Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Pistolenhalftern gewickelt; ein ellenlanger Zopf
schlängelte sich über seinen Rücken; er trug ein
stahlgraues Röcklein, roth aufgeschlagen, stack
unten in großen Reiterstiefeln und oben in
einer reichgestickten Bratenweste, die über sein
wohlgenährtes Bäuchlein bis auf die Knie her¬
abfiel, und hatte einen ungeheuern Raufdegen
umgeschnallt. Er hatte etwas Gutmüthiges
in seinem feisten Gesichte, besonders in den
Aeuglein, die ihm wie einem Hummer hervor¬
standen. Seine Manoeuvres führte er mit
einem ungeheuern Filshut aus, der auf zwei
Seiten aufgeklappt war.

Ich hatte, nachdem ich mich von dem er¬
sten Schrecken erholt, Zeit genug, diese Be¬
merkungen zu machen, denn die beiden Herren
machten wohl mehrere Minuten lang vor der
Schwelle die zierlichsten Pas. Endlich riß der
Lange auch den zweiten Flügel der Thüre auf,
nahm den Kleinen unter dem Arm und führte

Piſtolenhalftern gewickelt; ein ellenlanger Zopf
ſchlaͤngelte ſich uͤber ſeinen Ruͤcken; er trug ein
ſtahlgraues Roͤcklein, roth aufgeſchlagen, ſtack
unten in großen Reiterſtiefeln und oben in
einer reichgeſtickten Bratenweſte, die uͤber ſein
wohlgenaͤhrtes Baͤuchlein bis auf die Knie her¬
abfiel, und hatte einen ungeheuern Raufdegen
umgeſchnallt. Er hatte etwas Gutmuͤthiges
in ſeinem feiſten Geſichte, beſonders in den
Aeuglein, die ihm wie einem Hummer hervor¬
ſtanden. Seine Manoeuvres fuͤhrte er mit
einem ungeheuern Filshut aus, der auf zwei
Seiten aufgeklappt war.

Ich hatte, nachdem ich mich von dem er¬
ſten Schrecken erholt, Zeit genug, dieſe Be¬
merkungen zu machen, denn die beiden Herren
machten wohl mehrere Minuten lang vor der
Schwelle die zierlichſten Pas. Endlich riß der
Lange auch den zweiten Fluͤgel der Thuͤre auf,
nahm den Kleinen unter dem Arm und fuͤhrte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0056" n="50"/>
Pi&#x017F;tolenhalftern gewickelt; ein ellenlanger Zopf<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ngelte &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;einen Ru&#x0364;cken; er trug ein<lb/>
&#x017F;tahlgraues Ro&#x0364;cklein, roth aufge&#x017F;chlagen, &#x017F;tack<lb/>
unten in großen Reiter&#x017F;tiefeln und oben in<lb/>
einer reichge&#x017F;tickten Bratenwe&#x017F;te, die u&#x0364;ber &#x017F;ein<lb/>
wohlgena&#x0364;hrtes Ba&#x0364;uchlein bis auf die Knie her¬<lb/>
abfiel, und hatte einen ungeheuern Raufdegen<lb/>
umge&#x017F;chnallt. Er hatte etwas Gutmu&#x0364;thiges<lb/>
in &#x017F;einem fei&#x017F;ten Ge&#x017F;ichte, be&#x017F;onders in den<lb/>
Aeuglein, die ihm wie einem Hummer hervor¬<lb/>
&#x017F;tanden. Seine Manoeuvres fu&#x0364;hrte er mit<lb/>
einem ungeheuern Filshut aus, der auf zwei<lb/>
Seiten aufgeklappt war.</p><lb/>
        <p>Ich hatte, nachdem ich mich von dem er¬<lb/>
&#x017F;ten Schrecken erholt, Zeit genug, die&#x017F;e Be¬<lb/>
merkungen zu machen, denn die beiden Herren<lb/>
machten wohl mehrere Minuten lang vor der<lb/>
Schwelle die zierlich&#x017F;ten Pas. Endlich riß der<lb/>
Lange auch den zweiten Flu&#x0364;gel der Thu&#x0364;re auf,<lb/>
nahm den Kleinen unter dem Arm und fu&#x0364;hrte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0056] Piſtolenhalftern gewickelt; ein ellenlanger Zopf ſchlaͤngelte ſich uͤber ſeinen Ruͤcken; er trug ein ſtahlgraues Roͤcklein, roth aufgeſchlagen, ſtack unten in großen Reiterſtiefeln und oben in einer reichgeſtickten Bratenweſte, die uͤber ſein wohlgenaͤhrtes Baͤuchlein bis auf die Knie her¬ abfiel, und hatte einen ungeheuern Raufdegen umgeſchnallt. Er hatte etwas Gutmuͤthiges in ſeinem feiſten Geſichte, beſonders in den Aeuglein, die ihm wie einem Hummer hervor¬ ſtanden. Seine Manoeuvres fuͤhrte er mit einem ungeheuern Filshut aus, der auf zwei Seiten aufgeklappt war. Ich hatte, nachdem ich mich von dem er¬ ſten Schrecken erholt, Zeit genug, dieſe Be¬ merkungen zu machen, denn die beiden Herren machten wohl mehrere Minuten lang vor der Schwelle die zierlichſten Pas. Endlich riß der Lange auch den zweiten Fluͤgel der Thuͤre auf, nahm den Kleinen unter dem Arm und fuͤhrte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/56
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/56>, abgerufen am 15.08.2024.