Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

so hart, und seitdem sie den Kirchhof gepflastert
haben, höre ich auch ziemlich schlecht. Wo
sind denn aber die andern Herren? fuhr er
fort, indem er Pocale von wunderlicher Form
und ansehnlicher Größe aus dem Korb nahm
und auf den Tisch setzte, wo sind denn die an¬
dern? Ihr seyd erst eurer sechs und die alte
Rose fehlt auch noch."

"Setze nur die Flaschen her, rief Judas,
daß wir endlich was zu trinken bekommen;
und dann gehe hinüber, sie liegen noch im Faß,
poch' an mit deinen dürren Knochen und heiße
sie aufstehen, sage, wir sitzen schon alle hier."

Aber kaum hatte Herr Judas also gespro¬
chen, als ein großes Geräusch und Gelächter
vor der Thüre entstand. "Jungfer Rose hoch,
hussa, hoch! und ihr Schatz, der Bachus hoch!"
hörte man von mehreren Stimmen rufen; die
Thüre flog auf, die gespenstigen Gesellen am

ſo hart, und ſeitdem ſie den Kirchhof gepflaſtert
haben, hoͤre ich auch ziemlich ſchlecht. Wo
ſind denn aber die andern Herren? fuhr er
fort, indem er Pocale von wunderlicher Form
und anſehnlicher Groͤße aus dem Korb nahm
und auf den Tiſch ſetzte, wo ſind denn die an¬
dern? Ihr ſeyd erſt eurer ſechs und die alte
Roſe fehlt auch noch.“

„Setze nur die Flaſchen her, rief Judas,
daß wir endlich was zu trinken bekommen;
und dann gehe hinuͤber, ſie liegen noch im Faß,
poch' an mit deinen duͤrren Knochen und heiße
ſie aufſtehen, ſage, wir ſitzen ſchon alle hier.“

Aber kaum hatte Herr Judas alſo geſpro¬
chen, als ein großes Geraͤuſch und Gelaͤchter
vor der Thuͤre entſtand. „Jungfer Roſe hoch,
huſſa, hoch! und ihr Schatz, der Bachus hoch!“
hoͤrte man von mehreren Stimmen rufen; die
Thuͤre flog auf, die geſpenſtigen Geſellen am

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="55"/>
&#x017F;o hart, und &#x017F;eitdem &#x017F;ie den Kirchhof gepfla&#x017F;tert<lb/>
haben, ho&#x0364;re ich auch ziemlich &#x017F;chlecht. Wo<lb/>
&#x017F;ind denn aber die andern Herren? fuhr er<lb/>
fort, indem er Pocale von wunderlicher Form<lb/>
und an&#x017F;ehnlicher Gro&#x0364;ße aus dem Korb nahm<lb/>
und auf den Ti&#x017F;ch &#x017F;etzte, wo &#x017F;ind denn die an¬<lb/>
dern? Ihr &#x017F;eyd er&#x017F;t eurer &#x017F;echs und die alte<lb/>
Ro&#x017F;e fehlt auch noch.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Setze nur die Fla&#x017F;chen her, rief Judas,<lb/>
daß wir endlich was zu trinken bekommen;<lb/>
und dann gehe hinu&#x0364;ber, &#x017F;ie liegen noch im Faß,<lb/>
poch' an mit deinen du&#x0364;rren Knochen und heiße<lb/>
&#x017F;ie auf&#x017F;tehen, &#x017F;age, wir &#x017F;itzen &#x017F;chon alle hier.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Aber kaum hatte Herr Judas al&#x017F;o ge&#x017F;pro¬<lb/>
chen, als ein großes Gera&#x0364;u&#x017F;ch und Gela&#x0364;chter<lb/>
vor der Thu&#x0364;re ent&#x017F;tand. &#x201E;Jungfer Ro&#x017F;e hoch,<lb/>
hu&#x017F;&#x017F;a, hoch! und ihr Schatz, der Bachus hoch!&#x201C;<lb/>
ho&#x0364;rte man von mehreren Stimmen rufen; die<lb/>
Thu&#x0364;re flog auf, die ge&#x017F;pen&#x017F;tigen Ge&#x017F;ellen am<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0061] ſo hart, und ſeitdem ſie den Kirchhof gepflaſtert haben, hoͤre ich auch ziemlich ſchlecht. Wo ſind denn aber die andern Herren? fuhr er fort, indem er Pocale von wunderlicher Form und anſehnlicher Groͤße aus dem Korb nahm und auf den Tiſch ſetzte, wo ſind denn die an¬ dern? Ihr ſeyd erſt eurer ſechs und die alte Roſe fehlt auch noch.“ „Setze nur die Flaſchen her, rief Judas, daß wir endlich was zu trinken bekommen; und dann gehe hinuͤber, ſie liegen noch im Faß, poch' an mit deinen duͤrren Knochen und heiße ſie aufſtehen, ſage, wir ſitzen ſchon alle hier.“ Aber kaum hatte Herr Judas alſo geſpro¬ chen, als ein großes Geraͤuſch und Gelaͤchter vor der Thuͤre entſtand. „Jungfer Roſe hoch, huſſa, hoch! und ihr Schatz, der Bachus hoch!“ hoͤrte man von mehreren Stimmen rufen; die Thuͤre flog auf, die geſpenſtigen Geſellen am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/61
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/61>, abgerufen am 23.11.2024.