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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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alle Abende hier saßen und tranken, war es
nicht genehm, allemal in die Tasche zu fahren
und ihr Geldseckelein heraus zu kriegen. Aufs
Kerbholz ließen sie es schreiben und am Neu¬
jahr ward Abrechnung gehalten, und es gibt
einige wackere Herren, die noch jetzt oft Ge¬
brauch davon machen, aber es sind deren we¬
nige."

"Ja, ja, Kinder," sprach die alte Rose,
"sonst war es anders, so vor fünfzig, hundert,
zweihundert Jahren. Da brachten sie Abends
ihre Weiber und Mädchen mit in den Keller,
und die schönen Bremerkinder tranken Rhein¬
wein oder von unserem Nachbar Moseler, und
waren weit und breit berühmt durch ihre blü¬
henden Wangen, durch ihre purpurrothen Lip¬
pen, durch ihre herrlichen blitzenden Augen;
jetzt trinken sie allerlei miserables Zeug, als
Thee und dergleichen, was weit von hier bei
den Chinesen wachsen soll und was zu meiner

alle Abende hier ſaßen und tranken, war es
nicht genehm, allemal in die Taſche zu fahren
und ihr Geldſeckelein heraus zu kriegen. Aufs
Kerbholz ließen ſie es ſchreiben und am Neu¬
jahr ward Abrechnung gehalten, und es gibt
einige wackere Herren, die noch jetzt oft Ge¬
brauch davon machen, aber es ſind deren we¬
nige.“

„Ja, ja, Kinder,“ ſprach die alte Roſe,
„ſonſt war es anders, ſo vor fuͤnfzig, hundert,
zweihundert Jahren. Da brachten ſie Abends
ihre Weiber und Maͤdchen mit in den Keller,
und die ſchoͤnen Bremerkinder tranken Rhein¬
wein oder von unſerem Nachbar Moſeler, und
waren weit und breit beruͤhmt durch ihre bluͤ¬
henden Wangen, durch ihre purpurrothen Lip¬
pen, durch ihre herrlichen blitzenden Augen;
jetzt trinken ſie allerlei miſerables Zeug, als
Thee und dergleichen, was weit von hier bei
den Chineſen wachſen ſoll und was zu meiner

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[74/0080] alle Abende hier ſaßen und tranken, war es nicht genehm, allemal in die Taſche zu fahren und ihr Geldſeckelein heraus zu kriegen. Aufs Kerbholz ließen ſie es ſchreiben und am Neu¬ jahr ward Abrechnung gehalten, und es gibt einige wackere Herren, die noch jetzt oft Ge¬ brauch davon machen, aber es ſind deren we¬ nige.“ „Ja, ja, Kinder,“ ſprach die alte Roſe, „ſonſt war es anders, ſo vor fuͤnfzig, hundert, zweihundert Jahren. Da brachten ſie Abends ihre Weiber und Maͤdchen mit in den Keller, und die ſchoͤnen Bremerkinder tranken Rhein¬ wein oder von unſerem Nachbar Moſeler, und waren weit und breit beruͤhmt durch ihre bluͤ¬ henden Wangen, durch ihre purpurrothen Lip¬ pen, durch ihre herrlichen blitzenden Augen; jetzt trinken ſie allerlei miſerables Zeug, als Thee und dergleichen, was weit von hier bei den Chineſen wachſen ſoll und was zu meiner

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/80>, abgerufen am 27.11.2024.