Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Woche Tagdienst hatte, bereits gegen neun Uhr Thiel zuckte zusammen; er war ganz wach Es sei die höchste Zeit, meinte Lene, wenn Plötzlich fuhr sie herum, ohne selbst zu "Thiel!" -- schrie die Frau halb zornig, Woche Tagdienſt hatte, bereits gegen neun Uhr Thiel zuckte zuſammen; er war ganz wach Es ſei die höchſte Zeit, meinte Lene, wenn Plötzlich fuhr ſie herum, ohne ſelbſt zu „Thiel!“ — ſchrie die Frau halb zornig, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0050" n="38"/> Woche Tagdienſt hatte, bereits gegen neun Uhr<lb/> abends zu Bett. Gerade als er im Begriff<lb/> war einzuſchlafen, eröffnete ihm die Frau, daß<lb/> ſie am folgenden Morgen mit nach dem Walde<lb/> gehen werde, um das Land umzugraben und<lb/> Kartoffeln zu ſtecken.</p><lb/> <p>Thiel zuckte zuſammen; er war ganz wach<lb/> geworden, hielt jedoch die Augen feſt geſchloſſen.</p><lb/> <p>Es ſei die höchſte Zeit, meinte Lene, wenn<lb/> aus den Kartoffeln noch etwas werden ſollte,<lb/> und fügte bei, daß ſie die Kinder werde mit¬<lb/> nehmen müſſen, da vermutlich der ganze Tag<lb/> draufgehen würde. Der Wärter brummte einige<lb/> unverſtändliche Worte, die Lene weiter nicht<lb/> beachtete. Sie hatte ihm den Rücken gewandt<lb/> und war beim Scheine eines Talglichtes damit<lb/> beſchäftigt, das Mieder aufzuneſteln und die<lb/> Röcke herabzulaſſen.</p><lb/> <p>Plötzlich fuhr ſie herum, ohne ſelbſt zu<lb/> wiſſen aus welchem Grunde, und blickte in das<lb/> von Leidenſchaften verzerrte, erdfarbene Geſicht<lb/> ihres Mannes, der ſie, halbaufgerichtet die Hände<lb/> auf der Bettkante, mit brennenden Augen an¬<lb/> ſtarrte.</p><lb/> <p>„Thiel!“ — ſchrie die Frau halb zornig,<lb/> halb erſchreckt, und wie ein Nachtwandler, den<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0050]
Woche Tagdienſt hatte, bereits gegen neun Uhr
abends zu Bett. Gerade als er im Begriff
war einzuſchlafen, eröffnete ihm die Frau, daß
ſie am folgenden Morgen mit nach dem Walde
gehen werde, um das Land umzugraben und
Kartoffeln zu ſtecken.
Thiel zuckte zuſammen; er war ganz wach
geworden, hielt jedoch die Augen feſt geſchloſſen.
Es ſei die höchſte Zeit, meinte Lene, wenn
aus den Kartoffeln noch etwas werden ſollte,
und fügte bei, daß ſie die Kinder werde mit¬
nehmen müſſen, da vermutlich der ganze Tag
draufgehen würde. Der Wärter brummte einige
unverſtändliche Worte, die Lene weiter nicht
beachtete. Sie hatte ihm den Rücken gewandt
und war beim Scheine eines Talglichtes damit
beſchäftigt, das Mieder aufzuneſteln und die
Röcke herabzulaſſen.
Plötzlich fuhr ſie herum, ohne ſelbſt zu
wiſſen aus welchem Grunde, und blickte in das
von Leidenſchaften verzerrte, erdfarbene Geſicht
ihres Mannes, der ſie, halbaufgerichtet die Hände
auf der Bettkante, mit brennenden Augen an¬
ſtarrte.
„Thiel!“ — ſchrie die Frau halb zornig,
halb erſchreckt, und wie ein Nachtwandler, den
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