Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
von dem Augenblicke an, wo a so a Hiperle uf de
Welt kam, bis d'r Tot und erbarmte sich drüber.
Jhr habt euch an Teiwel gescheert. Jhr habt gebet't
und gesungen, und ich hab m'r de Fisse bluttich gelaufen
nach een'n eenzichten Neegl Puttermilch. Wie viel
hundert Nächte hab ich mir a Kopp zerklaubt, wie
ich ock und ich kennte so a Kindel ock a eenzich
mal um a Kirchhoof rumpaschen. Was hat so a
Kindel verbrochen, hä? und muß so a elendigliches
Ende nehmen -- und drieben bei Dittrichen, da wern
se in Wein gebadt und mit Milch gewaschen. Nee,
nee! wenn's hie losgeht -- ni zehn Pferde solln mich
zuricke halten. Und das sag ich: stirmen se Dittrichens
Gebäude -- ich bin de Erschte -- und Gnade jeden
der mich will abhalten. -- Jch habs satt, a so viel
steht feste.
Der alte Hilse. Du bist gar verfallen, dir is
ni zu helfen.
Luise (in Raserei). Euch is nich zu helfen. Lappärsche
seid ihr. Haderlumpe aber keene Manne. Gattschliche
zum anspucken. Weechquarggesichter, die vor Kinder-
klappern reißaus nehmen. Kerle, die dreimal "scheen
dank" sagen fer ne Tracht Prügel. Euch haben se de
Adern so leer gemacht, das ihr ni amal mehr
kennt rot anlaufen im Gesichte. An Peitsche sollt ma
nehmen und euch a Kriin einbläun in eure faulen
Knochen.
(Schnell ab.)
(Verlegenheitspause.)
Mutter Hilse. Was is denn mit Liesl'n, Vater?
Der alte Hilse. Nischte, Mutterle. Was soll
denn sein?!
Mutter Hilse. Sag amal, Vater, macht mirsch
blos a so was vor, oder läuten de Glocken?
Der alte Hilse. Se wern een'n begraben, Mutter.
Mutter Hilse. Und mit mir wills halt immer
von dem Augenblicke an, wo a ſo a Hiperle uf de
Welt kam, bis d’r Tot und erbarmte ſich drüber.
Jhr habt euch an Teiwel geſcheert. Jhr habt gebet’t
und geſungen, und ich hab m’r de Fiſſe bluttich gelaufen
nach een’n eenzichten Neegl Puttermilch. Wie viel
hundert Nächte hab ich mir a Kopp zerklaubt, wie
ich ock und ich kennte ſo a Kindel ock a eenzich
mal um a Kirchhoof rumpaſchen. Was hat ſo a
Kindel verbrochen, hä? und muß ſo a elendigliches
Ende nehmen — und drieben bei Dittrichen, da wern
ſe in Wein gebadt und mit Milch gewaſchen. Nee,
nee! wenn’s hie losgeht — ni zehn Pferde ſolln mich
zuricke halten. Und das ſag ich: ſtirmen ſe Dittrichens
Gebäude — ich bin de Erſchte — und Gnade jeden
der mich will abhalten. — Jch habs ſatt, a ſo viel
ſteht feſte.
Der alte Hilſe. Du biſt gar verfallen, dir is
ni zu helfen.
Luiſe (in Raſerei). Euch is nich zu helfen. Lappärſche
ſeid ihr. Haderlumpe aber keene Manne. Gattſchliche
zum anſpucken. Weechquarggeſichter, die vor Kinder-
klappern reißaus nehmen. Kerle, die dreimal „ſcheen
dank“ ſagen fer ne Tracht Prügel. Euch haben ſe de
Adern ſo leer gemacht, das ihr ni amal mehr
kennt rot anlaufen im Geſichte. An Peitſche ſollt ma
nehmen und euch a Kriin einbläun in eure faulen
Knochen.
(Schnell ab.)
(Verlegenheitspauſe.)
Mutter Hilſe. Was is denn mit Liesl’n, Vater?
Der alte Hilſe. Niſchte, Mutterle. Was ſoll
denn ſein?!
Mutter Hilſe. Sag amal, Vater, macht mirſch
blos a ſo was vor, oder läuten de Glocken?
Der alte Hilſe. Se wern een’n begraben, Mutter.
