Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Schatten, wenn es an den Schwibbogen des Kellers zitterte und die Säulen im dunkeln Hintergründe wie geschäftige Küper um die Fässer schwebten! Er wollte mir eines jener kleineren Gemächer ausschließen, wo höchstens sechs bis acht Freunde, eng zusammengerückt, den Becher kreisen lassen können. Doch, mit trauten Gesellen liebe ich ein solches heimliches Plätzchen, der enge Raum drängt Mann an Mann, und die Töne, die hier nicht verhallen können, klingen traulicher; aber allein und einsam liebe ich freiere Räume, wo der Gedanke, gleich den Athemzügen, sich freier ausdehnt. Ich wählte einen alten gewölbten Saal, den größten in diesen unterirdischen Räumen, zu meinem einsamen Gelage. Erwarten Sie Gesellschaft? fragte der Mann an meiner Seite. Ich bin allein. Sie können ungebeten welche haben, setzte er hinzu, indem er sich scheu nach den Schatten umsah, die seine Lampe warf. Wie meint Ihr das? fragte ich verwundert. Ich meinte nur so, antwortete er, indem er einige Kerzen anzündete und einen großen Römer vor mich hinsetzte. Man spricht mancherlei vom ersten September; der Herr Senator D. waren übrigens schon vor zwei Stunden da, und ich erwartete Sie nicht mehr. Der Herr Senator D.? Warum? fragte er nach mir? Schatten, wenn es an den Schwibbogen des Kellers zitterte und die Säulen im dunkeln Hintergründe wie geschäftige Küper um die Fässer schwebten! Er wollte mir eines jener kleineren Gemächer ausschließen, wo höchstens sechs bis acht Freunde, eng zusammengerückt, den Becher kreisen lassen können. Doch, mit trauten Gesellen liebe ich ein solches heimliches Plätzchen, der enge Raum drängt Mann an Mann, und die Töne, die hier nicht verhallen können, klingen traulicher; aber allein und einsam liebe ich freiere Räume, wo der Gedanke, gleich den Athemzügen, sich freier ausdehnt. Ich wählte einen alten gewölbten Saal, den größten in diesen unterirdischen Räumen, zu meinem einsamen Gelage. Erwarten Sie Gesellschaft? fragte der Mann an meiner Seite. Ich bin allein. Sie können ungebeten welche haben, setzte er hinzu, indem er sich scheu nach den Schatten umsah, die seine Lampe warf. Wie meint Ihr das? fragte ich verwundert. Ich meinte nur so, antwortete er, indem er einige Kerzen anzündete und einen großen Römer vor mich hinsetzte. Man spricht mancherlei vom ersten September; der Herr Senator D. waren übrigens schon vor zwei Stunden da, und ich erwartete Sie nicht mehr. Der Herr Senator D.? Warum? fragte er nach mir? <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0012"/> Schatten, wenn es an den Schwibbogen des Kellers zitterte und die Säulen im dunkeln Hintergründe wie geschäftige Küper um die Fässer schwebten! Er wollte mir eines jener kleineren Gemächer ausschließen, wo höchstens sechs bis acht Freunde, eng zusammengerückt, den Becher kreisen lassen können. Doch, mit trauten Gesellen liebe ich ein solches heimliches Plätzchen, der enge Raum drängt Mann an Mann, und die Töne, die hier nicht verhallen können, klingen traulicher; aber allein und einsam liebe ich freiere Räume, wo der Gedanke, gleich den Athemzügen, sich freier ausdehnt. Ich wählte einen alten gewölbten Saal, den größten in diesen unterirdischen Räumen, zu meinem einsamen Gelage.</p><lb/> <p>Erwarten Sie Gesellschaft? fragte der Mann an meiner Seite.</p><lb/> <p>Ich bin allein.</p><lb/> <p>Sie können ungebeten welche haben, setzte er hinzu, indem er sich scheu nach den Schatten umsah, die seine Lampe warf.</p><lb/> <p>Wie meint Ihr das? fragte ich verwundert.</p><lb/> <p>Ich meinte nur so, antwortete er, indem er einige Kerzen anzündete und einen großen Römer vor mich hinsetzte. Man spricht mancherlei vom ersten September; der Herr Senator D. waren übrigens schon vor zwei Stunden da, und ich erwartete Sie nicht mehr.</p><lb/> <p>Der Herr Senator D.? Warum? fragte er nach mir?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
Schatten, wenn es an den Schwibbogen des Kellers zitterte und die Säulen im dunkeln Hintergründe wie geschäftige Küper um die Fässer schwebten! Er wollte mir eines jener kleineren Gemächer ausschließen, wo höchstens sechs bis acht Freunde, eng zusammengerückt, den Becher kreisen lassen können. Doch, mit trauten Gesellen liebe ich ein solches heimliches Plätzchen, der enge Raum drängt Mann an Mann, und die Töne, die hier nicht verhallen können, klingen traulicher; aber allein und einsam liebe ich freiere Räume, wo der Gedanke, gleich den Athemzügen, sich freier ausdehnt. Ich wählte einen alten gewölbten Saal, den größten in diesen unterirdischen Räumen, zu meinem einsamen Gelage.
Erwarten Sie Gesellschaft? fragte der Mann an meiner Seite.
Ich bin allein.
Sie können ungebeten welche haben, setzte er hinzu, indem er sich scheu nach den Schatten umsah, die seine Lampe warf.
Wie meint Ihr das? fragte ich verwundert.
Ich meinte nur so, antwortete er, indem er einige Kerzen anzündete und einen großen Römer vor mich hinsetzte. Man spricht mancherlei vom ersten September; der Herr Senator D. waren übrigens schon vor zwei Stunden da, und ich erwartete Sie nicht mehr.
Der Herr Senator D.? Warum? fragte er nach mir?
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Zitationshilfe: | Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/12>, abgerufen am 16.07.2024. |