieses Jahr
gab er so an:

Für die Marine _ _ 2 Mill 328570 Pf.
Für die Armee _ _ 1 Mill. 915000 --
Für die Artillerie _ _ 713000 --
Für das Etablissement von Jansonsbay _ _ 56000 --

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Sonnabend, den 20 Junii.)    
Num. 98.



[Beginn Spaltensatz]

Parlementsſachen.

Am Dienſtage trug Lord Stanhope im Oberhauſe
darauf an, daß ſeine Bill zur Widerrufung gewiſſer
alter Kirchengeſetze, die der Religion, der Gewiſſens-
freyheit und dem geſunden Verſtande zuwider waͤren,
zum zweytenmale moͤge vorgeleſen und in einer Com-
mitte des geſammten Hauſes unterſucht werden. Die
Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe, die ſonſt eben nicht ihren
Mund im Parlemente zu eroͤffnen pflegen, thaten es
bey dieſer Gelegenheit. Der Erzbiſchof von Canter-
bury, die Biſchoͤfe von Bangor, St. Aſſaph und St.
David laſen einer nach dem andern von Papieren, die
ſie in den Haͤnden hielten, Vertheidigung dieſer laͤngſt
veralteten Kirchengeſetze ab, und ſtellten im Ernſte vor,
daß durch die Abſchaffung derſelben, ob ſie gleich ſeit
einem Jahrhundert nicht ſind beobachtet worden. Re-
ligion und Moralitaͤt in die groͤßte Gefahr gerathen
wuͤrden. — Lord Stanhope behauptete die Nothwen-
digkeit der Abſchaffung, und ſetzte mit Unwillen hinzu,
wofern die ſogenannten Vaͤter der herrſchenden Kirche
ihm nicht behuͤlflich ſeyn wollten, den Unrath mit
einemmale hinwegzuſchaffen, ſo werde er ſich bemuͤhen,
denſelben nach gerade mit Karrenladungen wegzuraͤu-
men, und wenn ſich dieſes nicht wolle thun laſſen,
mit Schiebkarren, oder auch, im Fall der Noth, bloß
mit einem Spaden. Sein Antrag wegen der zwoten
Vorleſung ſeiner Bill ward verworfen, und er erſuchte
ſogleich um Erlaubniß, eine neue einbringen zu duͤrfen,
vermoͤge welcher ein gegen die Quaͤcker unter Heinrich
dem Achten gemachtes Geſetz, welches laͤngſt in Ver-
geſſenheit gerathen, moͤge widerrufen werden. — Der
Großkanzler erinnerte, es wuͤrde mehr der Parlements-
ſitte gemaͤß ſeyn, dieſen Antrag bis auf einen andern
Tag zu verſchieben. — Lord Stanhope erwiederte mit
Waͤrme, daß, wenn es ſo ſeyn muͤſſe, er ein andermal
dem Großkanzler in den Geſetzen Unterricht ertheilen
[Spaltenumbruch] wolle, ſo wie er eben die Biſchoͤſe von dem wahren
Sinne des Evangeliums unterrichtet habe. Die Sache
hatte hiebey ihr Bewenden.

Jm Unterhauſe kam am Dienſtage die Frage wegen
der Ueberzaͤhlung der Mitglieder deſſelben wieder vor.
Es ward veſtgeſetzt, daß es am kuͤnftigen Dienſtag uͤber
8 Tage geſchehen ſolle. Vermuthlich iſt die Abſicht
hiebey bloß, um die Mitglieder des Parlements bey-
ſammen zu behalten weil die meiſten ſonſt London ver-
laſſen wuͤrden, welches ohnehin von ſehr vielen bereits
geſchehen iſt. — Wie dieſes Geſchaͤfft geendigt war,
nahm das Haus die Abhoͤrung der Advocaten fuͤr den
Sklavenhandel in einer Committee wieder vor. — Al-
derman Newnham uͤberreichte eine Bittſchrift von der
Africaniſchen Compagnie, um die gewoͤhnlichen Geld-
bewilligungen zur Unterhaltung der Forts auf der Af-
ricaniſchen Kuͤſte. Er fragte zugleich Herrn Pitt, ob,
im Fall der Sclavenhandel abgeſchafft wuͤrde, dieſe
kleinen Veſtungen und Schanzen noch ferner unterhal-
ten werden ſollten? Der Miniſter antwortete: Aller-
dings, weil man, wenn der Sclavenhandel aufhoͤren
ſolle, einen weit anſtaͤndigern und vortheilhaftern Han-
del nach Africa durch dieſelben unterſtuͤtzen und befoͤr-
dern wuͤrde. — Der Budget mit der neuen Anleihe
und den neuen Taxen iſt am Mittewochen im Unter-
hauſe eroͤffnet worden. — Herr Pitt ruͤhmte zuerſt den
bluͤhenden Zuſtand unſerer Handlung und Finanzen.
Freylich waͤre im verwichenen Jahre der Betrag der
Taxen und Zoͤlle nicht ſo eintraͤglich geweſen, als in
den beyden vorhergehenden; allein, große Bankerotte
und der erſte Eintritt des Franzoͤſiſchen Handlungs-
Tractats moͤchten wol die vornehmſte Urſachen davon
ſeyn. Die Erforderniſſe des Staats fuͤr dieſes Jahr
gab er ſo an:

Fuͤr die Marine _ _ 2 Mill 328570 Pf.
Fuͤr die Armee _ _ 1 Mill. 915000 —
Fuͤr die Artillerie _ _ 713000 —
Fuͤr das Etabliſſement von Janſonsbay _ _ 56000 —

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[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Sonnabend, den 20 Junii.) Num. 98. Schreiben aus London, vom 12 Junii. Parlementsſachen. Am Dienſtage trug Lord Stanhope im Oberhauſe darauf an, daß ſeine Bill zur Widerrufung gewiſſer alter Kirchengeſetze, die der Religion, der Gewiſſens- freyheit und dem geſunden Verſtande zuwider waͤren, zum zweytenmale moͤge vorgeleſen und in einer Com- mitte des geſammten Hauſes unterſucht werden. Die Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe, die ſonſt eben nicht ihren Mund im Parlemente zu eroͤffnen pflegen, thaten es bey dieſer Gelegenheit. Der Erzbiſchof von Canter- bury, die Biſchoͤfe von Bangor, St. Aſſaph und St. David laſen einer nach dem andern von Papieren, die ſie in den Haͤnden hielten, Vertheidigung dieſer laͤngſt veralteten Kirchengeſetze ab, und ſtellten im Ernſte vor, daß durch die Abſchaffung derſelben, ob ſie gleich ſeit einem Jahrhundert nicht ſind beobachtet worden. Re- ligion und Moralitaͤt in die groͤßte Gefahr gerathen wuͤrden. — Lord Stanhope behauptete die Nothwen- digkeit der Abſchaffung, und ſetzte mit Unwillen hinzu, wofern die ſogenannten Vaͤter der herrſchenden Kirche ihm nicht behuͤlflich ſeyn wollten, den Unrath mit einemmale hinwegzuſchaffen, ſo werde er ſich bemuͤhen, denſelben nach gerade mit Karrenladungen wegzuraͤu- men, und wenn ſich dieſes nicht wolle thun laſſen, mit Schiebkarren, oder auch, im Fall der Noth, bloß mit einem Spaden. Sein Antrag wegen der zwoten Vorleſung ſeiner Bill ward verworfen, und er erſuchte ſogleich um Erlaubniß, eine neue einbringen zu duͤrfen, vermoͤge welcher ein gegen die Quaͤcker unter Heinrich dem Achten gemachtes Geſetz, welches laͤngſt in Ver- geſſenheit gerathen, moͤge widerrufen werden. — Der Großkanzler erinnerte, es wuͤrde mehr der Parlements- ſitte gemaͤß ſeyn, dieſen Antrag bis auf einen andern Tag zu verſchieben. — Lord Stanhope erwiederte mit Waͤrme, daß, wenn es ſo ſeyn muͤſſe, er ein andermal dem Großkanzler in den Geſetzen Unterricht ertheilen wolle, ſo wie er eben die Biſchoͤſe von dem wahren Sinne des Evangeliums unterrichtet habe. Die Sache hatte hiebey ihr Bewenden. Jm Unterhauſe kam am Dienſtage die Frage wegen der Ueberzaͤhlung der Mitglieder deſſelben wieder vor. Es ward veſtgeſetzt, daß es am kuͤnftigen Dienſtag uͤber 8 Tage geſchehen ſolle. Vermuthlich iſt die Abſicht hiebey bloß, um die Mitglieder des Parlements bey- ſammen zu behalten weil die meiſten ſonſt London ver- laſſen wuͤrden, welches ohnehin von ſehr vielen bereits geſchehen iſt. — Wie dieſes Geſchaͤfft geendigt war, nahm das Haus die Abhoͤrung der Advocaten fuͤr den Sklavenhandel in einer Committee wieder vor. — Al- derman Newnham uͤberreichte eine Bittſchrift von der Africaniſchen Compagnie, um die gewoͤhnlichen Geld- bewilligungen zur Unterhaltung der Forts auf der Af- ricaniſchen Kuͤſte. Er fragte zugleich Herrn Pitt, ob, im Fall der Sclavenhandel abgeſchafft wuͤrde, dieſe kleinen Veſtungen und Schanzen noch ferner unterhal- ten werden ſollten? Der Miniſter antwortete: Aller- dings, weil man, wenn der Sclavenhandel aufhoͤren ſolle, einen weit anſtaͤndigern und vortheilhaftern Han- del nach Africa durch dieſelben unterſtuͤtzen und befoͤr- dern wuͤrde. — Der Budget mit der neuen Anleihe und den neuen Taxen iſt am Mittewochen im Unter- hauſe eroͤffnet worden. — Herr Pitt ruͤhmte zuerſt den bluͤhenden Zuſtand unſerer Handlung und Finanzen. Freylich waͤre im verwichenen Jahre der Betrag der Taxen und Zoͤlle nicht ſo eintraͤglich geweſen, als in den beyden vorhergehenden; allein, große Bankerotte und der erſte Eintritt des Franzoͤſiſchen Handlungs- Tractats moͤchten wol die vornehmſte Urſachen davon ſeyn. Die Erforderniſſe des Staats fuͤr dieſes Jahr gab er ſo an: Fuͤr die Marine _ _ 2 Mill 328570 Pf. Fuͤr die Armee _ _ 1 Mill. 915000 — Fuͤr die Artillerie _ _ 713000 — Fuͤr das Etabliſſement von Janſonsbay _ _ 56000 —

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 98, Hamburg, 20. Juni 1789, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_982006_1789/1>, abgerufen am 23.11.2024.