Stats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 56, 8. April 1741.[Spaltenumbruch]
konnte kein Sclave der Römer erwarten. Der Streit Hamburg. Die Asche des gepriesenen Hrn. D. Wir sollten billig noch von seinen Schriften reden; Denen Herren Gelehrten und andern Bücher- [Ende Spaltensatz] [Spaltenumbruch]
konnte kein Sclave der Roͤmer erwarten. Der Streit Hamburg. Die Aſche des geprieſenen Hrn. D. Wir ſollten billig noch von ſeinen Schriften reden; Denen Herren Gelehrten und andern Buͤcher- [Ende Spaltensatz] <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jFeuilleton"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="[4]"/><cb/> konnte kein Sclave der Roͤmer erwarten. Der Streit<lb/> blieb eine Zeitlang ausgeſetzt; doch wie in Leyden ein<lb/> gewiſſer Rechtsgelehrter das Amt eines oͤffentlichen<lb/> Lehrers uͤbernahm, beleidigte er in ſeiner Rede durch<lb/> gleiche Meynung das Anſehen der Aerzte. Es war<lb/> billig, daß auch dieſer Verirrte in der Geſchichte der<lb/> alten Zeiten auf den rechten Weg gefuͤhrt wurde, man<lb/> trug es dem Herrn <hi rendition="#aq">D.</hi> Drelincurt auf, welcher in ei-<lb/> ner oͤffentlichen Rede die Ehre der Aerzte rettete, die<lb/> unter folgender Aufſchrift die Preſſe verließ: <hi rendition="#aq">Apolo-<lb/> gia medica, qua depellitur illa Calumnia, medicos<lb/> ſexcentis annis Roma exulaſſe.</hi> Wie man ſich in<lb/> Holland ſatt genug gezankt hatte, gieng der Streit in<lb/> England an. Dem Midleton, einen Gottesgelehrten<lb/> zu Cambridge, kam die Luſt an, das ehrwuͤrdige Anſe-<lb/> hen der Aerzte zu ſchmaͤlern, er that es in einer Rede,<lb/> welche mit nichts als Alterthuͤmern ausgeſtopft war;<lb/> doch man antwortete demſelben von Londen aus, wie<lb/> er es verdiente. Der gelehrte Streit nahm zu, dieſes<lb/> ruͤhrte einen geſchickten Mann, der zur Verſoͤhnung<lb/> beyder Theile folgendes drucken ließ: <hi rendition="#aq">An Eſſay upon<lb/> the ſtate & condition of Phyſicians among the an-<lb/> tients: Occaſioned by a late diſſertation of the re-<lb/> verend Dr. Midleton, aſſerting that Phyſick was<lb/> ſervile & dishonourable among the old Romans, &<lb/> only practis’d by Slaves & the meaneſt of the peo-<lb/> ple. By Charles la Motte.</hi> Unter uns haben wir ei-<lb/> ne gegruͤndete Vertheidigung dieſer ausgeheckten<lb/> Meynung dem beruͤhmten Herrn <hi rendition="#aq">D.</hi> Schulze in Halle<lb/> zu danken, ſie iſt mit ſo vieler Gelahrtheit als Gruͤnd-<lb/> lichkeit geſchrieben, und verdient deswegen alle Auf-<lb/> merkſamkeit.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <head> <hi rendition="#fr">Hamburg.</hi> </head> <p>Die Aſche des geprieſenen Hrn. <hi rendition="#aq">D.