Mutter Hilſe. Und mit mir wills halt immer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#LUI">
          <p><pb facs="#f0118" n="105"/>
von dem Augenblicke an, wo a &#x017F;o a Hiperle uf de<lb/>
Welt kam, bis d&#x2019;r Tot und erbarmte &#x017F;ich drüber.<lb/>
Jhr habt euch an Teiwel ge&#x017F;cheert. Jhr habt gebet&#x2019;t<lb/>
und ge&#x017F;ungen, und ich hab m&#x2019;r de Fi&#x017F;&#x017F;e bluttich gelaufen<lb/>
nach een&#x2019;n eenzichten Neegl Puttermilch. Wie viel<lb/><hi rendition="#g">hundert</hi> Nächte hab ich mir a Kopp zerklaubt, wie<lb/>
ich ock und ich kennte &#x017F;o a Kindel ock a eenzich<lb/>
mal um a Kirchhoof rumpa&#x017F;chen. Was hat &#x017F;o a<lb/>
Kindel verbrochen, hä? und muß &#x017F;o a elendigliches<lb/>
Ende nehmen &#x2014; und drieben bei Dittrichen, da wern<lb/>
&#x017F;e in Wein gebadt und mit Milch gewa&#x017F;chen. Nee,<lb/>
nee! wenn&#x2019;s <hi rendition="#g">hie</hi> losgeht &#x2014; ni zehn Pferde &#x017F;olln mich<lb/>
zuricke halten. Und das &#x017F;ag ich: &#x017F;tirmen &#x017F;e Dittrichens<lb/>
Gebäude &#x2014; ich bin de Er&#x017F;chte &#x2014; und Gnade jeden<lb/>
der mich will abhalten. &#x2014; Jch habs &#x017F;att, a &#x017F;o viel<lb/>
&#x017F;teht fe&#x017F;te.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Der alte Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Du bi&#x017F;t gar verfallen, dir is<lb/>
ni zu helfen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LUI">
          <speaker> <hi rendition="#g">Lui&#x017F;e</hi> </speaker>
          <stage>(in Ra&#x017F;erei).</stage>
          <p>Euch is nich zu helfen. Lappär&#x017F;che<lb/>
&#x017F;eid ihr. Haderlumpe aber keene Manne. Gatt&#x017F;chliche<lb/>
zum an&#x017F;pucken. Weechquargge&#x017F;ichter, die vor Kinder-<lb/>
klappern reißaus nehmen. Kerle, die dreimal &#x201E;&#x017F;cheen<lb/>
dank&#x201C; &#x017F;agen fer ne Tracht Prügel. Euch haben &#x017F;e de<lb/>
Adern &#x017F;o leer gemacht, das ihr ni amal mehr<lb/>
kennt rot anlaufen im Ge&#x017F;ichte. An Peit&#x017F;che &#x017F;ollt ma<lb/>
nehmen und euch a Kriin einbläun in eure faulen<lb/>
Knochen.</p>
          <stage>(Schnell ab.)</stage><lb/>
          <stage>(Verlegenheitspau&#x017F;e.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MUTHISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Mutter Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Was is denn mit Liesl&#x2019;n, Vater?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Der alte Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Ni&#x017F;chte, Mutterle. Was &#x017F;oll<lb/>
denn &#x017F;ein?!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MUTHISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Mutter Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Sag amal, Vater, macht mir&#x017F;ch<lb/>
blos a &#x017F;o was vor, oder läuten de Glocken?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Der alte Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Se wern een&#x2019;n begraben, Mutter.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MUTHISE">
          <speaker><hi rendition="#g">Mutter Hil&#x017F;e</hi>.</speaker>
          <p>Und mit mir wills halt immer<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0118] von dem Augenblicke an, wo a ſo a Hiperle uf de Welt kam, bis d’r Tot und erbarmte ſich drüber. Jhr habt euch an Teiwel geſcheert. Jhr habt gebet’t und geſungen, und ich hab m’r de Fiſſe bluttich gelaufen nach een’n eenzichten Neegl Puttermilch. Wie viel hundert Nächte hab ich mir a Kopp zerklaubt, wie ich ock und ich kennte ſo a Kindel ock a eenzich mal um a Kirchhoof rumpaſchen. Was hat ſo a Kindel verbrochen, hä? und muß ſo a elendigliches Ende nehmen — und drieben bei Dittrichen, da wern ſe in Wein gebadt und mit Milch gewaſchen. Nee, nee! wenn’s hie losgeht — ni zehn Pferde ſolln mich zuricke halten. Und das ſag ich: ſtirmen ſe Dittrichens Gebäude — ich bin de Erſchte — und Gnade jeden der mich will abhalten. — Jch habs ſatt, a ſo viel ſteht feſte. Der alte Hilſe. Du biſt gar verfallen, dir is ni zu helfen. Luiſe (in Raſerei). Euch is nich zu helfen. Lappärſche ſeid ihr. Haderlumpe aber keene Manne. Gattſchliche zum anſpucken. Weechquarggeſichter, die vor Kinder- klappern reißaus nehmen. Kerle, die dreimal „ſcheen dank“ ſagen fer ne Tracht Prügel. Euch haben ſe de Adern ſo leer gemacht, das ihr ni amal mehr kennt rot anlaufen im Geſichte. An Peitſche ſollt ma nehmen und euch a Kriin einbläun in eure faulen Knochen. (Schnell ab.) (Verlegenheitspauſe.) Mutter Hilſe. Was is denn mit Liesl’n, Vater? Der alte Hilſe. Niſchte, Mutterle. Was ſoll denn ſein?! Mutter Hilſe. Sag amal, Vater, macht mirſch blos a ſo was vor, oder läuten de Glocken? Der alte Hilſe. Se wern een’n begraben, Mutter. Mutter Hilſe. Und mit mir wills halt immer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Weber sind zu Beginn auf schlesisch erschiene… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/118
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/118>, abgerufen am 24.11.2024.