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Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.

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Miele (draußen im Hausflur schreiend): Frau!! -- Frau!!
Assa kumma! Se sill'n assa kumma!

(Helene und Hoffmann blicken einander an und lachen verständnißinnig,
dann blicken sie vereint auf Loth.
Hoffmann (zu Loth): Ländlich, sittlich!
(Frau Krause erscheint, furchtbar aufgedonnert. Seide und kostbarer Schmuck.
Haltung und Kleidung verrathen Hoffart, Dummstolz, unsinnige Eitelkeit.
Hoffmann. Ah! da ist Mama! -- Du gestattest,
daß ich Dir meinen Freund Dr. Loth vorstelle.
Frau Krause (macht einen undefinirbaren Knix). Ich bin
so frei! (Nach einer kleinen Pause:) Nein, aber auch, Herr Doctor,
nahmen Sie mir's ock bei Leibe nicht ibel! Ich muß
mich zurerscht muß ich mich vor ihn'n vertefentiren, (sie
spricht je länger, um so schneller)
vertefentiren wegen meiner vor-
hinigten Benehmigung. Wissen Se, verstihn Se, es
komm' ein der Drehe bei uns eine so ane grußmächtige
Menge Stremer....Se kinn's ni gleba, ma hoot
mit dan Battelvulke seine liebe Noth. A su Enner,
dar maust akrat wie a Ilster; uf da Pfennig kimmt's
ins ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol
rimzudrehn, au ken'n Thoaler nich, eeb ma'n ausgibbt.
De Krausa-Ludwig'n, die iis geizig, schlimmer wie a
Homster egelganz, die ginnt ke'm Luder nischt. Ihrer
is gesturba aus Arjer, weil a lumpigte zwetausend ei
Brassel verloern hoot. Ne, ne! a su sein mir dorchaus
nicht. Sahn Se, doas Buffett kust't mich zwehundert
Thoaler, a Transpurt ni gerechent; na, d'r Beron Klinkow
koans au ne andersch honn.

(Frau Spiller ist kurz nach Frau Krause ebenfalls eingetreten, sie ist klein,
schief und mit den zurückgelegten Sachen der Frau Krause herausgestutzt. Wäh-
rend Frau Krause spricht, hält sie mit einer Art Andacht die Augen zu ihr auf-
geschlagen. Sie ist etwa fünfundfünfzig Jahre alt, ihr Ausathmen geschieht
jedesmal mit einem leisen Stöhnen, welches auch, wenn sie redet, regelmäßig
wie -- m -- hörbar wird.)
Frau Spiller (mit unterwürfigem, wehmüthig gezierten moll-
Ton, sehr leise):
Der Baron Klinkow haben genau dasselbe
Buffet -- m --.
Helene (zu Frau Krause). Mama! wollen wir uns nicht
erst setzen, dann.....
Miele (draußen im Hausflur ſchreiend): Frau!! — Frau!!
Aſſa kumma! Se ſill'n aſſa kumma!

(Helene und Hoffmann blicken einander an und lachen verſtändnißinnig,
dann blicken ſie vereint auf Loth.
Hoffmann (zu Loth): Ländlich, ſittlich!
(Frau Krauſe erſcheint, furchtbar aufgedonnert. Seide und koſtbarer Schmuck.
Haltung und Kleidung verrathen Hoffart, Dummſtolz, unſinnige Eitelkeit.
Hoffmann. Ah! da iſt Mama! — Du geſtatteſt,
daß ich Dir meinen Freund Dr. Loth vorſtelle.
Frau Krauſe (macht einen undefinirbaren Knix). Ich bin
ſo frei! (Nach einer kleinen Pauſe:) Nein, aber auch, Herr Doctor,
nahmen Sie mir's ock bei Leibe nicht ibel! Ich muß
mich zurerſcht muß ich mich vor ihn'n vertefentiren, (ſie
ſpricht je länger, um ſo ſchneller)
vertefentiren wegen meiner vor-
hinigten Benehmigung. Wiſſen Se, verſtihn Se, es
komm' ein der Drehe bei uns eine ſo ane grußmächtige
Menge Stremer....Se kinn's ni gleba, ma hoot
mit dan Battelvulke ſeine liebe Noth. A ſu Enner,
dar mauſt akrat wie a Ilſter; uf da Pfennig kimmt's
ins ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol
rimzudrehn, au ken'n Thoaler nich, eeb ma'n ausgibbt.
De Krauſa-Ludwig'n, die iis geizig, ſchlimmer wie a
Homſter egelganz, die ginnt ke'm Luder niſcht. Ihrer
is geſturba aus Arjer, weil a lumpigte zwetauſend ei
Braſſel verloern hoot. Ne, ne! a ſu ſein mir dorchaus
nicht. Sahn Se, doas Buffett kuſt't mich zwehundert
Thoaler, a Transpurt ni gerechent; na, d'r Beron Klinkow
koans au ne anderſch honn.