</hi><lb/> Luͤtkemanns ruft uns noch einmal zu ſich, und die ge-<lb/> gebene Beſchreibung ſeiner Lebens-Tage iſt es, der<lb/> wir den Character und die Schriften dieſes Gottes-<lb/> gelehrten beyſetzen muͤſſen. Die Natur hatte dieſem<lb/> ehrwuͤrdigen Mann einen ſolchen Koͤrper zugetheilt,<lb/> durch welchen ſich das Geſetzte ſeines Geiſtes, und der<lb/> ſchoͤne Trieb, die Wahrheit auszubreiten, ungehin-<lb/> dert entdecken koñte. Die Vermiſchung ſeiner Saͤfte<lb/> ſtoͤhrte niemals das Edle und das Erhabene, welches<lb/> man an wuͤrdigen Maͤnnern wahrnimmt, deswegen<lb/> wurde man bey allen Vorfaͤllen durch ſeine Handlun-<lb/> gen gereitzt, Hochachtung und Liebe gegen dieſen Mañ<lb/> zu verbinden. Sein vortrefflicher Geiſt trieb ihn, ſich<lb/> in allen Wiſſenſchaften auf eine buͤndige Art zu uͤber-<lb/> zeugen, und darum war er faͤhig, ein gegruͤndetes Ur-<lb/> theil von Sachen zu geben, wann es erfordert wurde.<lb/> Aus dieſer Quelle floſſen unzaͤhlige Vortheile, welche<lb/> dieſen Gottesgelehrten unausgeſetzt bemerkenswuͤr-<lb/><cb/> dig machten. Die Wahrheit und das Gute war ihm<lb/> bekannt, ſein Amt erforderte die Ausbreitung, er lehr-<lb/> te ſie alſo herzhaft, und vertheidigte dieſelbe mit einem<lb/> unerſchrockenen Muth. Er war in der Erforſchung<lb/> des Guten unermuͤdet, und machte es zum Nutzen der<lb/> Welt mit inniglicher Zufriedenheit bekannt. Durch<lb/> die Bemuͤhung, ſich Wahrheiten einzupraͤgen, erhielt<lb/> er den Zuſtand deutlicher Begriffe, und dieſes ſchoͤne<lb/> Kenntniß erwarb ihm die Fertigkeit, ſeine Gedanken<lb/> ſowol in oͤffentlichen Lehren als Schriften deutlich,<lb/> erhaben, ruͤhrend und auf eine uͤberzeugende Art vor-<lb/> zutragen. Er war feurig, weñ es die Ehre des HErrn<lb/> erforderte, geſetzt bey der Vermiſchung angenehmer<lb/> und verdruͤßlicher Zufaͤlle, gelaſſen und großmuͤthig<lb/> gegen ſeine Feinde, gefaͤllig im Umgange, unermuͤdet<lb/> in der Sorge fuͤr ſeine Gemeine, redlich gegen GOtt<lb/> und ſeinem Fuͤrſten, ein wuͤrdiger Verehrer der Wiſ-<lb/> ſenſchaften, und durch die Ueberzeugung von der<lb/> Wahrheit unerſchrocken, da ihm der Tod in der Haͤlf-<lb/> te ſeiner Lebens-Tage die kalte Hand darreichte. We-<lb/> der die Groͤſſe ſeiner Wuͤrde, noch die Gelahrtheit,<lb/> welche bey ihm nicht mittelmaͤßig war, machten, daß<lb/> er ſich vergaß, er dachte allemal daran, daß ein unta-<lb/> delhafter Lehrer die Zierde der Kirchen und das Ver-<lb/> gnuͤgen des Volks iſt. Das Gute hatte ſich ſo viel-<lb/> fach in ihm vereint, daß die Wahl ſchwer wurde, wel-<lb/> ches man wol zuerſt verehren ſollte. Doch wie viele<lb/> denken mit Aufmerkſamkeit daran, wenn wir zu einer<lb/> Hand voll Aſche geworden ſind?</p><lb/> <p>Wir ſollten billig noch von ſeinen Schriften reden;<lb/> doch wer das gegebene Bild dieſes Gottesgelehr-<lb/> ten anſieht, wird ſich ſogleich uͤberzeugen, daß ſeine<lb/> Schriften bey der billigen Hochachtung Leſen und<lb/> Betrachten verdienen. Unſer Raum iſt zu klein, das<lb/> Verzeichniß derſelben hier einzuruͤcken; wir preiſen<lb/> deswegen denen die Bemuͤhung des Herrn Maͤrtens,<lb/> Fuͤrſtl. Braunſchw. Luͤneb. Hof-Diaconus, an, welche<lb/> von dem Schickſal und Verdienſten des Herrn <hi rendition="#aq">Doct.</hi><lb/> Luͤtkemanns ein mehreres wiſſen wollen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements"> <div type="jAn"> <p>Denen Herren Gelehrten und andern Buͤcher-<lb/> Liebhabern wird hiemit kund gethan, daß des ſel. Hn.<lb/> General-<hi rendition="#aq">Superint. Doct.</hi> Bollhagens Buͤcher nun-<lb/> mehro den 17. April <hi rendition="#aq">a. c.