der hier einer "fröhlichen Urständ" entgegen¬ schläft, stellt einen schwazhaften Cicerone an, in Trauermantel und florumhängtem Hute, laßt ihn die absonderliche Herrlichkeit dieses oder jenes Staubes rühmen, laßt ihn erzäh¬ len von den trefflichen Tugenden eines Prin¬ zen, der in der Bataille so und so gefallen, von der holden Schönheit einer Fürstin, auf deren Sarge die jungfräuliche Myrthe sich um die kaum erblühte Rosenknospe schlingt -- es wird euch an die Sterblichkeit mahnen, es wird euch vielleicht eine Thräne kosten; aber kann es euch also rühren, wie der Anblick dieser Schlafkammer eines Jahrhunderts, die¬ ser Ruhestätte eines herrlichen Geschlechtes? Da liegen sie in ihren dunkelbraunen Särgen, schmucklos, ohne Glanz und Flitter. Kein Marmor rühmt ihr stilles Verdienst, ihre an¬ spruchlose Tugend, ihren vortrefflichen Cha¬ rakter; aber welcher Mann von einigem Ge¬
der hier einer „froͤhlichen Urſtaͤnd“ entgegen¬ ſchlaͤft, ſtellt einen ſchwazhaften Cicerone an, in Trauermantel und florumhaͤngtem Hute, laßt ihn die abſonderliche Herrlichkeit dieſes oder jenes Staubes ruͤhmen, laßt ihn erzaͤh¬ len von den trefflichen Tugenden eines Prin¬ zen, der in der Bataille ſo und ſo gefallen, von der holden Schoͤnheit einer Fuͤrſtin, auf deren Sarge die jungfraͤuliche Myrthe ſich um die kaum erbluͤhte Roſenknospe ſchlingt — es wird euch an die Sterblichkeit mahnen, es wird euch vielleicht eine Thraͤne koſten; aber kann es euch alſo ruͤhren, wie der Anblick dieſer Schlafkammer eines Jahrhunderts, die¬ ſer Ruheſtaͤtte eines herrlichen Geſchlechtes? Da liegen ſie in ihren dunkelbraunen Saͤrgen, ſchmucklos, ohne Glanz und Flitter. Kein Marmor ruͤhmt ihr ſtilles Verdienſt, ihre an¬ ſpruchloſe Tugend, ihren vortrefflichen Cha¬ rakter; aber welcher Mann von einigem Ge¬
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der hier einer „froͤhlichen Urſtaͤnd“ entgegen¬
ſchlaͤft, ſtellt einen ſchwazhaften Cicerone an,
in Trauermantel und florumhaͤngtem Hute,
laßt ihn die abſonderliche Herrlichkeit dieſes
oder jenes Staubes ruͤhmen, laßt ihn erzaͤh¬
len von den trefflichen Tugenden eines Prin¬
zen, der in der Bataille ſo und ſo gefallen,
von der holden Schoͤnheit einer Fuͤrſtin, auf
deren Sarge die jungfraͤuliche Myrthe ſich
um die kaum erbluͤhte Roſenknospe ſchlingt
— es wird euch an die Sterblichkeit mahnen,
es wird euch vielleicht eine Thraͤne koſten;
aber kann es euch alſo ruͤhren, wie der Anblick
dieſer Schlafkammer eines Jahrhunderts, die¬
ſer Ruheſtaͤtte eines herrlichen Geſchlechtes?
Da liegen ſie in ihren dunkelbraunen Saͤrgen,
ſchmucklos, ohne Glanz und Flitter. Kein
Marmor ruͤhmt ihr ſtilles Verdienſt, ihre an¬
ſpruchloſe Tugend, ihren vortrefflichen Cha¬
rakter; aber welcher Mann von einigem Ge¬
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/30>, abgerufen am 16.02.2025.
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