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Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.

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Hoffmann (zuckt die Achseln).
Dr. Schimmelpfennig (wie vorher). Könnten Sie
nicht -- Ihre Schwägerin -- für die Aufgabe, dieses
Kind zu erziehen, interessiren?
Hoffmann. Wenn Sie wüßten, Herr Doctor,
was für Hindernisse...außerdem: ein unerfahrenes,
junges Ding...Mutter ist doch Mutter.
Dr. Schimmelpfennig. Sie wissen meine
Meinung. Empfehle mich.

Hoffmann (mit Ueberfreundlichkeit um ihn herum complimentirend).
Empfehle mich ebenfalls! ich bin Ihnen äußerst dankbar...

(Beide ab durch die Mittelthür.)

(Helene, das Taschentuch vor den Mund gepreßt, schluchzend, außer sich,
kommt herein und läßt sich auf das Sopha links vorn hinfallen. Nach einigen
Augenblicken tritt Hoffmann, Zeitungsblätter in den Händen haltend, aber-
mals ein.)

Hoffmann. Was ist denn das --? sag' 'mal,
Schwägerin! soll denn das noch lange so fort gehen? --
Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, an dem ich
Dich nicht weinen sehe.
Helene. Ach! -- was weißt Du!? -- wenn Du
überhaupt Sinn für so was hätt'st, dann würd'st Du
Dich vielmehr wundern, wenn ich 'mal nicht weinte.
Hoffmann. -- Das leuchtet mir nicht ein,
Schwägerin!
Helene. Mir um so mehr!
Hoffmann ..........Es muß doch wieder
was passirt sein, hör' 'mal!
Helene (springt auf, stampft mit dem Fuße). Pfui! Pfui
...und ich mag's nicht mehr leiden...das hört auf!
ich lasse mir das nicht mehr bieten! ich sehe nicht ein
warum...ich... (in Weinen erstickend).
Hoffmann. Willst Du mir denn nicht wenigstens
sagen, worum sich's handelt, damit..........
Helene (auf's Neue heftig ausbrechend). Alles ist mir egal!
schlimmer kann's nicht mehr kommen: -- einen Trunken-
bold von Vater hat man, ein Thier -- vor dem
die....die eigene Tochter nicht sicher ist. -- Eine
Hoffmann (zuckt die Achſeln).
Dr. Schimmelpfennig (wie vorher). Könnten Sie
nicht — Ihre Schwägerin — für die Aufgabe, dieſes
Kind zu erziehen, intereſſiren?
Hoffmann. Wenn Sie wüßten, Herr Doctor,
was für Hinderniſſe...außerdem: ein unerfahrenes,
junges Ding...Mutter iſt doch Mutter.
Dr. Schimmelpfennig. Sie wiſſen meine
Meinung. Empfehle mich.

Hoffmann (mit Ueberfreundlichkeit um ihn herum complimentirend).
Empfehle mich ebenfalls! ich bin Ihnen äußerſt dankbar...

(Beide ab durch die Mittelthür.)

(Helene, das Taſchentuch vor den Mund gepreßt, ſchluchzend, außer ſich,
kommt herein und läßt ſich auf das Sopha links vorn hinfallen. Nach einigen
Augenblicken tritt Hoffmann, Zeitungsblätter in den Händen haltend, aber-
mals ein.)

Hoffmann. Was iſt denn das —? ſag' 'mal,
Schwägerin! ſoll denn das noch lange ſo fort gehen? —
Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, an dem ich
Dich nicht weinen ſehe.
Helene. Ach! — was weißt Du!? — wenn Du
überhaupt Sinn für ſo was hätt'ſt, dann würd'ſt Du
Dich vielmehr wundern, wenn ich 'mal nicht weinte.
Hoffmann. — Das leuchtet mir nicht ein,
Schwägerin!
Helene. Mir um ſo mehr!
Hoffmann ..........Es muß doch wieder
was paſſirt ſein, hör' 'mal!
Helene (ſpringt auf, ſtampft mit dem Fuße). Pfui! Pfui
...und ich mag's nicht mehr leiden...das hört auf!
ich laſſe mir das nicht mehr bieten! ich ſehe nicht ein
warum...ich... (in Weinen erſtickend).
Hoffmann. Willſt Du mir denn nicht wenigſtens
ſagen, worum ſich's handelt, damit..........
Helene (auf's Neue heftig ausbrechend). Alles iſt mir egal!
ſchlimmer kann's nicht mehr kommen: — einen Trunken-
bold von Vater hat man, ein Thier — vor dem
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[54/0060] Hoffmann (zuckt die Achſeln). Dr. Schimmelpfennig (wie vorher). Könnten Sie nicht — Ihre Schwägerin — für die Aufgabe, dieſes Kind zu erziehen, intereſſiren? Hoffmann. Wenn Sie wüßten, Herr Doctor, was für Hinderniſſe...außerdem: ein unerfahrenes, junges Ding...Mutter iſt doch Mutter. Dr. Schimmelpfennig. Sie wiſſen meine Meinung. Empfehle mich. Hoffmann (mit Ueberfreundlichkeit um ihn herum complimentirend). Empfehle mich ebenfalls! ich bin Ihnen äußerſt dankbar... (Beide ab durch die Mittelthür.) (Helene, das Taſchentuch vor den Mund gepreßt, ſchluchzend, außer ſich, kommt herein und läßt ſich auf das Sopha links vorn hinfallen. Nach einigen Augenblicken tritt Hoffmann, Zeitungsblätter in den Händen haltend, aber- mals ein.) Hoffmann. Was iſt denn das —? ſag' 'mal, Schwägerin! ſoll denn das noch lange ſo fort gehen? — Seit ich hier bin, vergeht nicht ein Tag, an dem ich Dich nicht weinen ſehe. Helene. Ach! — was weißt Du!? — wenn Du überhaupt Sinn für ſo was hätt'ſt, dann würd'ſt Du Dich vielmehr wundern, wenn ich 'mal nicht weinte. Hoffmann. — Das leuchtet mir nicht ein, Schwägerin! Helene. Mir um ſo mehr! Hoffmann ..........Es muß doch wieder was paſſirt ſein, hör' 'mal! Helene (ſpringt auf, ſtampft mit dem Fuße). Pfui! Pfui ...und ich mag's nicht mehr leiden...das hört auf! ich laſſe mir das nicht mehr bieten! ich ſehe nicht ein warum...ich...(in Weinen erſtickend). Hoffmann. Willſt Du mir denn nicht wenigſtens ſagen, worum ſich's handelt, damit.......... Helene (auf's Neue heftig ausbrechend). Alles iſt mir egal! ſchlimmer kann's nicht mehr kommen: — einen Trunken- bold von Vater hat man, ein Thier — vor dem die....die eigene Tochter nicht ſicher iſt. — Eine

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/60>, abgerufen am 22.11.2024.