</hi> und folgende Tage zu Stet-<lb/> tin in des Buchhaͤndlers Reimari Behauſung ver-<lb/> auctioniret werden ſollen. Aus dem <hi rendition="#aq">Catalogo,</hi> wel-<lb/> cher bey Herr Reimari zu bekommen, iſt zu erſehen,<lb/> daß es meiſt recht auserleſene theologiſche und ande-<lb/> re aute Buͤcher ſind: uͤberhaupt ſind auch dieſelbe<lb/> meiſtentheils ganz neu im Bande. Wer von Aus-<lb/> waͤrtigen keine andere Addreſſe daſelbſt haben moͤch-<lb/> te, beliebe die Commißion an Herrn Reimari zu ſen-<lb/> den, welcher ſolche beſtens beſorgen wird.</p> </div> </div><lb/> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [[4]/0004]
konnte kein Sclave der Roͤmer erwarten. Der Streit
blieb eine Zeitlang ausgeſetzt; doch wie in Leyden ein
gewiſſer Rechtsgelehrter das Amt eines oͤffentlichen
Lehrers uͤbernahm, beleidigte er in ſeiner Rede durch
gleiche Meynung das Anſehen der Aerzte. Es war
billig, daß auch dieſer Verirrte in der Geſchichte der
alten Zeiten auf den rechten Weg gefuͤhrt wurde, man
trug es dem Herrn D. Drelincurt auf, welcher in ei-
ner oͤffentlichen Rede die Ehre der Aerzte rettete, die
unter folgender Aufſchrift die Preſſe verließ: Apolo-
gia medica, qua depellitur illa Calumnia, medicos
ſexcentis annis Roma exulaſſe. Wie man ſich in
Holland ſatt genug gezankt hatte, gieng der Streit in
England an. Dem Midleton, einen Gottesgelehrten
zu Cambridge, kam die Luſt an, das ehrwuͤrdige Anſe-
hen der Aerzte zu ſchmaͤlern, er that es in einer Rede,
welche mit nichts als Alterthuͤmern ausgeſtopft war;
doch man antwortete demſelben von Londen aus, wie
er es verdiente. Der gelehrte Streit nahm zu, dieſes
ruͤhrte einen geſchickten Mann, der zur Verſoͤhnung
beyder Theile folgendes drucken ließ: An Eſſay upon
the ſtate & condition of Phyſicians among the an-
tients: Occaſioned by a late diſſertation of the re-
verend Dr. Midleton, aſſerting that Phyſick was
ſervile & dishonourable among the old Romans, &
only practis’d by Slaves & the meaneſt of the peo-
ple. By Charles la Motte. Unter uns haben wir ei-
ne gegruͤndete Vertheidigung dieſer ausgeheckten
Meynung dem beruͤhmten Herrn D. Schulze in Halle
zu danken, ſie iſt mit ſo vieler Gelahrtheit als Gruͤnd-
lichkeit geſchrieben, und verdient deswegen alle Auf-
merkſamkeit.
Hamburg. Die Aſche des geprieſenen Hrn. D.
Luͤtkemanns ruft uns noch einmal zu ſich, und die ge-
gebene Beſchreibung ſeiner Lebens-Tage iſt es, der
wir den Character und die Schriften dieſes Gottes-
gelehrten beyſetzen muͤſſen. Die Natur hatte dieſem
ehrwuͤrdigen Mann einen ſolchen Koͤrper zugetheilt,
durch welchen ſich das Geſetzte ſeines Geiſtes, und der
ſchoͤne Trieb, die Wahrheit auszubreiten, ungehin-
dert entdecken koñte. Die Vermiſchung ſeiner Saͤfte
ſtoͤhrte niemals das Edle und das Erhabene, welches
man an wuͤrdigen Maͤnnern wahrnimmt, deswegen
wurde man bey allen Vorfaͤllen durch ſeine Handlun-
gen gereitzt, Hochachtung und Liebe gegen dieſen Mañ
zu verbinden. Sein vortrefflicher Geiſt trieb ihn, ſich
in allen Wiſſenſchaften auf eine buͤndige Art zu uͤber-
zeugen, und darum war er faͤhig, ein gegruͤndetes Ur-
theil von Sachen zu geben, wann es erfordert wurde.