(Frau Spiller iſt kurz nach Frau Krauſe ebenfalls eingetreten, ſie iſt klein,
ſchief und mit den zurückgelegten Sachen der Frau Krauſe herausgeſtutzt. Wäh-
rend Frau Krauſe ſpricht, hält ſie mit einer Art Andacht die Augen zu ihr auf-
geſchlagen. Sie iſt etwa fünfundfünfzig Jahre alt, ihr Ausathmen geſchieht
jedesmal mit einem leiſen Stöhnen, welches auch, wenn ſie redet, regelmäßig
wie — m — hörbar wird.)
Frau Spiller (mit unterwürfigem, wehmüthig gezierten moll-
Ton, ſehr leiſe):
Der Baron Klinkow haben genau dasſelbe
Buffet — m —.
Helene (zu Frau Krauſe). Mama! wollen wir uns nicht
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[25/0031] Miele (draußen im Hausflur ſchreiend): Frau!! — Frau!! Aſſa kumma! Se ſill'n aſſa kumma! (Helene und Hoffmann blicken einander an und lachen verſtändnißinnig, dann blicken ſie vereint auf Loth. Hoffmann (zu Loth): Ländlich, ſittlich! (Frau Krauſe erſcheint, furchtbar aufgedonnert. Seide und koſtbarer Schmuck. Haltung und Kleidung verrathen Hoffart, Dummſtolz, unſinnige Eitelkeit. Hoffmann. Ah! da iſt Mama! — Du geſtatteſt, daß ich Dir meinen Freund Dr. Loth vorſtelle. Frau Krauſe (macht einen undefinirbaren Knix). Ich bin ſo frei! (Nach einer kleinen Pauſe:) Nein, aber auch, Herr Doctor, nahmen Sie mir's ock bei Leibe nicht ibel! Ich muß mich zurerſcht muß ich mich vor ihn'n vertefentiren, (ſie ſpricht je länger, um ſo ſchneller) vertefentiren wegen meiner vor- hinigten Benehmigung. Wiſſen Se, verſtihn Se, es komm' ein der Drehe bei uns eine ſo ane grußmächtige Menge Stremer....Se kinn's ni gleba, ma hoot mit dan Battelvulke ſeine liebe Noth. A ſu Enner, dar mauſt akrat wie a Ilſter; uf da Pfennig kimmt's ins ne ernt oa, ne ock ne, ma braucht a ni dreimol rimzudrehn, au ken'n Thoaler nich, eeb ma'n ausgibbt. De Krauſa-Ludwig'n, die iis geizig, ſchlimmer wie a Homſter egelganz, die ginnt ke'm Luder niſcht. Ihrer is geſturba aus Arjer, weil a lumpigte zwetauſend ei Braſſel verloern hoot. Ne, ne! a ſu ſein mir dorchaus nicht. Sahn Se, doas Buffett kuſt't mich zwehundert Thoaler, a Transpurt ni gerechent; na, d'r Beron Klinkow koans au ne anderſch honn. (Frau Spiller iſt kurz nach Frau Krauſe ebenfalls eingetreten, ſie iſt klein, ſchief und mit den zurückgelegten Sachen der Frau Krauſe herausgeſtutzt. Wäh- rend Frau Krauſe ſpricht, hält ſie mit einer Art Andacht die Augen zu ihr auf- geſchlagen. Sie iſt etwa fünfundfünfzig Jahre alt, ihr Ausathmen geſchieht jedesmal mit einem leiſen Stöhnen, welches auch, wenn ſie redet, regelmäßig wie — m — hörbar wird.) Frau Spiller (mit unterwürfigem, wehmüthig gezierten moll- Ton, ſehr leiſe): Der Baron Klinkow haben genau dasſelbe Buffet — m —. Helene (zu Frau Krauſe). Mama! wollen wir uns nicht erſt ſetzen, dann.....

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/31>, abgerufen am 23.11.2024.