ihn in mein Gemach. Sie hingen ihre Hüte an die Wand, schnallten die Degen ab, und setzten sich, ohne mich zu beachten, stillschwei¬ gend an den Tisch. "Ist denn heute Fastnacht in Bremen?" sprach ich zu mir, indem ich über die sonderbaren Gäste nachdachte; und doch kam mir ihre ganze Erscheinung so un¬ heimlich vor, besonders wußte ich mich in ihre starren Blicke, in ihr Schweigen nicht zu fin¬ den; ich wollte mir eben ein Herz fassen und sie anreden, als ein neues Geräusch im Keller entstand. Schritte tönten näher, die Thüre ging auf und vier andere Herren, nach dersel¬ ben alten Mode wie die ersten gekleidet, traten ein. Mir fiel besonders der eine auf, der wie ein Jäger gekleidet war, denn er trug Hetz¬ peitsche und Jagdhorn, und schaute ungemein fröhlich um sich.
"Gott grüß Euch, Ihr Herren vom Rhei¬ ne!" sprach der Lange im rothen Rocke im
ihn in mein Gemach. Sie hingen ihre Huͤte an die Wand, ſchnallten die Degen ab, und ſetzten ſich, ohne mich zu beachten, ſtillſchwei¬ gend an den Tiſch. „Iſt denn heute Faſtnacht in Bremen?“ ſprach ich zu mir, indem ich uͤber die ſonderbaren Gaͤſte nachdachte; und doch kam mir ihre ganze Erſcheinung ſo un¬ heimlich vor, beſonders wußte ich mich in ihre ſtarren Blicke, in ihr Schweigen nicht zu fin¬ den; ich wollte mir eben ein Herz faſſen und ſie anreden, als ein neues Geraͤuſch im Keller entſtand. Schritte toͤnten naͤher, die Thuͤre ging auf und vier andere Herren, nach derſel¬ ben alten Mode wie die erſten gekleidet, traten ein. Mir fiel beſonders der eine auf, der wie ein Jaͤger gekleidet war, denn er trug Hetz¬ peitſche und Jagdhorn, und ſchaute ungemein froͤhlich um ſich.
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ihn in mein Gemach. Sie hingen ihre Huͤte
an die Wand, ſchnallten die Degen ab, und
ſetzten ſich, ohne mich zu beachten, ſtillſchwei¬
gend an den Tiſch. „Iſt denn heute Faſtnacht
in Bremen?“ ſprach ich zu mir, indem ich
uͤber die ſonderbaren Gaͤſte nachdachte; und
doch kam mir ihre ganze Erſcheinung ſo un¬
heimlich vor, beſonders wußte ich mich in ihre
ſtarren Blicke, in ihr Schweigen nicht zu fin¬
den; ich wollte mir eben ein Herz faſſen und
ſie anreden, als ein neues Geraͤuſch im Keller
entſtand. Schritte toͤnten naͤher, die Thuͤre
ging auf und vier andere Herren, nach derſel¬
ben alten Mode wie die erſten gekleidet, traten
ein. Mir fiel beſonders der eine auf, der wie
ein Jaͤger gekleidet war, denn er trug Hetz¬
peitſche und Jagdhorn, und ſchaute ungemein
froͤhlich um ſich.
„Gott gruͤß Euch, Ihr Herren vom Rhei¬
ne!“ ſprach der Lange im rothen Rocke im
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/57>, abgerufen am 16.08.2024.
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