Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Kinder so früh als möglich gehen lehren, aber nicht
durch künstliche Mittel und fremde Hülfe, sondern
durch eine in allen Punkten zweckmäßige physische
Erziehung, welche die Entwickelung ihrer Kräfte der
Art befördert, daß sie früh zu gehen vermögen.

Muskeln, Knochen und Ligamente bilden ein
zusammenhängendes System, und alles was jene stärkt,
muß auch ihre festeren Anhaltspunkte kräftigen.

Verkrümmungen kommen daher am häufigsten bei
Kindern vor, bei denen die Regeln der Diätetik ver-
nachlässigt werden, und das Ausweichen der Rücken-
wirbel ist Folge der dadurch hervorgebrachten Schwäche.

Ein paar Schritte sind für den Anfänger in der
Kunst des Gehens so viel wie eine Meile für den
rüstigen Fußgänger.

Muthet man den schwachen Beinen zu viel zu,
so entstehen leicht Krümmungen der Schien- und
Wadenbeine oder ein watschelnder Gang. Fiel das
Kind bei seinen ersten Versuchen, so hüte man sich,
durch Schreien den ersten Grund zur Furchtsamkeit
bei ihm zu legen. Man fasse es nicht beim Arm,
um es rasch in die Höhe zu heben, denn nur zu
leicht entstehen durch dieses rohe Verfahren Verren-
kungen oder jedenfalls eine Schwächung des Armes,
sondern man greife ihm unter die Achseln und fasse
es leicht und ohne Druck an den Seitentheilen des
Oberkörpers.

Kinder ſo früh als moͤglich gehen lehren, aber nicht
durch kuͤnſtliche Mittel und fremde Hülfe, ſondern
durch eine in allen Punkten zweckmaͤßige phyſiſche
Erziehung, welche die Entwickelung ihrer Kraͤfte der
Art befoͤrdert, daß ſie fruͤh zu gehen vermoͤgen.

Muskeln, Knochen und Ligamente bilden ein
zuſammenhaͤngendes Syſtem, und alles was jene ſtaͤrkt,
muß auch ihre feſteren Anhaltspunkte kraͤftigen.

Verkrümmungen kommen daher am haͤufigſten bei
Kindern vor, bei denen die Regeln der Diaͤtetik ver-
nachlaͤſſigt werden, und das Ausweichen der Ruͤcken-
wirbel iſt Folge der dadurch hervorgebrachten Schwaͤche.

Ein paar Schritte ſind fuͤr den Anfaͤnger in der
Kunſt des Gehens ſo viel wie eine Meile fuͤr den
ruͤſtigen Fußgaͤnger.

