Senator Walther ein Paßglas getrunken, fuhr er mit der Hand unter den Hut, und dem Reit¬ knecht kam es vor, als sehe er ein bläuliches Wölkchen, ganz fein wie Nebel, aus seinem rabenschwarzen Haar hervorsteigen. Er trank wacker darauf los, bis der Hauptmann Gut¬ kunst selig entschlief und sein Haupt ganz weich auf des Bürgermeisters Bauch legte."
"Da sprach der Senator Walther mit son¬ derbarem Lächeln zu dem Schreiber des Ge¬ sandten: "Lieber Geselle, du führst einen mäch¬ tigen Zug, ich vermeine aber, daß du mit dem Roßstriegel besser fortkommst als mit der Feder." Da erschrack der Schreiber und sprach: "Wie meinet Ihr dieß, Herr! ich will nicht hoffen, daß Ihr mir Hohn sprechen wollt; bedenket, daß ich Seiner Majestät Gesandt¬ schafts-Schreiber bin."
"Hohoh!" !" rief der andere mit schrecklichem Lachen, "seit wann haben denn ordentliche
Senator Walther ein Paßglas getrunken, fuhr er mit der Hand unter den Hut, und dem Reit¬ knecht kam es vor, als ſehe er ein blaͤuliches Woͤlkchen, ganz fein wie Nebel, aus ſeinem rabenſchwarzen Haar hervorſteigen. Er trank wacker darauf los, bis der Hauptmann Gut¬ kunſt ſelig entſchlief und ſein Haupt ganz weich auf des Buͤrgermeiſters Bauch legte.“
„Da ſprach der Senator Walther mit ſon¬ derbarem Laͤcheln zu dem Schreiber des Ge¬ ſandten: „Lieber Geſelle, du fuͤhrſt einen maͤch¬ tigen Zug, ich vermeine aber, daß du mit dem Roßſtriegel beſſer fortkommſt als mit der Feder.“ Da erſchrack der Schreiber und ſprach: „Wie meinet Ihr dieß, Herr! ich will nicht hoffen, daß Ihr mir Hohn ſprechen wollt; bedenket, daß ich Seiner Majeſtaͤt Geſandt¬ ſchafts-Schreiber bin.“
„Hohoh!“ !“ rief der andere mit ſchrecklichem Lachen, „ſeit wann haben denn ordentliche
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Senator Walther ein Paßglas getrunken, fuhr
er mit der Hand unter den Hut, und dem Reit¬
knecht kam es vor, als ſehe er ein blaͤuliches
Woͤlkchen, ganz fein wie Nebel, aus ſeinem
rabenſchwarzen Haar hervorſteigen. Er trank
wacker darauf los, bis der Hauptmann Gut¬
kunſt ſelig entſchlief und ſein Haupt ganz weich
auf des Buͤrgermeiſters Bauch legte.“
„Da ſprach der Senator Walther mit ſon¬
derbarem Laͤcheln zu dem Schreiber des Ge¬
ſandten: „Lieber Geſelle, du fuͤhrſt einen maͤch¬
tigen Zug, ich vermeine aber, daß du mit
dem Roßſtriegel beſſer fortkommſt als mit der
Feder.“ Da erſchrack der Schreiber und ſprach:
„Wie meinet Ihr dieß, Herr! ich will nicht
hoffen, daß Ihr mir Hohn ſprechen wollt;
bedenket, daß ich Seiner Majeſtaͤt Geſandt¬
ſchafts-Schreiber bin.“
„Hohoh!“ !“ rief der andere mit ſchrecklichem
Lachen, „ſeit wann haben denn ordentliche
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/91>, abgerufen am 17.02.2025.
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