Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.die Römer auf und bring uns Pfeifen! Wo steckst du nur so lang? Es ist längst Zwölf vorüber. Der alte Mann gähnte einigemal etwas unanständig und sah überhaupt aus wie einer, der zu lange geschlafen. Hätte beinah den ersten September verschlafen, krächzte er; ich schlief so hart, und seitdem sie den Kirchhof gepflastert haben, höre ich auch ziemlich schlecht. Wo sind denn aber die andern Herren? fuhr er fort, indem er Pokale von wunderlicher Form und ansehnlicher Größe aus dem Korbe nahm und auf den Tisch setzte, wo sind denn die Andern? Ihr seid erst eurer sechs, und die alte Rose fehlt auch noch. Setze nur die Flaschen her! rief Judas, daß wir endlich was zu trinken bekommen; und dann gehe hinüber, sie liegen noch im Faß, poch an mit deinen dürren Knochen und heiße sie aufstehen, sage, wir sitzen schon alle hier. Aber kaum hatte Herr Judas also gesprochen, als ein großes Geräusch und Gelächter vor der Thüre entstand. Jungfer Rose hoch, hussa, hoch! und ihr Schatz der Bacchus hoch! hörte man von mehreren stimmen rufen; die Thüre flog auf, die gespenstigen Gesellen am Tische sprangen in die Höhe und schrieen: Sie ist's, sie ist's, Jungfer Rose und Bacchus und die Andern, Hollah ! jetzt geht das Freudenleben erst recht an! -- und dabei stießen sie die Römer zusammen, lachten, und der Dicke schlug sich auf den Bauch, und der blasse Keller- die Römer auf und bring uns Pfeifen! Wo steckst du nur so lang? Es ist längst Zwölf vorüber. Der alte Mann gähnte einigemal etwas unanständig und sah überhaupt aus wie einer, der zu lange geschlafen. Hätte beinah den ersten September verschlafen, krächzte er; ich schlief so hart, und seitdem sie den Kirchhof gepflastert haben, höre ich auch ziemlich schlecht. Wo sind denn aber die andern Herren? fuhr er fort, indem er Pokale von wunderlicher Form und ansehnlicher Größe aus dem Korbe nahm und auf den Tisch setzte, wo sind denn die Andern? Ihr seid erst eurer sechs, und die alte Rose fehlt auch noch. Setze nur die Flaschen her! rief Judas, daß wir endlich was zu trinken bekommen; und dann gehe hinüber, sie liegen noch im Faß, poch an mit deinen dürren Knochen und heiße sie aufstehen, sage, wir sitzen schon alle hier. Aber kaum hatte Herr Judas also gesprochen, als ein großes Geräusch und Gelächter vor der Thüre entstand. Jungfer Rose hoch, hussa, hoch! und ihr Schatz der Bacchus hoch! hörte man von mehreren stimmen rufen; die Thüre flog auf, die gespenstigen Gesellen am Tische sprangen in die Höhe und schrieen: Sie ist's, sie ist's, Jungfer Rose und Bacchus und die Andern, Hollah ! jetzt geht das Freudenleben erst recht an! — und dabei stießen sie die Römer zusammen, lachten, und der Dicke schlug sich auf den Bauch, und der blasse Keller- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0036"/> die Römer auf und bring uns Pfeifen! Wo steckst du nur so lang? Es ist längst Zwölf vorüber.</p><lb/> <p>Der alte Mann gähnte einigemal etwas unanständig und sah überhaupt aus wie einer, der zu lange geschlafen. Hätte beinah den ersten September verschlafen, krächzte er; ich schlief so hart, und seitdem sie den Kirchhof gepflastert haben, höre ich auch ziemlich schlecht. Wo sind denn aber die andern Herren? fuhr er fort, indem er Pokale von wunderlicher Form und ansehnlicher Größe aus dem Korbe nahm und auf den Tisch setzte, wo sind denn die Andern? Ihr seid erst eurer sechs, und die alte Rose fehlt auch noch.</p><lb/> <p>Setze nur die Flaschen her! rief Judas, daß wir endlich was zu trinken bekommen; und dann gehe hinüber, sie liegen noch im Faß, poch an mit deinen dürren Knochen und heiße sie aufstehen, sage, wir sitzen schon alle hier.</p><lb/> <p>Aber kaum hatte Herr Judas also gesprochen, als ein großes Geräusch und Gelächter vor der Thüre entstand. Jungfer Rose hoch, hussa, hoch! und ihr Schatz der Bacchus hoch! hörte man von mehreren stimmen rufen; die Thüre flog auf, die gespenstigen Gesellen am Tische sprangen in die Höhe und schrieen: Sie ist's, sie ist's, Jungfer Rose und Bacchus und die Andern, Hollah ! jetzt geht das Freudenleben erst recht an! — und dabei stießen sie die Römer zusammen, lachten, und der Dicke schlug sich auf den Bauch, und der blasse Keller-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
die Römer auf und bring uns Pfeifen! Wo steckst du nur so lang? Es ist längst Zwölf vorüber.
Der alte Mann gähnte einigemal etwas unanständig und sah überhaupt aus wie einer, der zu lange geschlafen. Hätte beinah den ersten September verschlafen, krächzte er; ich schlief so hart, und seitdem sie den Kirchhof gepflastert haben, höre ich auch ziemlich schlecht. Wo sind denn aber die andern Herren? fuhr er fort, indem er Pokale von wunderlicher Form und ansehnlicher Größe aus dem Korbe nahm und auf den Tisch setzte, wo sind denn die Andern? Ihr seid erst eurer sechs, und die alte Rose fehlt auch noch.
Setze nur die Flaschen her! rief Judas, daß wir endlich was zu trinken bekommen; und dann gehe hinüber, sie liegen noch im Faß, poch an mit deinen dürren Knochen und heiße sie aufstehen, sage, wir sitzen schon alle hier.
Aber kaum hatte Herr Judas also gesprochen, als ein großes Geräusch und Gelächter vor der Thüre entstand. Jungfer Rose hoch, hussa, hoch! und ihr Schatz der Bacchus hoch! hörte man von mehreren stimmen rufen; die Thüre flog auf, die gespenstigen Gesellen am Tische sprangen in die Höhe und schrieen: Sie ist's, sie ist's, Jungfer Rose und Bacchus und die Andern, Hollah ! jetzt geht das Freudenleben erst recht an! — und dabei stießen sie die Römer zusammen, lachten, und der Dicke schlug sich auf den Bauch, und der blasse Keller-
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Zitationshilfe: | Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/36>, abgerufen am 16.02.2025. |