Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892. Dreißiger. Maul halten, Esel! Sind die Thüren verrammelt. Kittelhaus. Thun Sie mir den Gefallen ... Thun Sie mir den Gefallen ... Jch habe einen Ent- schluß gefaßt ... Thun Sie mir den Gefallen ... (Zu Johann.) Was verlangen denn die Leute? Johann (verlegen). Mehr Lohn wolln se halt haben, die tummen Luder. Kittelhaus. Gut, schön! -- Jch werde hinaus- gehen und meine Pflicht thun. Jch werde mit den Leuten mal ernstlich reden. Johann. Herr Paster, Herr Paster! das lassen se ock unterwegens. Hie is jedes Wort umsonste. Kittelhaus. Lieber Herr Dreißiger, noch ein Wörtchen. Jch möchte Sie bitten: stellen Sie Leute hinter die Thür, und lassen Sie sogleich hinter mir abschließen. Frau Kittelhaus. Ach, willst Du das wirklich, Joseph? Kittelhaus. Jch will es. Jch will es. Jch weiß, was ich thue. Hab' keine Sorge, der Herr wird mich schützen. Frau Kittelhaus (drückt ihm die Hand, tritt zurück und wischt sich Thränen aus den Augen). Kittelhaus (indeß von unten herauf ununterbrochen das dumpfe Geräusch einer großen, versammelten Menschenmenge heraufdringt). Jch werde mich stellen ... Jch werde mich stellen, als ob ich ruhig nach Hause ginge. Jch will doch sehen, ob mein geistliches Amt ... ob ich nicht mehr so viel Respekt genieße bei diesen Leuten ... Jch will doch sehen ... (Er nimmt Hut und Stock). Vorwärts also, in Gottes Namen. (Ab, begleitet von Dreißiger, Pfeifer und Johann.) Frau Kittelhaus. Liebe Frau Dreißiger, (sie bricht in Thränen aus und umhalst sie) wenn ihm nur nicht ein Unglück zustößt! Frau Dreißiger (wie abwesend). Jch weeß garnich, Dreißiger. Maul halten, Eſel! Sind die Thüren verrammelt. Kittelhaus. Thun Sie mir den Gefallen … Thun Sie mir den Gefallen … Jch habe einen Ent- ſchluß gefaßt … Thun Sie mir den Gefallen … (Zu Johann.) Was verlangen denn die Leute? Johann (verlegen). Mehr Lohn wolln ſe halt haben, die tummen Luder. Kittelhaus. Gut, ſchön! — Jch werde hinaus- gehen und meine Pflicht thun. Jch werde mit den Leuten mal ernſtlich reden. Johann. Herr Paſter, Herr Paſter! das laſſen ſe ock unterwegens. Hie is jedes Wort umſonſte. Kittelhaus. Lieber Herr Dreißiger, noch ein Wörtchen. Jch möchte Sie bitten: ſtellen Sie Leute hinter die Thür, und laſſen Sie ſogleich hinter mir abſchließen. Frau Kittelhaus. Ach, willſt Du das wirklich, Joſeph? Kittelhaus. Jch will es. Jch will es. Jch weiß, was ich thue. Hab’ keine Sorge, der Herr wird mich ſchützen. Frau Kittelhaus (drückt ihm die Hand, tritt zurück und wiſcht ſich Thränen aus den Augen). Kittelhaus (indeß von unten herauf ununterbrochen das dumpfe Geräuſch einer großen, verſammelten Menſchenmenge heraufdringt). Jch werde mich ſtellen … Jch werde mich ſtellen, als ob ich ruhig nach Hauſe ginge. Jch will doch ſehen, ob mein geiſtliches Amt … ob ich nicht mehr ſo viel Reſpekt genieße bei dieſen Leuten … Jch will doch ſehen … (Er nimmt Hut und Stock). Vorwärts alſo, in Gottes Namen. (Ab, begleitet von Dreißiger, Pfeifer und Johann.) Frau Kittelhaus. Liebe Frau Dreißiger, (ſie bricht in Thränen aus und umhalſt ſie) wenn ihm nur nicht ein Unglück zuſtößt! Frau Dreißiger (wie abweſend). Jch weeß garnich, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0099" n="86"/> <sp who="#DRE"> <speaker><hi rendition="#g">Dreißiger</hi>.</speaker> <p>Maul halten, Eſel! 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Kittelhaus. Thun Sie mir den Gefallen …
Thun Sie mir den Gefallen … Jch habe einen Ent-
ſchluß gefaßt … Thun Sie mir den Gefallen …
(Zu Johann.) Was verlangen denn die Leute?
Johann (verlegen). Mehr Lohn wolln ſe halt haben,
die tummen Luder.
Kittelhaus. Gut, ſchön! — Jch werde hinaus-
gehen und meine Pflicht thun. Jch werde mit den
Leuten mal ernſtlich reden.
Johann. Herr Paſter, Herr Paſter! das laſſen
ſe ock unterwegens. Hie is jedes Wort umſonſte.
Kittelhaus. Lieber Herr Dreißiger, noch ein
Wörtchen. Jch möchte Sie bitten: ſtellen Sie Leute hinter
die Thür, und laſſen Sie ſogleich hinter mir abſchließen.
Frau Kittelhaus. Ach, willſt Du das wirklich,
Joſeph?
Kittelhaus. Jch will es. Jch will es. Jch
weiß, was ich thue. Hab’ keine Sorge, der Herr
wird mich ſchützen.
Frau Kittelhaus (drückt ihm die Hand, tritt zurück und
wiſcht ſich Thränen aus den Augen).
Kittelhaus (indeß von unten herauf ununterbrochen das dumpfe
Geräuſch einer großen, verſammelten Menſchenmenge heraufdringt). Jch
werde mich ſtellen … Jch werde mich ſtellen, als ob
ich ruhig nach Hauſe ginge. Jch will doch ſehen,
ob mein geiſtliches Amt … ob ich nicht mehr ſo viel
Reſpekt genieße bei dieſen Leuten … Jch will doch
ſehen … (Er nimmt Hut und Stock). Vorwärts alſo, in Gottes
Namen. (Ab, begleitet von Dreißiger, Pfeifer und Johann.)
Frau Kittelhaus. Liebe Frau Dreißiger, (ſie
bricht in Thränen aus und umhalſt ſie) wenn ihm nur nicht ein
Unglück zuſtößt!
Frau Dreißiger (wie abweſend). Jch weeß garnich,
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/99>, abgerufen am 30.07.2024. |