Muthet man den ſchwachen Beinen zu viel zu,
ſo entſtehen leicht Kruͤmmungen der Schien- und
Wadenbeine oder ein watſchelnder Gang. Fiel das
Kind bei ſeinen erſten Verſuchen, ſo huͤte man ſich,
durch Schreien den erſten Grund zur Furchtſamkeit
bei ihm zu legen. Man faſſe es nicht beim Arm,
um es raſch in die Hoͤhe zu heben, denn nur zu
leicht entſtehen durch dieſes rohe Verfahren Verren-
kungen oder jedenfalls eine Schwaͤchung des Armes,
ſondern man greife ihm unter die Achſeln und faſſe
es leicht und ohne Druck an den Seitentheilen des
Oberkoͤrpers.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="37"/>
Kinder &#x017F;o früh als mo&#x0364;glich gehen lehren, aber nicht<lb/>
durch ku&#x0364;n&#x017F;tliche Mittel und fremde Hülfe, &#x017F;ondern<lb/>
durch eine in allen Punkten zweckma&#x0364;ßige phy&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Erziehung, welche die Entwickelung ihrer Kra&#x0364;fte der<lb/>
Art befo&#x0364;rdert, daß &#x017F;ie fru&#x0364;h zu gehen <hi rendition="#g">vermo&#x0364;gen.</hi></p><lb/>
        <p>Muskeln, Knochen und Ligamente bilden ein<lb/>
zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngendes Sy&#x017F;tem, und alles was jene &#x017F;ta&#x0364;rkt,<lb/>
muß auch ihre fe&#x017F;teren Anhaltspunkte kra&#x0364;ftigen.</p><lb/>
        <p>Verkrümmungen kommen daher am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten bei<lb/>
Kindern vor, bei denen die Regeln der Dia&#x0364;tetik ver-<lb/>
nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igt werden, und das Ausweichen der Ru&#x0364;cken-<lb/>
wirbel i&#x017F;t Folge der dadurch hervorgebrachten Schwa&#x0364;che.</p><lb/>
        <p>Ein paar Schritte &#x017F;ind fu&#x0364;r den Anfa&#x0364;nger in der<lb/>
Kun&#x017F;t des Gehens &#x017F;o viel wie eine Meile fu&#x0364;r den<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;tigen Fußga&#x0364;nger.</p><lb/>
        <p>Muthet man den &#x017F;chwachen Beinen zu viel zu,<lb/>
&#x017F;o ent&#x017F;tehen leicht Kru&#x0364;mmungen der Schien- und<lb/>
Wadenbeine oder ein wat&#x017F;chelnder Gang. Fiel das<lb/>
Kind bei &#x017F;einen er&#x017F;ten Ver&#x017F;uchen, &#x017F;o hu&#x0364;te man &#x017F;ich,<lb/>
durch Schreien den er&#x017F;ten Grund zur Furcht&#x017F;amkeit<lb/>
bei ihm zu legen. Man fa&#x017F;&#x017F;e es nicht beim Arm,<lb/>
um es ra&#x017F;ch in die Ho&#x0364;he zu heben, denn nur zu<lb/>
leicht ent&#x017F;tehen durch die&#x017F;es rohe Verfahren Verren-<lb/>
kungen oder jedenfalls eine Schwa&#x0364;chung des Armes,<lb/>
&#x017F;ondern man greife ihm unter die Ach&#x017F;eln und fa&#x017F;&#x017F;e<lb/>
es leicht und ohne Druck an den Seitentheilen des<lb/>
Oberko&#x0364;rpers.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0047] Kinder ſo früh als moͤglich gehen lehren, aber nicht durch kuͤnſtliche Mittel und fremde Hülfe, ſondern durch eine in allen Punkten zweckmaͤßige phyſiſche Erziehung, welche die Entwickelung ihrer Kraͤfte der Art befoͤrdert, daß ſie fruͤh zu gehen vermoͤgen. Muskeln, Knochen und Ligamente bilden ein zuſammenhaͤngendes Syſtem, und alles was jene ſtaͤrkt, muß auch ihre feſteren Anhaltspunkte kraͤftigen. Verkrümmungen kommen daher am haͤufigſten bei Kindern vor, bei denen die Regeln der Diaͤtetik ver- nachlaͤſſigt werden, und das Ausweichen der Ruͤcken- wirbel iſt Folge der dadurch hervorgebrachten Schwaͤche. Ein paar Schritte ſind fuͤr den Anfaͤnger in der Kunſt des Gehens ſo viel wie eine Meile fuͤr den ruͤſtigen Fußgaͤnger. Muthet man den ſchwachen Beinen zu viel zu, ſo entſtehen leicht Kruͤmmungen der Schien- und Wadenbeine oder ein watſchelnder Gang. Fiel das Kind bei ſeinen erſten Verſuchen, ſo huͤte man ſich, durch Schreien den erſten Grund zur Furchtſamkeit bei ihm zu legen. Man faſſe es nicht beim Arm, um es raſch in die Hoͤhe zu heben, denn nur zu leicht entſtehen durch dieſes rohe Verfahren Verren- kungen oder jedenfalls eine Schwaͤchung des Armes, ſondern man greife ihm unter die Achſeln und faſſe es leicht und ohne Druck an den Seitentheilen des Oberkoͤrpers.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/47
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/47>, abgerufen am 23.11.2024.