Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Staats/ und Gelehrte Zeitung des Hollsteinischen Correspondenten. Nr. 38, Hamburg, 5. September 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

[Spaltenumbruch] Der Biſchoff von Soiſſons iſt in die Frantzoͤſiſche
Academie an die Stelle des Herrn Argencon, ge-
weſenen Groß-Siegel-Bewahrers, aufgenom-
men, da er dan eine fuͤrtreffliche und wunderns-
wuͤrdige Anſprache getahn, die der Herr Malet
ſehr beredſam beantwortet hat. Der Printz von
Conti ſol eheſtens uͤber die gemeine Zahl der Aca-
demiſten als ein Glied in dieſe Academie aufge-
nommen werden. Daß der Cardinal du Bois
nach ſeiner Erhoͤhung nicht in dem Rahte erſchie-
nen, ſol geſchehen ſeyn, allen Diſpuͤt uͤber den
Rang zu vermeiden.

Spaniſche Affairen.

Wegen ein und an-
derer Urſachen iſt die entworffene und vorgeweſe-
ne Einziehung unſerer Trouppen, wieder eine Zeit-
lang unterblieben und ins Stecken gerahten, doch
wo die Zeitungen ſonderlich aus Franckreich an-
ders einlauffen werden, duͤrffte ſolche vielleicht
noch wohl fortgehen. Man redet hier ſtarck, daß
zur Abreiſe des Jnfanten Don Carlos nach Jta-
lien groſſe Anſtalten gemacht wuͤrden, doch hoͤret
man noch nicht eigentlich, ob dieſer Printz an dem
Hofe zu Florentz, oder aber zu Parma erzogen
werden ſol.

Schweitzeriſche Vorfaͤlle.

Zu Zuͤrich, wie
man verſteht, ſollen 2. Koͤnigl. Preusſiſche Abge-
ordnete ankommen ſeyn, welche im Nahmen ih-
res Koͤnigs erſuchen, daß dieſer Canton ihme
einige Trouppen uͤberlaſſen wolle: Deßwegen
dann der groſſe und kleine Raht aufs eheſte ſich
daruͤber verſammlen wollen.

Von Religions-Sachen.

Bey neuli-
cher Verſammlung der Evangeliſchen Herren Ge-
ſandten, haben dieſelbe einen Entwurf gemacht
auf der Roͤmiſchen Antwort und Erklaͤhrung uͤber
den allgemeinen Schluß der Evangeliſchen, wel-
cher Entwurf nechſtens ſol ins reine gebracht und
an die Roͤmiſchen zur Gegen-Antwort uͤbergeben
werden. Man hoͤret aus der Pfaltz noch immer,
daß in der Religions-Sache nichts rechts getahn
werde, und ob ſchon am 10. dieſes eine allgemeine
Ordre an alle Ober-Aemter abgangen, um die E-
vangeliſch-Lutheriſchen Klagloß zu ſtellen, ſo iſt
doch ſolches noch nirgends geſchehen, und bey de-
nen Reformirten iſt faſt in 2. Monaten auch nichts
abgetahn; Jnzwiſchen iſt alhier von der Vereini-
gung beydeꝛ Religionen, der Evangeliſch-Luthe-
riſch- und Reformirten, mit Ernſt gehandelt, wor-
uͤber ein Profeſſor von Tuͤbingen, einer von Jena,
[Spaltenumbruch] und ein Theologus der Reformirten ſehr gelehrt
geſchrieben; wie dan auch neulich ein Tractat her-
aus kommen unter der Rubric und dem Titul: Die
wahre Lehre der Reformirten vom H. Abendmahl.
Auch ſtellet ein anderer vor, wie gemaͤchlich die
Vorurtheile bey dieſer Vereinigung koͤnnen geho-
ben werden.

Jtaliaͤniſche Affairen.

Das Geruͤchte gehet
hier, als ob der heilige Vater die Art und Weiſe,
wie man gegen die Appellanten in Franckreich
handele, gar nicht billigte, und daß er wohl in ei-
nen Vergleich, der beyden Partheyen vortheiliger
waͤre, einwilligen, und eine andere Arth der Lehre
nach denen Meynungen der Thomiſten aufſtel-
len wolte. Man hat hier 2. Perſohnen, die als
Aebte gekleidet geweſen, in Arreſt genommen und
gefangen geſetzt, weil ſie die Autores ſeyn ſollen,
von einigen Pasquillen, darinn der Pabſt weid-
lich durchgehechelt iſt. Der Cardinal Alberoni
hat neulich bey Seiner Heiligkeit Audientz gehabt,
und man ſagt, daß die angefangenen Proceduren
gegen ihn vernichtiget werden ſollen. Gewiß
iſts, daß er an dieſem Hofe wohl angeſehen iſt, ja
man ſagt gar, daß deſſen Familie der Titel von
Adel ſol zugeſtanden werden, in Abſicht einer Hey-
raht ſeiner Nichte an den Marquis Paracciani.
Auch ſol eine Heyraht zwiſchen einem Vettern des
Pabſten, und einer Printzesſin von Turſis mit ei-
nem Braut-Schatz von 4. Millionen Scudi be-
vor ſeyn. Nunmehro ſol der zwiſchen hieſigen
und dem Savoyſchen Hofe geweſene Zwiſt, durch
Vermittelung des Hertzogs von Parma vergli-
chen ſeyn. Am neulichen Sonntage Abends ließ
der Groß-Conneſtabel Colonna auf einer der bey-
den Bruͤcken ſeines Gartens alla Pilota der gantz
illuminiret war, eine Compoſition von 2. Virtuo-
ſen abſingen unter Muſical. Jnſtrumenten, in Bey-
ſeyn vieler Fuͤrſten, Fuͤrſtiñen und Cavalliers; al-
lein dieſe Freude ward verſaltzen, indem 2. Be-
diente des Cardinals Acquaviva zuſamm gerieh-
ten, und einander verwundeten; wie nun viele
daruͤber auf eine neu erbauete Gallerie von Mar-
mel zuſamm lieffen, fiel dieſelbe wegen der groſ-
ſen Laſt uͤbern Hauffen; da dann einige Arm und
Bein entzwey brachen, oder ſonſt beſchaͤdiget wor-
den. Des Cardinals Priuli Stall-Meiſter aber,
der auf die Bruſt geſtuͤrtzet, Nahmentlich Ba-
ron Mantica, ſtarb 2. Tage hernach, auch iſt ein
Diener beſagten Cardinals Priuli gleich todt ge-
blieben. Das mag recht heiſſen: Keine Freude oh-
ne Leyd in dieſer Welt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Britt-Marie Schuster: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-01T14:43:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Manuel Wille: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-01T14:43:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Arnika Lutz: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-01T14:43:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst).




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hc_380509_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hc_380509_1721/6
Zitationshilfe: Staats/ und Gelehrte Zeitung des Hollsteinischen Correspondenten. Nr. 38, Hamburg, 5. September 1721, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_380509_1721/6>, abgerufen am 29.12.2024.