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Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

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Langen-Bielau. -- Das Weberstübchen des alten Hilse. Links
ein Fensterchen, davor ein Webstuhl, rechts ein Bett, dicht daran
gerückt ein Tisch. Jm Winkel rechts der Ofen mit Bank. Um
den Tisch, auf Ritsche, Bettkante und Holzschemel sitzend:
der alte Hilse, seine ebenfalls alte, blinde und fast taube
Frau, sein Sohn Gottlieb und dessen Frau Luise, bei der
Morgenandacht. Ein Spulrad mit Garnwinde steht zwischen
Tisch und Webstuhl. Auf den gebräunten Deckbalken ist aller-
hand altes Spinn-, Spul- und Webegeräth untergebracht.
Lange Garnsträhne hängen herunter. Vielerlei Prast liegt
überall im Zinmer umher. Der sehr enge, niedrige und
flache Raum hat eine Thür nach dem "Hause" in der Hinter-
wand. Dieser Thür gegenüber im "Hause" steht eine andere
Thür offen, die den Einblick gewährt in ein zweites, dem
ersten ähnliches Weberstübchen. Das Haus ist mit Steinen
gepflastert, hat schadhaften Putz und eine baufällige Holztreppe
hinauf zur Dachwohnung. Ein Waschfaß auf einem Schemel
ist theilweise sichtbar; ärmlichste Wäschestücke, Hausrath armer
Leute steht und liegt durcheinander. Das Licht fällt von der
linken Seite in alle drei Räumlichkeiten.
Der alte Hilse (ein bärtiger, starkknochiger, aber nun von Alter,
Arbeit, Krankheit und Strapazen gebeugter und verfallener Mann. Veteran,
einarmig. Er ist spitznafig von fahler Gesichtsfarbe, zittrig, scheinbar nur Haut,
Knochen und Sehne und hat die tiefliegenden, charakteristischen, gleichsam wunden
Weberaugen. -- Nachdem er sich mit Sohn und Schwiegertochter erhoben, betet er:)

Du lieber Herrgott, mir kenn Dir gar nich genug Dank
bezeigen, das Du uns auch diese Nacht in deiner Gnade
und Güte ... und hast Dich unser erbarmt. Das mir
auch diese Nacht nich han keen'n Schaden genommen.
"Herr Deine Güte reicht so weit", und mir sein arme,
Langen-Bielau. — Das Weberſtübchen des alten Hilſe. Links
ein Fenſterchen, davor ein Webſtuhl, rechts ein Bett, dicht daran
gerückt ein Tiſch. Jm Winkel rechts der Ofen mit Bank. Um
den Tiſch, auf Ritſche, Bettkante und Holzſchemel ſitzend:
der alte Hilſe, ſeine ebenfalls alte, blinde und faſt taube
Frau, ſein Sohn Gottlieb und deſſen Frau Luiſe, bei der
Morgenandacht. Ein Spulrad mit Garnwinde ſteht zwiſchen
Tiſch und Webſtuhl. Auf den gebräunten Deckbalken iſt aller-
hand altes Spinn-, Spul- und Webegeräth untergebracht.
Lange Garnſträhne hängen herunter. Vielerlei Praſt liegt
überall im Zinmer umher. Der ſehr enge, niedrige und
flache Raum hat eine Thür nach dem „Hauſe“ in der Hinter-
wand. Dieſer Thür gegenüber im „Hauſe“ ſteht eine andere
Thür offen, die den Einblick gewährt in ein zweites, dem
erſten ähnliches Weberſtübchen. Das Haus iſt mit Steinen
gepflaſtert, hat ſchadhaften Putz und eine baufällige Holztreppe
hinauf zur Dachwohnung. Ein Waſchfaß auf einem Schemel
iſt theilweiſe ſichtbar; ärmlichſte Wäſcheſtücke, Hausrath armer
Leute ſteht und liegt durcheinander. Das Licht fällt von der
linken Seite in alle drei Räumlichkeiten.
Der alte Hilſe (ein bärtiger, ſtarkknochiger, aber nun von Alter,
Arbeit, Krankheit und Strapazen gebeugter und verfallener Mann. Veteran,
einarmig. Er iſt ſpitznafig von fahler Geſichtsfarbe, zittrig, ſcheinbar nur Haut,
Knochen und Sehne und hat die tiefliegenden, charakteriſtiſchen, gleichſam wunden
Weberaugen. — Nachdem er ſich mit Sohn und Schwiegertochter erhoben, betet er:)

Du lieber Herrgott, mir kenn Dir gar nich genug Dank
bezeigen, das Du uns auch dieſe Nacht in deiner Gnade
und Güte … und haſt Dich unſer erbarmt. Das mir
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[[95]/0108] Langen-Bielau. — Das Weberſtübchen des alten Hilſe. Links ein Fenſterchen, davor ein Webſtuhl, rechts ein Bett, dicht daran gerückt ein Tiſch. Jm Winkel rechts der Ofen mit Bank. Um den Tiſch, auf Ritſche, Bettkante und Holzſchemel ſitzend: der alte Hilſe, ſeine ebenfalls alte, blinde und faſt taube Frau, ſein Sohn Gottlieb und deſſen Frau Luiſe, bei der Morgenandacht. Ein Spulrad mit Garnwinde ſteht zwiſchen Tiſch und Webſtuhl. Auf den gebräunten Deckbalken iſt aller- hand altes Spinn-, Spul- und Webegeräth untergebracht. Lange Garnſträhne hängen herunter. Vielerlei Praſt liegt überall im Zinmer umher. Der ſehr enge, niedrige und flache Raum hat eine Thür nach dem „Hauſe“ in der Hinter- wand. Dieſer Thür gegenüber im „Hauſe“ ſteht eine andere Thür offen, die den Einblick gewährt in ein zweites, dem erſten ähnliches Weberſtübchen. Das Haus iſt mit Steinen gepflaſtert, hat ſchadhaften Putz und eine baufällige Holztreppe hinauf zur Dachwohnung. Ein Waſchfaß auf einem Schemel iſt theilweiſe ſichtbar; ärmlichſte Wäſcheſtücke, Hausrath armer Leute ſteht und liegt durcheinander. Das Licht fällt von der linken Seite in alle drei Räumlichkeiten. Der alte Hilſe (ein bärtiger, ſtarkknochiger, aber nun von Alter, Arbeit, Krankheit und Strapazen gebeugter und verfallener Mann. Veteran, einarmig. Er iſt ſpitznafig von fahler Geſichtsfarbe, zittrig, ſcheinbar nur Haut, Knochen und Sehne und hat die tiefliegenden, charakteriſtiſchen, gleichſam wunden Weberaugen. — Nachdem er ſich mit Sohn und Schwiegertochter erhoben, betet er:) Du lieber Herrgott, mir kenn Dir gar nich genug Dank bezeigen, das Du uns auch dieſe Nacht in deiner Gnade und Güte … und haſt Dich unſer erbarmt. Das mir auch dieſe Nacht nich han keen’n Schaden genommen. „Herr Deine Güte reicht ſo weit“, und mir ſein arme,

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Die Weber sind zu Beginn auf schlesisch erschiene… [mehr]

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. [95]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/108>, abgerufen am 23.11.2024.