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Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

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rath redte mit vielen. Da warn se a so dehmütig wie
sonste. Aber abhaltn ließen se sich nich. Die scheensten
Möbelsticke, die wurden zerhackt, ganz wie fürsch
Lohn.
Der alte Hilse. A Landrath hättst Du durchs
Haus geführt?
Hornig. Nu, ich wer mich doch ni fürchten.
Jch bin doch bekannt bei den Leuten, wie a beese
Greschel. Jch hab doch mit keen'n nischt. Jch steh
doch mit allen gut. A so gewiß, wie ich Hornig
heeße, so wahr bin ich durchgegangen. Und ihr kennt's
dreiste glooben --: mir is orntlich weech worn hie rum --
und'n Landrath, dem sah ich's woll ooch an -- 's ging
'n nahe genug. Denn warum? -- Ma hörte ooch
noch nich amal a eenzichtes Wort, a so schweigsam
ging's her. Orntlich feierlich wurd' een zu Mutte,
wie die armen Hungerleider und nahmen amal ihre
Rache -- dahier.
Luise (mit ausbrechender, zitternder Erregung. Zugleich die Augen
mit der Schürze reibend).
A so is ganz recht, a so muß kommen!
Stimmen der Hausbewohner. "Hier gäbs o
Menschenschinder genug." "Da drüben wohnt glei
eener." "Der hat vier Pferde und sechs Kutsch-
wagen im Stalle und läßt seine Weber d'rfüre
hungern."
Der alte Hilse (immer noch ungläubig.) Wie sollte das
a so rauskommen sein, dort driben?
Hornig. Wer weeß'nu!? Wer weeß' ooch!? Eener
spricht so, d'r andre so.
Der alte Hilse. Was sprechen se denn?
Hornig. Na, Gott zu Dir, Dreißiger sollte
gesagt habn: de Weber kennten ja Gras fressen, wenn se
hungern täten. Jch weeß nu weiter nich.

(Bewegung auch unter den Hausbewohnern, die es einer dem andern unter
Zeichen der Entrüstung weiter erzählen.)
Der alte Hilse. Nu hör amal, Hornig. Du
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rath redte mit vielen. Da warn ſe a ſo dehmütig wie
ſonſte. Aber abhaltn ließen ſe ſich nich. Die ſcheenſten
Möbelſticke, die wurden zerhackt, ganz wie fürſch
Lohn.
Der alte Hilſe. A Landrath hättſt Du durchs
Haus geführt?
Hornig. Nu, ich wer mich doch ni fürchten.
Jch bin doch bekannt bei den Leuten, wie a beeſe
Greſchel. Jch hab doch mit keen’n niſcht. Jch ſteh
doch mit allen gut. A ſo gewiß, wie ich Hornig
heeße, ſo wahr bin ich durchgegangen. Und ihr kennt’s
dreiſte glooben —: mir is orntlich weech worn hie rum —
und’n Landrath, dem ſah ich’s woll ooch an — ’s ging
’n nahe genug. Denn warum? — Ma hörte ooch
noch nich amal a eenzichtes Wort, a ſo ſchweigſam
ging’s her. Orntlich feierlich wurd’ een zu Mutte,
wie die armen Hungerleider und nahmen amal ihre
Rache — dahier.
Luiſe (mit ausbrechender, zitternder Erregung. Zugleich die Augen
mit der Schürze reibend).
A ſo is ganz recht, a ſo muß kommen!
Stimmen der Hausbewohner. „Hier gäbs o
Menſchenſchinder genug.“ „Da drüben wohnt glei
eener.“ „Der hat vier Pferde und ſechs Kutſch-
wagen im Stalle und läßt ſeine Weber d’rfüre
hungern.“
Der alte Hilſe (immer noch ungläubig.) Wie ſollte das
a ſo rauskommen ſein, dort driben?
Hornig. Wer weeß’nu!? Wer weeß’ ooch!? Eener
ſpricht ſo, d’r andre ſo.
Der alte Hilſe. Was ſprechen ſe denn?
Hornig. Na, Gott zu Dir, Dreißiger ſollte
geſagt habn: de Weber kennten ja Gras freſſen, wenn ſe
hungern täten. Jch weeß nu weiter nich.

(Bewegung auch unter den Hausbewohnern, die es einer dem andern unter
Zeichen der Entrüſtung weiter erzählen.)
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[99/0112] rath redte mit vielen. Da warn ſe a ſo dehmütig wie ſonſte. Aber abhaltn ließen ſe ſich nich. Die ſcheenſten Möbelſticke, die wurden zerhackt, ganz wie fürſch Lohn. Der alte Hilſe. A Landrath hättſt Du durchs Haus geführt? Hornig. Nu, ich wer mich doch ni fürchten. Jch bin doch bekannt bei den Leuten, wie a beeſe Greſchel. Jch hab doch mit keen’n niſcht. Jch ſteh doch mit allen gut. A ſo gewiß, wie ich Hornig heeße, ſo wahr bin ich durchgegangen. Und ihr kennt’s dreiſte glooben —: mir is orntlich weech worn hie rum — und’n Landrath, dem ſah ich’s woll ooch an — ’s ging ’n nahe genug. Denn warum? — Ma hörte ooch noch nich amal a eenzichtes Wort, a ſo ſchweigſam ging’s her. Orntlich feierlich wurd’ een zu Mutte, wie die armen Hungerleider und nahmen amal ihre Rache — dahier. Luiſe (mit ausbrechender, zitternder Erregung. Zugleich die Augen mit der Schürze reibend). A ſo is ganz recht, a ſo muß kommen! Stimmen der Hausbewohner. „Hier gäbs o Menſchenſchinder genug.“ „Da drüben wohnt glei eener.“ „Der hat vier Pferde und ſechs Kutſch- wagen im Stalle und läßt ſeine Weber d’rfüre hungern.“ Der alte Hilſe (immer noch ungläubig.) Wie ſollte das a ſo rauskommen ſein, dort driben? Hornig. Wer weeß’nu!? Wer weeß’ ooch!? Eener ſpricht ſo, d’r andre ſo. Der alte Hilſe. Was ſprechen ſe denn? Hornig. Na, Gott zu Dir, Dreißiger ſollte geſagt habn: de Weber kennten ja Gras freſſen, wenn ſe hungern täten. Jch weeß nu weiter nich. (Bewegung auch unter den Hausbewohnern, die es einer dem andern unter Zeichen der Entrüſtung weiter erzählen.) Der alte Hilſe. Nu hör amal, Hornig. Du 7*

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/112>, abgerufen am 27.11.2024.