Die statistischen Untersuchungen von Edwards beweisen ferner, daß der Mangel an Temperatur in einem bisher nicht gewürdigten Verhältnisse, Ursache der Sterblichkeit bei den neugeborenen Menschen ist (Edwards, de l'influence des agents physiques sur la vie.) Jn den ersten Wochen oder Monaten möchte daher der Gebrauch von Federbetten zu entschuldigen sein, vorzüglich bei Schwachgeborenen, weil Federn ein sehr schlechter Wärmeleiter sind; später müssen sie durchaus mit minder erhitzenden Betten vertauscht werden, denn ein Kind, das eine lange Nacht in Federn liegt, ist für den ganzen folgenden Tag ent- nervt. Wie kann ein junger empfindlicher Organis- mus, der fast die Hälfte seines Lebens in einem sol- chen Schwitzkasten zubringt, stark und gesund werden? Es ist dieses eine reine Unmöglichkeit; auch sieht man leicht ein, daß Federbetten bei Nacht und ein küh- leres Verhalten bei Tage sich durchaus widersprechen. Dazu kömmt noch, daß die so stark vermehrte Aus- dünstung sich in den Federbetten anhäuft und zur Verderbniß der Atmosphäre beiträgt. Einfache wollene Decken, die man so oft waschen kann als man will, sind, schon der Reinlichkeit wegen, vorzuziehen.
Man entferne daher, so schnell als möglich jenes weichliche Lager, und wähle statt seiner eine Matraze aus Roßhaar oder anderen härteren Substanzen zur Unterlage, die man mit oft zu wechselnden Decken
Die ſtatiſtiſchen Unterſuchungen von Edwards beweiſen ferner, daß der Mangel an Temperatur in einem bisher nicht gewuͤrdigten Verhaͤltniſſe, Urſache der Sterblichkeit bei den neugeborenen Menſchen iſt (Edwards, de l’influence des agents physiques sur la vie.) Jn den erſten Wochen oder Monaten moͤchte daher der Gebrauch von Federbetten zu entſchuldigen ſein, vorzuͤglich bei Schwachgeborenen, weil Federn ein ſehr ſchlechter Waͤrmeleiter ſind; ſpaͤter muͤſſen ſie durchaus mit minder erhitzenden Betten vertauſcht werden, denn ein Kind, das eine lange Nacht in Federn liegt, iſt fuͤr den ganzen folgenden Tag ent- nervt. Wie kann ein junger empfindlicher Organis- mus, der faſt die Haͤlfte ſeines Lebens in einem ſol- chen Schwitzkaſten zubringt, ſtark und geſund werden? Es iſt dieſes eine reine Unmoͤglichkeit; auch ſieht man leicht ein, daß Federbetten bei Nacht und ein kuͤh- leres Verhalten bei Tage ſich durchaus widerſprechen. Dazu koͤmmt noch, daß die ſo ſtark vermehrte Aus- duͤnſtung ſich in den Federbetten anhaͤuft und zur Verderbniß der Atmosphaͤre beitraͤgt. Einfache wollene Decken, die man ſo oft waſchen kann als man will, ſind, ſchon der Reinlichkeit wegen, vorzuziehen.
Man entferne daher, ſo ſchnell als moͤglich jenes weichliche Lager, und waͤhle ſtatt ſeiner eine Matraze aus Roßhaar oder anderen haͤrteren Subſtanzen zur Unterlage, die man mit oft zu wechſelnden Decken
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Die ſtatiſtiſchen Unterſuchungen von Edwards
beweiſen ferner, daß der Mangel an Temperatur in
einem bisher nicht gewuͤrdigten Verhaͤltniſſe, Urſache
der Sterblichkeit bei den neugeborenen Menſchen iſt
(Edwards, de l’influence des agents physiques sur la
vie.) Jn den erſten Wochen oder Monaten moͤchte
daher der Gebrauch von Federbetten zu entſchuldigen
ſein, vorzuͤglich bei Schwachgeborenen, weil Federn
ein ſehr ſchlechter Waͤrmeleiter ſind; ſpaͤter muͤſſen ſie
durchaus mit minder erhitzenden Betten vertauſcht
werden, denn ein Kind, das eine lange Nacht in
Federn liegt, iſt fuͤr den ganzen folgenden Tag ent-
nervt. Wie kann ein junger empfindlicher Organis-
mus, der faſt die Haͤlfte ſeines Lebens in einem ſol-
chen Schwitzkaſten zubringt, ſtark und geſund werden?
Es iſt dieſes eine reine Unmoͤglichkeit; auch ſieht man
leicht ein, daß Federbetten bei Nacht und ein kuͤh-
leres Verhalten bei Tage ſich durchaus widerſprechen.
Dazu koͤmmt noch, daß die ſo ſtark vermehrte Aus-
duͤnſtung ſich in den Federbetten anhaͤuft und zur
Verderbniß der Atmosphaͤre beitraͤgt. Einfache wollene
Decken, die man ſo oft waſchen kann als man will,
ſind, ſchon der Reinlichkeit wegen, vorzuziehen.
Man entferne daher, ſo ſchnell als moͤglich jenes
weichliche Lager, und waͤhle ſtatt ſeiner eine Matraze
aus Roßhaar oder anderen haͤrteren Subſtanzen zur
Unterlage, die man mit oft zu wechſelnden Decken
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/67>, abgerufen am 22.07.2024.
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