Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
trauen mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals durch ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen. Helene. Wenn dieser Mensch so gefährlich ist, warum freutest Du Dich denn gestern so aufrichtig, als..... Hoffmann. Gott ja, er ist eben ein Jugend- bekannter! Weißt Du denn, ob nicht ganz bestimmte Gründe vorlagen.... Helene. Gründe? wie denn.....? Hoffmann. Nur so. -- Käme er allerdings heut und wüßte ich, was ich jetzt weiß -- Helene. Was weißt Du denn nur? Ich sagte Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich verlauten lassen. Hoffmann. -- Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's zweimal überlegt und mich wahrscheinlich sehr in Acht genommen, ihn hierzubehalten. Loth ist und bleibt 'n Mensch, dessen Umgang compromittirt. Die Behörden haben ihn im Auge. Helene. Ja, hat er denn ein Verbrechen be- gangen? Hoffmann. Sprechen wir lieber darüber nicht. Laß es Dir genug sein, Schwägerin, wenn ich Dir die Versicherung gebe: mit Ansichten, wie er sie hat, in der Welt umherzulaufen, ist heutzutage weit schlimmer und vor Allem weit gefährlicher, als Stehlen. Helene. Ich will's mir merken. -- Nun aber -- Schwager! hörst Du? Frag mich nicht -- wie ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von Dir denke -- Hörst Du? Hoffmann (cynisch kalt). Denkst Du denn wirklich, daß mir so ganz besonders viel daran liegt, das zu wissen? (Er drückt den Klingelknopf.) Uebrigens höre ich ihn da eben hereinkommen. (Loth tritt ein.) Hoffmann. Nun --? gut geschlafen, alter Freund? Loth. Gut, aber nicht lange. Sag doch mal:
trauen mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals durch ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen. Helene. Wenn dieſer Menſch ſo gefährlich iſt, warum freuteſt Du Dich denn geſtern ſo aufrichtig, als..... Hoffmann. Gott ja, er iſt eben ein Jugend- bekannter! Weißt Du denn, ob nicht ganz beſtimmte Gründe vorlagen.... Helene. Gründe? wie denn.....? Hoffmann. Nur ſo. — Käme er allerdings heut und wüßte ich, was ich jetzt weiß — Helene. Was weißt Du denn nur? Ich ſagte Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich verlauten laſſen. Hoffmann. — Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's zweimal überlegt und mich wahrſcheinlich ſehr in Acht genommen, ihn hierzubehalten. Loth iſt und bleibt 'n Menſch, deſſen Umgang compromittirt. Die Behörden haben ihn im Auge. Helene. Ja, hat er denn ein Verbrechen be- gangen? Hoffmann. Sprechen wir lieber darüber nicht. Laß es Dir genug ſein, Schwägerin, wenn ich Dir die Verſicherung gebe: mit Anſichten, wie er ſie hat, in der Welt umherzulaufen, iſt heutzutage weit ſchlimmer und vor Allem weit gefährlicher, als Stehlen. Helene. Ich will's mir merken. — Nun aber — Schwager! hörſt Du? Frag mich nicht — wie ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von Dir denke — Hörſt Du? Hoffmann (cyniſch kalt). Denkſt Du denn wirklich, daß mir ſo ganz beſonders viel daran liegt, das zu wiſſen? (Er drückt den Klingelknopf.) Uebrigens höre ich ihn da eben hereinkommen. (Loth tritt ein.) Hoffmann. Nun —? gut geſchlafen, alter Freund? Loth. Gut, aber nicht lange. Sag doch mal: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#HOF"> <p><pb facs="#f0065" n="59"/> trauen mittheilen: ein Haar, und ich wäre damals durch<lb/> ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Wenn dieſer Menſch ſo gefährlich iſt,<lb/> warum freuteſt Du Dich denn geſtern ſo aufrichtig,<lb/> als.....</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Gott ja, er iſt eben ein Jugend-<lb/> bekannter! Weißt Du denn, ob nicht ganz beſtimmte<lb/> Gründe vorlagen....