an; doch schien sie nicht ferner mit ihm ha¬ dern zu wollen, sondern sprach weiter:
"Und auch ihr, meine lieben Vetter vom Rhein, seyd ihr alle hier? Ja, da ist ja mein zarter, feiner Andreas, mein muthiger Judas, mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johan¬ nes, wische dir den Schlaf fein aus den Aeug¬ lein, du siehst noch ganz trübselig aus. Bar¬ tholomäus, du bist unmäßig dick geworden und scheinst träge zu seyn. Ha, mein mun¬ terer Paulus, und wie fröhlich Jacobus um sich schaut, noch immer der Alte. Aber wie, Ihr seyd ja zu Dreizehn am Tische, wer ist denn der dort in fremder Kleidung, wer hat ihn hieher gebracht?"
Gott, wie erschrack ich! Sie schauten alle verwundert auf mich und schienen mit meiner Anwesenheit nicht ganz zufrieden. Aber ich faßte mir ein Herz und sagte: "Mich gehor¬ samst der werthen Gesellschaft zu empfehlen.
an; doch ſchien ſie nicht ferner mit ihm ha¬ dern zu wollen, ſondern ſprach weiter:
„Und auch ihr, meine lieben Vetter vom Rhein, ſeyd ihr alle hier? Ja, da iſt ja mein zarter, feiner Andreas, mein muthiger Judas, mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johan¬ nes, wiſche dir den Schlaf fein aus den Aeug¬ lein, du ſiehſt noch ganz truͤbſelig aus. Bar¬ tholomaͤus, du biſt unmaͤßig dick geworden und ſcheinſt traͤge zu ſeyn. Ha, mein mun¬ terer Paulus, und wie froͤhlich Jacobus um ſich ſchaut, noch immer der Alte. Aber wie, Ihr ſeyd ja zu Dreizehn am Tiſche, wer iſt denn der dort in fremder Kleidung, wer hat ihn hieher gebracht?“
Gott, wie erſchrack ich! Sie ſchauten alle verwundert auf mich und ſchienen mit meiner Anweſenheit nicht ganz zufrieden. Aber ich faßte mir ein Herz und ſagte: „Mich gehor¬ ſamſt der werthen Geſellſchaft zu empfehlen.
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an; doch ſchien ſie nicht ferner mit ihm ha¬
dern zu wollen, ſondern ſprach weiter:
„Und auch ihr, meine lieben Vetter vom
Rhein, ſeyd ihr alle hier? Ja, da iſt ja mein
zarter, feiner Andreas, mein muthiger Judas,
mein feuriger Petrus. Guten Abend, Johan¬
nes, wiſche dir den Schlaf fein aus den Aeug¬
lein, du ſiehſt noch ganz truͤbſelig aus. Bar¬
tholomaͤus, du biſt unmaͤßig dick geworden
und ſcheinſt traͤge zu ſeyn. Ha, mein mun¬
terer Paulus, und wie froͤhlich Jacobus um
ſich ſchaut, noch immer der Alte. Aber wie,
Ihr ſeyd ja zu Dreizehn am Tiſche, wer iſt
denn der dort in fremder Kleidung, wer hat
ihn hieher gebracht?“
Gott, wie erſchrack ich! Sie ſchauten alle
verwundert auf mich und ſchienen mit meiner
Anweſenheit nicht ganz zufrieden. Aber ich
faßte mir ein Herz und ſagte: „Mich gehor¬
ſamſt der werthen Geſellſchaft zu empfehlen.
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/74>, abgerufen am 17.02.2025.
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