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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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"Als ich so gesprochen, waren wir nicht mehr
zu Zwei, sondern ein Dritter saß neben mir,
und hielt mir das Büchlein hin zum Unterschrei¬
ben; der aber, der dieß that, war nicht der
Zirkelschmidt, sondern ein Anderer."

"Wer war es denn? sag' an!" riefen die
Apostel ungeduldig.

Die Augen des alten Kellermeisters fun¬
kelten gräulich und seine bleichen Lippen beb¬
ten; er setzte mehreremal an, um zu sprechen,
aber ein Krampf schien ihm die Kehle zuzu¬
schnüren. Da blickte er auf einmal fest und
muthig in eine dunkle Ecke, trank sein Glas
aus und warf es an die Erde; "was hilft alle
Reue, alter Balthasar," sprach er, indem
große Thränen in seinen Wimpern hingen;
"der bei mir saß -- war der Teufel."

Es war bei diesen Worten unheimlich, bis
zur Verzweiflung unheimlich in dem Gemach;
die Apostel schauten ernst und schweigend

„Als ich ſo geſprochen, waren wir nicht mehr
zu Zwei, ſondern ein Dritter ſaß neben mir,
und hielt mir das Buͤchlein hin zum Unterſchrei¬
ben; der aber, der dieß that, war nicht der
Zirkelſchmidt, ſondern ein Anderer.“

„Wer war es denn? ſag' an!“ riefen die
Apoſtel ungeduldig.

Die Augen des alten Kellermeiſters fun¬
kelten graͤulich und ſeine bleichen Lippen beb¬
ten; er ſetzte mehreremal an, um zu ſprechen,
aber ein Krampf ſchien ihm die Kehle zuzu¬
ſchnuͤren. Da blickte er auf einmal feſt und
muthig in eine dunkle Ecke, trank ſein Glas
aus und warf es an die Erde; „was hilft alle
Reue, alter Balthaſar,“ ſprach er, indem
große Thraͤnen in ſeinen Wimpern hingen;
„der bei mir ſaß — war der Teufel.“

Es war bei dieſen Worten unheimlich, bis
zur Verzweiflung unheimlich in dem Gemach;
die Apoſtel ſchauten ernſt und ſchweigend

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[95/0101] „Als ich ſo geſprochen, waren wir nicht mehr zu Zwei, ſondern ein Dritter ſaß neben mir, und hielt mir das Buͤchlein hin zum Unterſchrei¬ ben; der aber, der dieß that, war nicht der Zirkelſchmidt, ſondern ein Anderer.“ „Wer war es denn? ſag' an!“ riefen die Apoſtel ungeduldig. Die Augen des alten Kellermeiſters fun¬ kelten graͤulich und ſeine bleichen Lippen beb¬ ten; er ſetzte mehreremal an, um zu ſprechen, aber ein Krampf ſchien ihm die Kehle zuzu¬ ſchnuͤren. Da blickte er auf einmal feſt und muthig in eine dunkle Ecke, trank ſein Glas aus und warf es an die Erde; „was hilft alle Reue, alter Balthaſar,“ ſprach er, indem große Thraͤnen in ſeinen Wimpern hingen; „der bei mir ſaß — war der Teufel.“ Es war bei dieſen Worten unheimlich, bis zur Verzweiflung unheimlich in dem Gemach; die Apoſtel ſchauten ernſt und ſchweigend

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/101>, abgerufen am 23.11.2024.