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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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zog auf den Hügeln von St. Johannes, da
war er blond und helle; ein Jahrhundert
hat ihn gefärbt. Welche Würze des Geruches!
welche Namen leg' ich dir bei, du lieblicher
Duft, der aus dem Römer aufsteigt? Nehmet
alle Blüthen von den Bäumen, pflücket alle
Blumen in den Fluren, führt Indiens Ge¬
würz herbei, besprengt mit Ambra diese küh¬
len Keller, löset den Bernstein in bläuliche
Wölkchen auf -- mischet aus ihnen alle die
feinsten Düfte, wie die Biene ihren Honig
aus den Blüthen saugt, wie schlecht, wie ge¬
mein, wie unwürdig gegen die zarte Blume
deines Kelches, mein Bingen und Lauben¬
heim
, gegen deine Düfte Johannes und
Nierenstein von 1718!

"Ihr schüttelt den Kopf, Alter? tadelt Ihr
meine Freude an euren alten Gesellen? Da,
nimm diesen Römer, alter Mensch, trink auf

zog auf den Huͤgeln von St. Johannes, da
war er blond und helle; ein Jahrhundert
hat ihn gefaͤrbt. Welche Wuͤrze des Geruches!
welche Namen leg' ich dir bei, du lieblicher
Duft, der aus dem Roͤmer aufſteigt? Nehmet
alle Bluͤthen von den Baͤumen, pfluͤcket alle
Blumen in den Fluren, fuͤhrt Indiens Ge¬
wuͤrz herbei, beſprengt mit Ambra dieſe kuͤh¬
len Keller, loͤſet den Bernſtein in blaͤuliche
Woͤlkchen auf — miſchet aus ihnen alle die
feinſten Duͤfte, wie die Biene ihren Honig
aus den Bluͤthen ſaugt, wie ſchlecht, wie ge¬
mein, wie unwuͤrdig gegen die zarte Blume
deines Kelches, mein Bingen und Lauben¬
heim
, gegen deine Duͤfte Johannes und
Nierenſtein von 1718!

„Ihr ſchuͤttelt den Kopf, Alter? tadelt Ihr
meine Freude an euren alten Geſellen? Da,
nimm dieſen Roͤmer, alter Menſch, trink auf

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[26/0032] zog auf den Huͤgeln von St. Johannes, da war er blond und helle; ein Jahrhundert hat ihn gefaͤrbt. Welche Wuͤrze des Geruches! welche Namen leg' ich dir bei, du lieblicher Duft, der aus dem Roͤmer aufſteigt? Nehmet alle Bluͤthen von den Baͤumen, pfluͤcket alle Blumen in den Fluren, fuͤhrt Indiens Ge¬ wuͤrz herbei, beſprengt mit Ambra dieſe kuͤh¬ len Keller, loͤſet den Bernſtein in blaͤuliche Woͤlkchen auf — miſchet aus ihnen alle die feinſten Duͤfte, wie die Biene ihren Honig aus den Bluͤthen ſaugt, wie ſchlecht, wie ge¬ mein, wie unwuͤrdig gegen die zarte Blume deines Kelches, mein Bingen und Lauben¬ heim, gegen deine Duͤfte Johannes und Nierenſtein von 1718! „Ihr ſchuͤttelt den Kopf, Alter? tadelt Ihr meine Freude an euren alten Geſellen? Da, nimm dieſen Roͤmer, alter Menſch, trink auf

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/32>, abgerufen am 23.11.2024.