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Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.

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und grapscht ihm unter der Hand seine paar Hunger-
pfennige aus der Tasche.
Loth. Erachtest Du Dich nun als demaskirt?
Hoffmann (roh). Ach was! Du lächerlicher, ge-
spreizter Tugendmeier! Was mir das wohl ausmacht,
vor Dir demaskirt zu sein! -- Arbeite lieber! Laß
Deine albernen Faseleien! -- Thu was! Komm zu
was! Ich brauche Niemand um zweihundert Mark an-
zupumpen. (Schnell ab durch die Mittelthür.)

(Loth sieht ihm einige Augenblicke ruhig nach, dann greift er, nicht
minder ruhig, in seine Brusttasche, zieht ein Portefeuille und entnimmt ihm ein
Stück Papier (den Chec Hoffmann's), das er mehrmals durchreißt, um die
Schnitzel dann langsam in den Kohlenkasten fallen zu lassen. Hierauf nimmt er
Hut und Stock und wendet sich zum Gehen. Jetzt erscheint Helene auf der
Schwelle des Wintergartens.)

Helene (leise). Herr Loth!
Loth (zuckt zusammen, wendet sich). Ah! Sie sind es. --
Nun -- dann -- kann ich Ihnen doch wenigstens ein
Lebewohl sagen.
Helene (unwillkürlich). War Ihnen das Bedürfniß?
Loth. Ja! -- es war mir Bedürfniß --! Ver-
muthlich -- wenn Sie da drin gewesen sind -- haben
Sie den Auftritt hier mit angehört -- und dann.....
Helene. Ich habe Alles mit angehört.
Loth. Nun -- dann -- wird es Sie nicht
in Erstaunen setzen, wenn ich dieses Haus so ohne Sang
und Klang verlasse.
Helene. N -- nein! -- ich begreife --!...
..................
Vielleicht kann's Sie milder gegen ihn stimmen...
mein Schwager bereut immer sehr schnell. Ich hab's
oft...
Loth. Ganz möglich --! Vielleicht gerade des-
halb aber ist das, was er über mich sagte, seine wahre
Meinung von mir. -- Es ist sogar unbedingt seine
wahre Meinung.
Helene. Glauben Sie das im Ernst?
Loth. Ja! -- im Ernst! Also.... (er geht auf
sie zu und giebt ihr die Hand)
leben Sie recht glücklich! (Er wendet
und grapſcht ihm unter der Hand ſeine paar Hunger-
pfennige aus der Taſche.
Loth. Erachteſt Du Dich nun als demaskirt?
Hoffmann (roh). Ach was! Du lächerlicher, ge-
ſpreizter Tugendmeier! Was mir das wohl ausmacht,
vor Dir demaskirt zu ſein! — Arbeite lieber! Laß
Deine albernen Faſeleien! — Thu was! Komm zu
was! Ich brauche Niemand um zweihundert Mark an-
zupumpen. (Schnell ab durch die Mittelthür.)

(Loth ſieht ihm einige Augenblicke ruhig nach, dann greift er, nicht
minder ruhig, in ſeine Bruſttaſche, zieht ein Portefeuille und entnimmt ihm ein
Stück Papier (den Chec Hoffmann's), das er mehrmals durchreißt, um die
Schnitzel dann langſam in den Kohlenkaſten fallen zu laſſen. Hierauf nimmt er
Hut und Stock und wendet ſich zum Gehen. Jetzt erſcheint Helene auf der
Schwelle des Wintergartens.)

Helene (leiſe). Herr Loth!
Loth (zuckt zuſammen, wendet ſich). Ah! Sie ſind es. —
Nun — dann — kann ich Ihnen doch wenigſtens ein
Lebewohl ſagen.
Helene (unwillkürlich). War Ihnen das Bedürfniß?
Loth. Ja! — es war mir Bedürfniß —! Ver-
muthlich — wenn Sie da drin geweſen ſind — haben
Sie den Auftritt hier mit angehört — und dann.....
Helene. Ich habe Alles mit angehört.
Loth. Nun — dann — wird es Sie nicht
in Erſtaunen ſetzen, wenn ich dieſes Haus ſo ohne Sang
und Klang verlaſſe.
Helene. N — nein! — ich begreife —!...
..................
Vielleicht kann's Sie milder gegen ihn ſtimmen...
mein Schwager bereut immer ſehr ſchnell. Ich hab's
oft...
Loth. Ganz möglich —! Vielleicht gerade des-
halb aber iſt das, was er über mich ſagte, ſeine wahre
Meinung von mir. — Es iſt ſogar unbedingt ſeine
wahre Meinung.
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[71/0077] und grapſcht ihm unter der Hand ſeine paar Hunger- pfennige aus der Taſche. Loth. Erachteſt Du Dich nun als demaskirt? Hoffmann (roh). Ach was! Du lächerlicher, ge- ſpreizter Tugendmeier! Was mir das wohl ausmacht, vor Dir demaskirt zu ſein! — Arbeite lieber! Laß Deine albernen Faſeleien! — Thu was! Komm zu was! Ich brauche Niemand um zweihundert Mark an- zupumpen.(Schnell ab durch die Mittelthür.) (Loth ſieht ihm einige Augenblicke ruhig nach, dann greift er, nicht minder ruhig, in ſeine Bruſttaſche, zieht ein Portefeuille und entnimmt ihm ein Stück Papier (den Chec Hoffmann's), das er mehrmals durchreißt, um die Schnitzel dann langſam in den Kohlenkaſten fallen zu laſſen. Hierauf nimmt er Hut und Stock und wendet ſich zum Gehen. Jetzt erſcheint Helene auf der Schwelle des Wintergartens.) Helene (leiſe). Herr Loth! Loth (zuckt zuſammen, wendet ſich). Ah! Sie ſind es. — Nun — dann — kann ich Ihnen doch wenigſtens ein Lebewohl ſagen. Helene (unwillkürlich). War Ihnen das Bedürfniß? Loth. Ja! — es war mir Bedürfniß —! Ver- muthlich — wenn Sie da drin geweſen ſind — haben Sie den Auftritt hier mit angehört — und dann..... Helene. Ich habe Alles mit angehört. Loth. Nun — dann — wird es Sie nicht in Erſtaunen ſetzen, wenn ich dieſes Haus ſo ohne Sang und Klang verlaſſe. Helene. N — nein! — ich begreife —!... .................. Vielleicht kann's Sie milder gegen ihn ſtimmen... mein Schwager bereut immer ſehr ſchnell. Ich hab's oft... Loth. Ganz möglich —! Vielleicht gerade des- halb aber iſt das, was er über mich ſagte, ſeine wahre Meinung von mir. — Es iſt ſogar unbedingt ſeine wahre Meinung. Helene. Glauben Sie das im Ernſt? Loth. Ja! — im Ernſt! Alſo.... (er geht auf ſie zu und giebt ihr die Hand) leben Sie recht glücklich! (Er wendet

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/77>, abgerufen am 24.11.2024.