Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.gung im Freien, wird natürlich durch einen zu eng- Gibt es aber irgend eine Sitte, gegen die man Legt man es darauf an, die Haut zu verzärteln, Hartwig's Erziehungsl. 5
gung im Freien, wird natürlich durch einen zu eng- Gibt es aber irgend eine Sitte, gegen die man Legt man es darauf an, die Haut zu verzärteln, Hartwig’s Erziehungsl. 5
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gung im Freien, wird natürlich durch einen zu eng-
anliegenden Guͤrtel ſehr erſchwert, wie uͤberhaupt das
frei herumlaufende ſpielende Kind keine enge Klei-
dung vertraͤgt. Dieſen ſo verderblichen Gebrauch,
trotz ſeiner auffallenden ſchlechten Folgen dennoch fort-
ſetzen wollen, heißt doch wahrlich der Eitelkeit ein
zu großes Opfer bringen.
Gibt es aber irgend eine Sitte, gegen die man
mit allen Waffen der Vernunft, des Spottes und der
Entruͤſtung ankaͤmpfen ſollte, ſo iſt es gewiß das
barbariſche Einwickeln der Saͤuglinge.
Legt man es darauf an, die Haut zu verzärteln,
die Glieder zu ſchwaͤchen, und in der Entwickelung
aufzuhalten; will man die freie Circulation des Blu-
tes hemmen, die Respiration erſchweren, und wich-
tige Organe durch Congestionen gefaͤhrden; will man
verderblich auf das Gemüth des Saͤuglings wirken,
der, in allen Bewegungen gehemmt, dem traurigen
Gefuͤhl ſeiner engen Gefangenſchaft durch Schreien
und Weinen Luft macht; will man von Anfang an
den Grund zu einer ſchwaͤchlichen, rachitiſchen und
ſcrophuloͤſen Conſtitution legen, ſo iſt in der That
nichts Beſſeres, als das Einwickeln zu empfehlen.
Welcher Kinderfreund mag wohl zuerſt auf dieſe
ſchoͤne Erfindung gekommen ſein? Haͤtten die armen
kleinen Maͤrtyrer nur Worte, ihre Gefuͤhle zu ver-
koͤrpern, wie würden ſie dem Ehrenmanne danken!
Hartwig’s Erziehungsl. 5
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