sagen soll, gesegnet, und es dauert lange, ehe der Winter dem Frühlinge weicht. Aus diesem Grunde ist das Tragen von leichten, dünnen Flanellwäms- chen, unmittelbar auf der Haut, besonders bei schwäch- lichen Kindern, wo Anlage zur Schwindsucht zu be- fürchten steht, sehr empfehlenswerth. Flanell hat vor der Leinwand den großen Vorzug, daß er sich als schlechterer Wärmeleiter nicht so schnell abkühlt; die Brust also besser gegen plötzlichen Temperatur- wechsel schützt, -- ein Umstand, der bei schwachen Con- stitutionen und in unserm veränderlichen Clima sehr wichtig ist.
Ferner unterhält der poröse Flanell, auch bei heißem Wetter und starker Bewegung eine freie Aus- dünstung; diese aber kühlt die Haut ab, in demselben Maaße wie sie verfliegt: man empfindet daher nie das drückende Gefühl der inneren Hitze, welches die in der dichteren leinenen Bekleidung so leicht stattfin- dende Schweißbildung begleitet. Dieses erklärt sich leicht durch ein einfaches physikalisches Gesetz. Ein jeder Körper, der aus der flüssigen Form in die Dunstgestalt übergeht, absorbirt sehr viel Wärme, die er natürlich seiner Umgebung entzieht. Bei freier Ausdünstung wird daher die durch den Lebensproceß erzeugte Wärme beständig in demselben Maaße wie sie sich bildet, fortgeschafft, weil sie auf die Dunst- bildung verwendet wird: so daß unter solchen
ſagen ſoll, geſegnet, und es dauert lange, ehe der Winter dem Fruͤhlinge weicht. Aus dieſem Grunde iſt das Tragen von leichten, duͤnnen Flanellwaͤms- chen, unmittelbar auf der Haut, beſonders bei ſchwaͤch- lichen Kindern, wo Anlage zur Schwindſucht zu be- fuͤrchten ſteht, ſehr empfehlenswerth. Flanell hat vor der Leinwand den großen Vorzug, daß er ſich als ſchlechterer Waͤrmeleiter nicht ſo ſchnell abkuͤhlt; die Bruſt alſo beſſer gegen ploͤtzlichen Temperatur- wechſel ſchuͤtzt, — ein Umſtand, der bei ſchwachen Con- ſtitutionen und in unſerm veraͤnderlichen Clima ſehr wichtig iſt.
Ferner unterhaͤlt der poroͤſe Flanell, auch bei heißem Wetter und ſtarker Bewegung eine freie Aus- duͤnſtung; dieſe aber kuͤhlt die Haut ab, in demſelben Maaße wie ſie verfliegt: man empfindet daher nie das druͤckende Gefuͤhl der inneren Hitze, welches die in der dichteren leinenen Bekleidung ſo leicht ſtattfin- dende Schweißbildung begleitet. Dieſes erklaͤrt ſich leicht durch ein einfaches phyſikaliſches Geſetz. Ein jeder Koͤrper, der aus der fluͤſſigen Form in die Dunſtgeſtalt übergeht, abſorbirt ſehr viel Wärme, die er natuͤrlich ſeiner Umgebung entzieht. Bei freier Ausduͤnſtung wird daher die durch den Lebensproceß erzeugte Waͤrme beſtaͤndig in demſelben Maaße wie ſie ſich bildet, fortgeſchafft, weil ſie auf die Dunſt- bildung verwendet wird: ſo daß unter ſolchen
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ſagen ſoll, geſegnet, und es dauert lange, ehe der
Winter dem Fruͤhlinge weicht. Aus dieſem Grunde
iſt das Tragen von leichten, duͤnnen Flanellwaͤms-
chen, unmittelbar auf der Haut, beſonders bei ſchwaͤch-
lichen Kindern, wo Anlage zur Schwindſucht zu be-
fuͤrchten ſteht, ſehr empfehlenswerth. Flanell hat
vor der Leinwand den großen Vorzug, daß er ſich
als ſchlechterer Waͤrmeleiter nicht ſo ſchnell abkuͤhlt;
die Bruſt alſo beſſer gegen ploͤtzlichen Temperatur-
wechſel ſchuͤtzt, — ein Umſtand, der bei ſchwachen Con-
ſtitutionen und in unſerm veraͤnderlichen Clima ſehr
wichtig iſt.
Ferner unterhaͤlt der poroͤſe Flanell, auch bei
heißem Wetter und ſtarker Bewegung eine freie Aus-
duͤnſtung; dieſe aber kuͤhlt die Haut ab, in demſelben
Maaße wie ſie verfliegt: man empfindet daher nie
das druͤckende Gefuͤhl der inneren Hitze, welches die
in der dichteren leinenen Bekleidung ſo leicht ſtattfin-
dende Schweißbildung begleitet. Dieſes erklaͤrt ſich
leicht durch ein einfaches phyſikaliſches Geſetz. Ein
jeder Koͤrper, der aus der fluͤſſigen Form in die
Dunſtgeſtalt übergeht, abſorbirt ſehr viel Wärme,
die er natuͤrlich ſeiner Umgebung entzieht. Bei freier
Ausduͤnſtung wird daher die durch den Lebensproceß
erzeugte Waͤrme beſtaͤndig in demſelben Maaße wie
ſie ſich bildet, fortgeſchafft, weil ſie auf die Dunſt-
bildung verwendet wird: ſo daß unter ſolchen
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/81>, abgerufen am 22.07.2024.
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