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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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lich tönte es aus seiner Brust, "o Herr! for¬
dert nicht von mir, daß ich es sage."

"'Heraus damit," schrieen die Apostel,
"was wollte der mit dem Spiritusableiter?
der Weingeistschröpfer, was wollte er?"

"Meine Seele."

"Armer Kerl," sagte Petrus sehr ernst;
"und um was wollte er deine arme Seele?"

"Um Wein;" murmelte er dumpf, und
mir war es, als ob eine Stimme ohne Hoff¬
nung spräche.

"Rede deutlicher, Alter, wie hat er es ge¬
macht mit deiner Seele?" Er schwieg lange;
endlich sprach er: "warum dieß erzählen, ihr
Herren? Es ist grausig, und ihr versteht doch
nicht, was es heißt, eine Seele verlieren."

"Wohl wahr," sprach Paulus, "wir sind
fröhliche Geister und schlummern im Weine,
und freuen uns ewiger ungetrübter Herrlichkeit
und Freude; darum kann uns aber auch kein

lich toͤnte es aus ſeiner Bruſt, „o Herr! for¬
dert nicht von mir, daß ich es ſage.“

„'Heraus damit,“ ſchrieen die Apoſtel,
„was wollte der mit dem Spiritusableiter?
der Weingeiſtſchroͤpfer, was wollte er?“

Meine Seele.“

„Armer Kerl,“ ſagte Petrus ſehr ernſt;
„und um was wollte er deine arme Seele?“

„Um Wein;“ murmelte er dumpf, und
mir war es, als ob eine Stimme ohne Hoff¬
nung ſpraͤche.

„Rede deutlicher, Alter, wie hat er es ge¬
macht mit deiner Seele?“ Er ſchwieg lange;
endlich ſprach er: „warum dieß erzaͤhlen, ihr
Herren? Es iſt grauſig, und ihr verſteht doch
nicht, was es heißt, eine Seele verlieren.“

„Wohl wahr,“ ſprach Paulus, „wir ſind
froͤhliche Geiſter und ſchlummern im Weine,
und freuen uns ewiger ungetruͤbter Herrlichkeit
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[91/0097] lich toͤnte es aus ſeiner Bruſt, „o Herr! for¬ dert nicht von mir, daß ich es ſage.“ „'Heraus damit,“ ſchrieen die Apoſtel, „was wollte der mit dem Spiritusableiter? der Weingeiſtſchroͤpfer, was wollte er?“ „Meine Seele.“ „Armer Kerl,“ ſagte Petrus ſehr ernſt; „und um was wollte er deine arme Seele?“ „Um Wein;“ murmelte er dumpf, und mir war es, als ob eine Stimme ohne Hoff¬ nung ſpraͤche. „Rede deutlicher, Alter, wie hat er es ge¬ macht mit deiner Seele?“ Er ſchwieg lange; endlich ſprach er: „warum dieß erzaͤhlen, ihr Herren? Es iſt grauſig, und ihr verſteht doch nicht, was es heißt, eine Seele verlieren.“ „Wohl wahr,“ ſprach Paulus, „wir ſind froͤhliche Geiſter und ſchlummern im Weine, und freuen uns ewiger ungetruͤbter Herrlichkeit und Freude; darum kann uns aber auch kein

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/97>, abgerufen am 24.11.2024.