Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.und pfeifende Laute, untermischt mit heiseren Da fiel etwas in sein Hirn, wie Tropfen Mit eins begriff er, was er hatte thun "Es lebt! Gott sei Dank, es lebt!" Er ließ Ein kaltes Zwielicht lag über der Gegend. Nach einer Weile, als die Rauchwolken und pfeifende Laute, untermiſcht mit heiſeren Da fiel etwas in ſein Hirn, wie Tropfen Mit eins begriff er, was er hatte thun „Es lebt! Gott ſei Dank, es lebt!“ Er ließ Ein kaltes Zwielicht lag über der Gegend. Nach einer Weile, als die Rauchwolken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0068" n="56"/> und pfeifende Laute, untermiſcht mit heiſeren<lb/> Ausrufen, von denen er nicht wußte, wer ſie<lb/> ausſtieß, trafen ſein Ohr.</p><lb/> <p>Da fiel etwas in ſein Hirn, wie Tropfen<lb/> heißen Siegellacks, und es hob ſich wie eine<lb/> Starre von ſeinem Geiſt. Zum Bewußtſein<lb/> kommend, hörte er den Nachhall der Melde¬<lb/> glocke durch die Luft zittern.</p><lb/> <p>Mit eins begriff er, was er hatte thun<lb/> wollen: ſeine Hand löſte ſich von der Kehle<lb/> des Kindes, welches ſich unter ſeinem Griffe<lb/> wand. — Es rang nach Luft, dann begann es<lb/> zu huſten und zu ſchreien.</p><lb/> <p>„Es lebt! Gott ſei Dank, es lebt!“ Er ließ<lb/> es liegen und eilte nach dem Uebergange.<lb/> Dunkler Qualm wälzte ſich fernher über die<lb/> Strecke, und der Wind drückte ihn zu Boden.<lb/> Hinter ſich vernahm er das Keuchen einer<lb/> Maſchine, welches wie das ſtoßweiſe gequälte<lb/> Atmen eines kranken Rieſen klang.</p><lb/> <p>Ein kaltes Zwielicht lag über der Gegend.</p><lb/> <p>Nach einer Weile, als die Rauchwolken<lb/> auseinandergingen, erkannte Thiel den Kieszug,<lb/> der mit geleerten Loren zurückging und die<lb/> Arbeiter mit ſich führte, welche tagsüber auf<lb/> der Strecke gearbeitet hatten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0068]
und pfeifende Laute, untermiſcht mit heiſeren
Ausrufen, von denen er nicht wußte, wer ſie
ausſtieß, trafen ſein Ohr.
Da fiel etwas in ſein Hirn, wie Tropfen
heißen Siegellacks, und es hob ſich wie eine
Starre von ſeinem Geiſt. Zum Bewußtſein
kommend, hörte er den Nachhall der Melde¬
glocke durch die Luft zittern.
Mit eins begriff er, was er hatte thun
wollen: ſeine Hand löſte ſich von der Kehle
des Kindes, welches ſich unter ſeinem Griffe
wand. — Es rang nach Luft, dann begann es
zu huſten und zu ſchreien.
„Es lebt! Gott ſei Dank, es lebt!“ Er ließ
es liegen und eilte nach dem Uebergange.
Dunkler Qualm wälzte ſich fernher über die
Strecke, und der Wind drückte ihn zu Boden.
Hinter ſich vernahm er das Keuchen einer
Maſchine, welches wie das ſtoßweiſe gequälte
Atmen eines kranken Rieſen klang.
Ein kaltes Zwielicht lag über der Gegend.
Nach einer Weile, als die Rauchwolken
auseinandergingen, erkannte Thiel den Kieszug,
der mit geleerten Loren zurückging und die
Arbeiter mit ſich führte, welche tagsüber auf
der Strecke gearbeitet hatten.
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/68>, abgerufen am 17.07.2024. |