test, weinend ohne zu wissen warum? denn konntest du glauben, daß die harten Männer, die ihn in einen Schrank legten und mit schwar¬ zen Tüchern zudeckten, konntest du glauben, daß sie ihn nicht mehr zurückbringen würden? Sey ruhig, auch er schlummert nur ein Weil¬ chen. -- Und gedenkst du des geheimnißvollen Freudelebens ins Großvaters Büchersaal? Ach, damals kanntest du noch keine Bücher als den schnöden kleinen Bröder, deinen ärgsten Feind; wußtest nicht, daß jene Folianten noch zu etwas anderem in Leder gebunden seyen, als um Hütten und Ställe daraus zu erbauen für dich und dein Vieh?
Gedenkst du noch des Frevels, wie roh du mit der deutschen Literatur, in kleinerem Format, umgingst? Hast du nicht deinem Bru¬ der den Lessing an den Kopf geworfen, wo¬ für er dich freilich mit Sophiens Reisen von Memel nach Sachsen erbärmlich zudeckte? Da¬
teſt, weinend ohne zu wiſſen warum? denn konnteſt du glauben, daß die harten Maͤnner, die ihn in einen Schrank legten und mit ſchwar¬ zen Tuͤchern zudeckten, konnteſt du glauben, daß ſie ihn nicht mehr zuruͤckbringen wuͤrden? Sey ruhig, auch er ſchlummert nur ein Weil¬ chen. — Und gedenkſt du des geheimnißvollen Freudelebens ins Großvaters Buͤcherſaal? Ach, damals kannteſt du noch keine Buͤcher als den ſchnoͤden kleinen Broͤder, deinen aͤrgſten Feind; wußteſt nicht, daß jene Folianten noch zu etwas anderem in Leder gebunden ſeyen, als um Huͤtten und Staͤlle daraus zu erbauen fuͤr dich und dein Vieh?
Gedenkſt du noch des Frevels, wie roh du mit der deutſchen Literatur, in kleinerem Format, umgingſt? Haſt du nicht deinem Bru¬ der den Leſſing an den Kopf geworfen, wo¬ fuͤr er dich freilich mit Sophiens Reiſen von Memel nach Sachſen erbaͤrmlich zudeckte? Da¬
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teſt, weinend ohne zu wiſſen warum? denn
konnteſt du glauben, daß die harten Maͤnner,
die ihn in einen Schrank legten und mit ſchwar¬
zen Tuͤchern zudeckten, konnteſt du glauben,
daß ſie ihn nicht mehr zuruͤckbringen wuͤrden?
Sey ruhig, auch er ſchlummert nur ein Weil¬
chen. — Und gedenkſt du des geheimnißvollen
Freudelebens ins Großvaters Buͤcherſaal? Ach,
damals kannteſt du noch keine Buͤcher als den
ſchnoͤden kleinen Broͤder, deinen aͤrgſten Feind;
wußteſt nicht, daß jene Folianten noch zu
etwas anderem in Leder gebunden ſeyen, als
um Huͤtten und Staͤlle daraus zu erbauen fuͤr
dich und dein Vieh?
Gedenkſt du noch des Frevels, wie roh
du mit der deutſchen Literatur, in kleinerem
Format, umgingſt? Haſt du nicht deinem Bru¬
der den Leſſing an den Kopf geworfen, wo¬
fuͤr er dich freilich mit Sophiens Reiſen von
Memel nach Sachſen erbaͤrmlich zudeckte? Da¬
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/41>, abgerufen am 16.02.2025.
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