</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Gründe? wie denn.....?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Nur ſo. — Käme er allerdings heut<lb/> und wüßte ich, was ich jetzt weiß —</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Was weißt Du denn nur? Ich ſagte<lb/> Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich<lb/> verlauten laſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>— Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's<lb/> zweimal überlegt und mich wahrſcheinlich ſehr in Acht<lb/> genommen, ihn hierzubehalten. Loth iſt und bleibt 'n<lb/> Menſch, deſſen Umgang compromittirt. Die Behörden<lb/> haben ihn im Auge.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Ja, hat er denn ein Verbrechen be-<lb/> gangen?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Sprechen wir lieber darüber nicht.<lb/> Laß es Dir genug ſein, Schwägerin, wenn ich Dir die<lb/> Verſicherung gebe: mit Anſichten, wie er ſie hat, in der<lb/> Welt umherzulaufen, iſt heutzutage weit ſchlimmer und<lb/> vor Allem weit gefährlicher, als Stehlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Ich will's mir merken. — Nun<lb/> aber — Schwager! hörſt Du? Frag mich nicht — wie<lb/> ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von<lb/><hi rendition="#g">Dir</hi> denke — Hörſt Du?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker> <hi rendition="#g">Hoffmann</hi> </speaker> <p><stage>(cyniſch kalt).</stage> Denkſt Du denn wirklich, daß<lb/> mir ſo ganz beſonders viel daran liegt, das zu wiſſen?<lb/><stage>(Er drückt den Klingelknopf.)</stage> Uebrigens höre ich ihn da eben<lb/> hereinkommen.</p><lb/> <p> <stage>(Loth tritt ein.)</stage> </p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Nun —? gut geſchlafen, alter Freund?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Gut, aber nicht lange. Sag doch mal:<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [59/0065]
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ihn und mit ihm greulich in die Tinte gerathen.
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warum freuteſt Du Dich denn geſtern ſo aufrichtig,
als.....
Hoffmann. Gott ja, er iſt eben ein Jugend-
bekannter! Weißt Du denn, ob nicht ganz beſtimmte
Gründe vorlagen....
Helene. Gründe? wie denn.....?
Hoffmann. Nur ſo. — Käme er allerdings heut
und wüßte ich, was ich jetzt weiß —
Helene. Was weißt Du denn nur? Ich ſagte
Dir doch bereits, er hat kein Sterbenswort über Dich
verlauten laſſen.
Hoffmann. — Verlaß Dich d'rauf! Ich hätte mir's
zweimal überlegt und mich wahrſcheinlich ſehr in Acht
genommen, ihn hierzubehalten. Loth iſt und bleibt 'n
Menſch, deſſen Umgang compromittirt. Die Behörden
haben ihn im Auge.
Helene. Ja, hat er denn ein Verbrechen be-
gangen?
Hoffmann. Sprechen wir lieber darüber nicht.
Laß es Dir genug ſein, Schwägerin, wenn ich Dir die
Verſicherung gebe: mit Anſichten, wie er ſie hat, in der
Welt umherzulaufen, iſt heutzutage weit ſchlimmer und
vor Allem weit gefährlicher, als Stehlen.
Helene. Ich will's mir merken. — Nun
aber — Schwager! hörſt Du? Frag mich nicht — wie
ich nach Deinen Reden über Herrn Loth noch von
Dir denke — Hörſt Du?
Hoffmann (cyniſch kalt). Denkſt Du denn wirklich, daß
mir ſo ganz beſonders viel daran liegt, das zu wiſſen?
(Er drückt den Klingelknopf.) Uebrigens höre ich ihn da eben
hereinkommen.
(Loth tritt ein.)
Hoffmann. Nun —? gut geſchlafen, alter Freund?
Loth. Gut, aber nicht lange. Sag doch mal:
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