Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Die Arme schlottern über den Rand der Lene wimmert in einemfort, jede Spur ihres Thiel scheint sie nicht zu beachten, mit ent¬ Es ist still ringsum geworden, totenstill; Die Männer beraten sich leise. Man muß, Thiel scheint zu überlegen, ob er mitgehen 4
Die Arme ſchlottern über den Rand der Lene wimmert in einemfort, jede Spur ihres Thiel ſcheint ſie nicht zu beachten, mit ent¬ Es iſt ſtill ringsum geworden, totenſtill; Die Männer beraten ſich leiſe. Man muß, Thiel ſcheint zu überlegen, ob er mitgehen 4
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Die Arme ſchlottern über den Rand der
Bahre.
Lene wimmert in einemfort, jede Spur ihres
einſtigen Trotzes iſt aus ihrem Weſen gewichen.
Sie wiederholt fortwährend eine Geſchichte, die
ſie von jeder Schuld an dem Vorfall rein¬
waſchen ſoll.
Thiel ſcheint ſie nicht zu beachten, mit ent¬
ſetzlich bangem Ausdruck haften ſeine Augen an
dem Kinde.
Es iſt ſtill ringsum geworden, totenſtill;
ſchwarz und heiß ruhen die Geleiſe auf dem
blendenden Kies. Der Mittag hat die Winde
erſtickt und regungslos, wie aus Stein ſteht der
Forſt.
Die Männer beraten ſich leiſe. Man muß,
um auf dem ſchnellſten Wege nach Friedrichs¬
hagen zu kommen, nach der Station zurück, die
nach der Richtung Breslaus liegt, da der nächſte
Zug, ein beſchleunigter Perſonenzug, auf der
Friedrichshagen näher gelegenen, nicht anhält.
Thiel ſcheint zu überlegen, ob er mitgehen
ſolle. Augenblicklich iſt niemand da, der den
Dienſt verſteht. Eine ſtumme Handbewegung
bedeutet ſeiner Frau, die Bahre aufzunehmen;
ſie wagt nicht, ſich zu wiederſetzen, obgleich ſie
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/61>, abgerufen am 17.07.2024. |