Aus dieſer Quelle floſſen unzaͤhlige Vortheile, welche
dieſen Gottesgelehrten unausgeſetzt bemerkenswuͤr-
dig machten. Die Wahrheit und das Gute war ihm
bekannt, ſein Amt erforderte die Ausbreitung, er lehr-
te ſie alſo herzhaft, und vertheidigte dieſelbe mit einem
unerſchrockenen Muth. Er war in der Erforſchung
des Guten unermuͤdet, und machte es zum Nutzen der
Welt mit inniglicher Zufriedenheit bekannt. Durch
die Bemuͤhung, ſich Wahrheiten einzupraͤgen, erhielt
er den Zuſtand deutlicher Begriffe, und dieſes ſchoͤne
Kenntniß erwarb ihm die Fertigkeit, ſeine Gedanken
ſowol in oͤffentlichen Lehren als Schriften deutlich,
erhaben, ruͤhrend und auf eine uͤberzeugende Art vor-
zutragen. Er war feurig, weñ es die Ehre des HErrn
erforderte, geſetzt bey der Vermiſchung angenehmer
und verdruͤßlicher Zufaͤlle, gelaſſen und großmuͤthig
gegen ſeine Feinde, gefaͤllig im Umgange, unermuͤdet
in der Sorge fuͤr ſeine Gemeine, redlich gegen GOtt
und ſeinem Fuͤrſten, ein wuͤrdiger Verehrer der Wiſ-
ſenſchaften, und durch die Ueberzeugung von der
Wahrheit unerſchrocken, da ihm der Tod in der Haͤlf-
te ſeiner Lebens-Tage die kalte Hand darreichte. We-
der die Groͤſſe ſeiner Wuͤrde, noch die Gelahrtheit,
welche bey ihm nicht mittelmaͤßig war, machten, daß
er ſich vergaß, er dachte allemal daran, daß ein unta-
delhafter Lehrer die Zierde der Kirchen und das Ver-
gnuͤgen des Volks iſt. Das Gute hatte ſich ſo viel-
fach in ihm vereint, daß die Wahl ſchwer wurde, wel-
ches man wol zuerſt verehren ſollte. Doch wie viele
denken mit Aufmerkſamkeit daran, wenn wir zu einer
Hand voll Aſche geworden ſind?
Wir ſollten billig noch von ſeinen Schriften reden;
doch wer das gegebene Bild dieſes Gottesgelehr-
ten anſieht, wird ſich ſogleich uͤberzeugen, daß ſeine
Schriften bey der billigen Hochachtung Leſen und
Betrachten verdienen. Unſer Raum iſt zu klein, das
Verzeichniß derſelben hier einzuruͤcken; wir preiſen
deswegen denen die Bemuͤhung des Herrn Maͤrtens,
Fuͤrſtl. Braunſchw. Luͤneb. Hof-Diaconus, an, welche
von dem Schickſal und Verdienſten des Herrn Doct.
Luͤtkemanns ein mehreres wiſſen wollen.
Denen Herren Gelehrten und andern Buͤcher-
Liebhabern wird hiemit kund gethan, daß des ſel. Hn.
General-Superint. Doct. Bollhagens Buͤcher nun-
mehro den 17. April a. c. und folgende Tage zu Stet-
tin in des Buchhaͤndlers Reimari Behauſung ver-
auctioniret werden ſollen. Aus dem Catalogo, wel-
cher bey Herr Reimari zu bekommen, iſt zu erſehen,
daß es meiſt recht auserleſene theologiſche und ande-
re aute Buͤcher ſind: uͤberhaupt ſind auch dieſelbe
meiſtentheils ganz neu im Bande. Wer von Aus-
waͤrtigen keine andere Addreſſe daſelbſt haben moͤch-
te, beliebe die Commißion an Herrn Reimari zu ſen-
den, welcher ſolche beſtens beſorgen wird.
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